# taz.de -- Pandemie-Bekämpfung: Bayerisch-Sächsische Allianz | |
> Markus Söder und Michael Kretschmer wollen mehr Impfstoff für die | |
> Hotspots. An der tschechischen Grenze wollen sie das Virus jetzt vereint | |
> bekämpfen. | |
Bild: Zweckallianz: Söder und Kretschmer sprechen über ihren 10-Punkte-Plan z… | |
MÜNCHEN/DRESDEN taz | Die Karte, die während der gemeinsamen digitalen | |
Pressekonferenz von Markus Söder und Michael Kretschmer eingeblendet wird, | |
spricht eine klare Sprache. Sie zeigt die Inzidenzwerte in den Landkreisen | |
[1][entlang der deutsch-tschechischen Grenze]. Auf der tschechischen Seite | |
ist alles rosa bis dunkelrot eingefärbt. Die Werte sind allesamt über 700, | |
der Spitzenreiter liegt sogar bei 1802. Aber auch auf bayerischer und | |
sächsischer Seite sind es – für deutsche Verhältnisse – hohe Zahlen. Bis | |
293 in Wunsiedel gehen sie. | |
Für die beiden Ministerpräsidenten ist deshalb klar: Es war richtig, die | |
Grenzen zu dem Land mit den weltweit höchsten Infektionszahlen zu | |
schließen. Eine Einreise aus Tschechien dürfe nur mit einem negativen | |
Testergebnis möglich sein. | |
Bei der Pressekonferenz am Montag stellten Söder und Kretschmer eine | |
„Covid-19-Allianz Bayern-Sachsen“ vor, mit der sie die Zusammenarbeit | |
verstärken und der besonderen Situation in der Grenzregion gerecht werden | |
wollen. In einem eher vage gehaltenen Zehn-Punkte-Plan legten sie | |
verschiedene Maßnahmen dazu fest. | |
Neben den Grenzkontrollen geht es darin etwa um einheitliche Testkonzepte, | |
die Aufnahme von tschechischen Coronapatienten in bayerischen und | |
sächsischen Krankenhäusern und eine Pendlerquarantäne, sprich: Grenzgänger | |
sollen den Arbeitsweg nicht mehr verlassen. Söder unterstrich bildhaft die | |
Bedeutung des Dreiländerecks zwischen Tschechien und den beiden | |
Freistaaten: „Wir müssen das Herz Europas, das besonders leidet, besonders | |
unterstützen.“ | |
## „Besondere Impfregime“ | |
Die Hauptanstrengung müsse dahin gehen, die Menschen in den Hotspots | |
schneller zu immunisieren. Deshalb kündigten die beiden Unionspolitiker an, | |
die Grenzregionen selbst mit mehr Impfstoff zu versorgen, forderten aber | |
auch von Bund und EU zusätzlichen Impfstoff für die Hotspots. Außerdem | |
werde man auch Tschechien trotz des eigenen Mangels Impfstoff abtreten. | |
Söder sprach von einer symbolischen, aber hilfreichen Größenordnung. | |
Kretschmer forderte ein „besonderes Impfregime“ in Hotspots, um die | |
Verbreitung in andere Regionen zu verhindern. Man habe schließlich | |
feststellen müssen, dass man der Situation mit den jetzigen Werkzeugen | |
nicht Herr geworden sei. Sein Wunsch sei etwa, allen Erwachsenen im | |
Vogtland in Bälde ein Impfangebot machen zu können. Hier mussten | |
[2][Schulen] und Kinderbetreuungseinrichtungen wieder schließen, weil die | |
Sieben-Tages-Inzidenz die 200 wieder überschritt. Zugeschoben wird das vor | |
allem dem regen Pendlerverkehr. | |
Die Initiative zu der plötzlichen Bayern-Sachsen-Allianz ging von | |
Kretschmer aus, dem Söder für die „wie immer exzellente Zusammenarbeit“ | |
dankte. Zumindest für politische Beobachter in Sachsen jedoch kam die neue | |
Front gegen das Virus überraschend. | |
Es besteht zwar seit Jahren eine Affinität zwischen CSU und Sächsischer | |
Union, die bis hin zu einem gemeinsamen Patriotismus-Papier 2016 reichte. | |
Kretschmer erinnerte auch an eine „unglaublich sensible“ gemeinsame | |
Kabinettssitzung vor einem Jahr, als die Pandemie-Gefahr heraufzog. In | |
Regierungskreisen aber gelten die Bayern und ihr Ministerpräsident als | |
unberechenbar bei der Coronabekämpfung. Söder wecke vor den großen | |
Konferenzen mit der Kanzlerin immer wieder Erwartungen und mache dann doch, | |
was er wolle, heißt es. | |
Ein Versuch also, den bayerischen Kollegen rechtzeitig etwas einzuhegen? | |
Die beiden Unionspolitiker nutzten die Gelegenheit jedenfalls auch, um | |
gleich ein paar Marken für die am Mittwoch stattfindende | |
Ministerpräsidentenkonferenz zu setzen. Am Mittwoch, so Söder, gehe es | |
darum, für Deutschland eine „einheitliche Grundphilosophie mit regionalen | |
Differenzierungen“ zu entwerfen. | |
Es werde ein sehr langer Abend werden, prognostizierte der CSU-Chef und | |
warnte: Wenn die Runde um Kanzlerin Angela Merkel jetzt einen Fehler mache, | |
könne dies zu einem grundsätzlichen Vertrauensverlust in der Bevölkerung | |
führen. Söder sprach sich dafür aus, den Menschen „ein Stück weit Freiheit | |
zurückzugeben“, sagte aber auch: „Nicht das Datum, sondern die Daten | |
bestimmen den Weg.“ Auf die derzeitige Inzidenztabelle könne keiner ein | |
festes Haus bauen. | |
Söder forderte „mehr Tempo“ beim Impfen: „Keine Impfdose darf in | |
Deutschland länger liegen bleiben.“ Das Impfkonzept müsse daher komplett | |
überarbeitet werden. So müsse auch der Impfstoff von [3][AstraZeneca] für | |
alle verfügbar gemacht werden, beispielsweise auch über Hausärzte, die die | |
chronisch Kranken am besten kennen würden. Aus den Vorgaben zur | |
Impfreihenfolge könnten zudem Empfehlung werden, um die Impfungen zu | |
beschleunigen. | |
## Sachsens Ministerpräsident setzt auf Testkonzept | |
Kretschmer warnte vor zu großen Hoffnungen auf weitgehende Lockerungen des | |
Lockdowns. „Es kann am Mittwoch nur um kleine Schritte gehen und um eine | |
Teststrategie.“ Er selbst setzt seine Hoffnungen vor allem auf ein | |
umfassendes Testkonzept. An dieses müssten alle Lockerungsschritte | |
gekoppelt sein. | |
Politischer Druck auf die Runde am Mittwoch solle mit der Allianz aber | |
nicht ausgeübt werden, dementiert Sachsens Regierungssprecher Ralph | |
Schreiber entsprechende Vermutungen. Man strebe am 3. März | |
bundeseinheitliche Regelungen an, sagt auch sein Thüringer Kollege Falk | |
Neubert. Allerdings kommt aus Erfurt ein Plan B, sollte diese Absicht | |
scheitern. Im Gespräch ist eine Art „Reserveallianz“ der Nachbarländer | |
Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. | |
Am vergangenen Freitag telefonierte Kretschmer mit seinen Kollegen Bodo | |
Ramelow und Reiner Haseloff – laut Sachsen-Anhalts Regierungssprecher | |
Matthias Schuppe ein Routineaustausch. | |
Schreiber sieht eine Drei-Länder-Strategie skeptisch. Bei regionalen | |
Hotspots müsse man sich austauschen, um eine ungeregelte Mobilität zu | |
vermeiden. | |
1 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
Michael Bartsch | |
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