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# taz.de -- Datenmissbrauch durch US-Polizisten: Eifersucht bis Neugier
> Adressen, Kennzeichen, Vorstrafen: Polizeiarbeit ist ohne Datenbanken
> undenkbar. Doch viele Beamte nutzen sie auch für private Zwecke.
Bild: Nach der Kontrolle bekam die Fahrerin zahlreiche Streichanrufe: Waren es …
Denver ap | Datenbanken über Autokennzeichen oder die kriminelle
Vorgeschichte von Personen sind wichtige Werkzeuge bei der Arbeit der
US-Polizei. Aber nicht immer stecken legitime Gründe dahinter, wenn sich
ein Polizist oder eine Polizistin die vertraulichen Informationen besorgt.
Sei es aus Misstrauen, romantischen Gefühlen, Neugier, um jemanden einen
Gefallen zu tun oder vielleicht sogar, um sich ein paar Dollar
hinzuzuverdienen: der Missbrauch von Dateien für persönliche Zwecke kommt
anscheinend öfter vor, als viele denken. Das hat eine Untersuchung der
Nachrichtenagentur AP ergeben.
Zwar gibt es keine Behörde, die solche Verstöße US-weit erfasst und damit
auch keine konkreten Zahlen über die Häufigkeit. Aber Unterlagen, die AP
aus 50 Bundesstaaten und bei rund drei Dutzend Polizeiabteilungen in
größeren Städten angefragt hat, zeigen mehr als 325 Fälle zwischen 2013 und
2015 auf, in denen Polizisten und andere bei Strafverfolgungsbehörden
Beschäftigte wegen Dateienmissbrauchs entlassen, vom Dienst suspendiert
wurden oder selber ihren Job aufgaben.
In mehr als 250 von AP eingesehenen Fällen erhielten sie Rügen, geringere
Disziplinarstrafen oder mussten sich einer Beratung unterziehen, in 90 gab
es nicht näher erläuterte disziplinäre Maßnahmen. In vielen anderen Fällen
war es unklar, ob überhaupt irgendwelche Strafen verfügt wurden.
Die wirkliche Zahl der Vergehen liegt mit Sicherheit deutlich höher. Eine
Reihe von Behörden stellte die angefragten Unterlagen nicht oder nur
lückenhaft zur Verfügung, verweigerte Informationen oder gab an, dass sie
nicht verfolge, wie oft Dateien missbraucht werden.
## Schwierige Nachforschungen
Hinzu kommt, dass manchmal nur Fälle festgehalten wurden, in denen es
Konsequenzen wie Rügen, Entlassungen oder andere Disziplinarmaßnahmen für
die Polizisten gab. Und oft fielen Verstöße überhaupt nicht auf, weil es
schwierig ist, automatisch zweifelhafte Nachforschungen in Dateien von
legitimen zu unterscheiden.
Ein Polizist in Michigan benutzte die Datenbank, um sich die Adressen von
Frauen zu beschaffen, die er attraktiv fand. Ein Kollege in Colorado
besorgte sich die Telefonnummer einer Krankenhausangestellten, die er im
Zuge von Ermittlungen in einem Sexualfall kennengelernt hatte, und rief sie
an.
Zu denen, die strafrechtlich verfolgt wurden, zählt ein Polizist in Ohio,
der aus Eifersucht seine frühere Freundin belauert und sich illegal
Informationen über sie und ihre männlichen Freunde beschafft hatte. „Es ist
persönlich. Es ist deine Adresse. Es ist deine Sozialversicherungsnummer,
es ist alles über dich“, sagt Alexis Dekany, die Ex-Freundin. „Und wenn sie
es dann zu kriminellen Aktionen gegen dich nutzen, Stalking, Belästigungen,
dann wird es so gefährlich.“
In Ohio missbrauchte ein Polizeibeamter das Dateiensystem, um einer
Freundin zu helfen: Er tauchte beim Besitzer der Wohnung auf, in der sie
lebte, und forderte Geld zurück, dass er ihr angeblich schuldete. In
Florida beschafften sich zwei Polizisten Informationen über einen
Journalisten, der Unschmeichelhaftes über ihre Abteilung berichtet hatte.
Ein pensionierter Polizist in New York gab vor Gericht zu, Informationen
aus einer Datenbank an einen Privatdetektiv verkauft zu haben.
Eine frühere Bezirksrätin in Minnesota warf Angestellten bei der Polizei
und Bezirksregierung vor, sie und andere Lokalpolitiker über Jahre hinweg
ausgespäht zu haben – als Vergeltungsmaßnahme für Kritik an Geldausgaben
und Polizeiprogrammen. Sie zog vor Gericht, aber ihre Klage wurde am Ende
verworfen. Sie werde noch lange Jahre daran denken, „dieses Gefühl,
verwundbar zu sein – es gibt nichts, was das heilen könnte.“
## „Störend und beunruhigend“
„Eine Menge Leute haben ein kompliziertes persönliches Leben und sehr
starke Leidenschaften“, sagt Jay Stanley von der Bürgerrechtsorganisation
American Civil Liberties Union. „Da ist Habgier, da ist Lust, da sind alle
Todsünden. Und oft ist der Zugriff auf Informationen ein Weg, um diese
menschlichen Emotionen in Handlungen umzusetzen.“
Manche Behörden haben Maßnahmen getroffen, um den Dateienmissbrauch zu
begrenzen. Ein sicheres Mittel gibt es aber nicht – das räumen sie selber
ein. Bei der Autobahnpolizei in Florida müssen Angestellte vor dem Zugriff
auf staatliche Datenbanken über Autobesitzer und –fahrer ein Papier
unterzeichnen, das sie vor den Folgen eines widerrechtlichem Abfragens von
Informationen warnt.
Die Polizeiabteilung von Miami-Dade, ebenfalls Florida, überprüft
regelmäßig stichprobenhaft, ob Nachforschungen in Datenbanken auch wirklich
legitim waren.
Christopher Carothers überwacht bei dieser Behörde das professionelle
Verhalten der Angestellten. Er nennt die Vorstellung, dass Polizisten aus
Neugier, zur eigenen Unterhaltung oder aus noch schlimmeren Gründen das in
sie gesetzte Vertrauen missbrauchen könnten, „sehr störend und
beunruhigend“.
30 Sep 2016
## AUTOREN
Sadie Gurman
Eric Tucker
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