| # taz.de -- Bremer Polizei versäumt Datenlöschung: Angekündigt, aber nicht u… | |
| > Die Bremer Polizei soll über Jahre hinweg zu Unrecht Daten auch von | |
| > Opfern und Zeug*innen gespeichert haben. Nun will sie endlich löschen. | |
| Bild: Gelöschte Daten – der zweitgrößte Wunsch einiger Werder-Fans | |
| Hamburg taz | Für Imke Sommer, die Bremer Datenschutzbeauftragte, ist es | |
| ein Déjà-vu: Wieder beteuert die Bremer Polizei, ihre seit 2014 in der | |
| Datenbank @rtus gesammelten Daten zu löschen – und zwar bis zum Oktober | |
| diesen Jahres. Das letzte Mal hat die Polizei das im Innenausschuss im | |
| Januar 2019 angekündigt – passiert ist aber nichts. | |
| Laut einem Bericht von Radio Bremen sind es „mehrere Hunderttausend | |
| Datensätze“, die entgegen geltender Datenschutzrichtlinien nicht gelöscht | |
| wurden. Nun hat die Bremer Datenschutzbeauftragte deswegen eine | |
| Beanstandung ausgesprochen und hofft merklich darauf, dass die mediale | |
| Öffentlichkeit mehr Druck erzeugt, als es der Innenausschuss und die | |
| jährlichen Datenschutzberichte vermocht haben. | |
| Bei der Polizei und der Bremer Innenbehörde als ihrem Dienstherren gibt man | |
| sich einsichtig. „Datenschutz ist ein hohes Gut“, heißt es in der Antwort | |
| der Polizeipressestelle auf eine taz-Anfrage. „Eine möglichst schnelle | |
| Löschung ist uns daher besonders wichtig.“ Und: „Gemäß dem Lösch- und | |
| Verwaltungskonzept werden die Daten zukünftig konsequenter gelöscht.“ | |
| Beim Blick zurück findet die Polizei allerdings wenig zu beanstanden: Die | |
| Daten bei @rtus, einem „Vorgangsbearbeitungssystem“ seien alle „rechtmä�… | |
| erfasst und gespeichert“ worden. Es gehe dabei um Tatverdächtige, Täter | |
| sowie Opfer und Zeugen. | |
| In Abstimmung mit der Datenschutzbeauftragten sei vereinbart worden, die | |
| Löschung der Daten bis 2019 auszusetzen, da die Migration der Daten vom | |
| alten ins neue System „sehr komplex“ sei. Zwar habe es bereits 2017 ein | |
| technisches Konzept zur Löschung gegeben, aber es habe noch Klärungsbedarf | |
| geherrscht, etwa über die Frage, welche Daten tatsächlich gelöscht werden | |
| könnten, zum Beispiel bei Gefährdern. Warum seit 2019 nichts geschehen ist, | |
| darauf gibt es keine Antwort. Auf Nachfrage, welche anderen Faktoren eine | |
| Rolle gespielt hätten, nennt eine Polizeisprecherin „interne Probleme“, die | |
| sie nicht näher erläutern will. | |
| Laut Imke Sommer, der Datenschatzbeauftragten, läuft die Diskussion über | |
| die Löschung der Polizeidaten seit ihrem Amtsantritt 2009. Ihre | |
| Möglichkeiten, dabei Druck auszuüben sind – wie bei den meisten | |
| Landesdatenschützern – sehr begrenzt. | |
| Im Bereich Strafverfolgung und Verhütung von Straftaten greift statt der | |
| weiter gefassten Datenschutzgrundverordnung die Datenschutzrichtlinie und | |
| die sieht in ihrer Umsetzung im Bremischen Polizeigesetz als Sanktion | |
| lediglich eine Beanstandung vor. Wenn diese keine Abhilfe schafft, gibt es | |
| noch die Möglichkeit einer Anordnung. Praktisch würde das bedeuten, die | |
| Bremer Polizei zu genau dem zu verpflichten, was sie gerade wieder | |
| angekündigt hat: die Daten zu löschen. | |
| Die Innenbehörde als Dienstherrin der Polizei will nach vorne blicken: Aus | |
| der Behörde heißt es in einer Antwort auf eine taz-Anfrage: „Derzeit laufen | |
| sehr intensive Abstimmungen, um zu überprüfen, wie die Situation für die | |
| Betroffenen schnellstmöglich verbessert werden kann.“ Danach konzentriere | |
| sich die Behörde „darauf, wie die Einhaltung der wichtigen | |
| Datenschutzbestimmungen besser gelingen kann, damit sich eine solche | |
| Situation nicht wiederholen wird“. | |
| Stärker an der Ursachenforschung ist Horst Wesemann von der Linken | |
| interessiert: Er will in der Innendeputation die für den Oktober | |
| versprochene überfällige Löschung der Daten überprüfen, so schreibt er in | |
| einer Stellungnahme. „Die bisherigen Erklärungsversuche der Polizeiführung | |
| in Bezug auf ‚technische Probleme‘ und die Pandemie können nicht | |
| überzeugen“, findet er. „Die Datenschutzbeauftragten der Polizei, des | |
| Landes und des IT-Dienstleisters Dataport sind hier gefordert, | |
| nachvollziehbar und transparent aufzuklären, wie es dazu kommen konnte.“ | |
| Für Lea Voigt, die als Bremer Anwältin häufig für Mandant*innen bei | |
| Polizei abfragt, ob Daten von ihnen gespeichert sind, ist die Ankündigung, | |
| rasch zu löschen, ambivalent. Denn die Anschlussfrage sei: Warum ist es | |
| bislang nicht passiert? „Entweder ist es ganz einfach – und das ließe tief | |
| blicken“, sagt Voigt. „Oder die Polizei muss jetzt ein Konzept | |
| implementieren, um das sie sich jahrelang nicht geschert hat.“ | |
| Bislang ist ihre Erfahrung, dass die Bremer Polizei sich auch bei | |
| berechtigten Löschanfragen sehr widerstrebend zeigt und jeder Eintrag | |
| einzeln nachgefragt werden muss – für Voigt eine Haltung, „die mit den | |
| gesetzlichen Regelungen nichts zu tun hat“. Kontrollmöglichkeiten gebe es – | |
| jenseits der Datenschutzbeauftragten – „viel zu wenig“. | |
| 23 Jul 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Friederike Gräff | |
| ## TAGS | |
| Polizei Bremen | |
| Datenspeicherung | |
| Datenschutz | |
| Bremen | |
| Pyrotechnik | |
| Polizei Niedersachsen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Datenschutz gilt auch für Fußball-Fans: Die Polizei vergisst spät | |
| Eine Frau wurde zu unrecht beschuldigt, die Zündung von Pyros unterstützt | |
| zu haben. Löschen wollte die Polizei ihre Daten erst auf Nachfrage der taz. | |
| Datenschützerin kritisiert Polizeiarbeit: Dienstliche Daten auf Privat-Handys | |
| Niedersachsens Polizist*innen haben über ihre Handys Zugriff auf | |
| Polizeidaten. Die Datenschutzbeauftragte vermisst Kontrolle durch | |
| Vorgesetzte. |