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# taz.de -- Bremen spart bei Ärzten und Pflege: Die Kliniken sollen bluten
> Mit einer Petition bekämpfen Aktivist:innen den Stellenabbau bei den
> kommunalen Kliniken. Der Konflikt legt auch Streit in der Linkspartei
> offen.
Bild: Bald sind noch weniger Hände für die Patient:innen da
Bremen taz | In der Stadt formiert sich der Widerstand gegen den massiven
Stellenabbau bei den vier kommunalen Bremer Krankenhäusern. Dabei muss sich
die linke Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard – sie ist zugleich die
Aufsichtsratsvorsitzende der Klinikholding Gesundheit Nord (Geno) – auch
aus der eigenen Partei viel Kritik anhören.
Rund 440 Vollzeitstellen sollen in den vier Bremer Krankenhäusern bis 2024
gestrichen werden. [1][90 davon im ärztlichen Bereich,] der Rest beim
Verwaltungspersonal sowie bei den Beschäftigten in nicht-medizinischen
Bereichen wie etwa den Großküchen. Auch von einem Abbau von 250 Betten ist
die Rede. Das erklärte Ziel: eine „schwarze Null“ bei der Geno im Jahr
2024. Auch Claudia Bernhard unterstützt dies.
Das Problem: Vorläufigen Prognosen zufolge hat die Geno allein im
vergangenen Jahr über 40 Millionen Euro Verlust gemacht. Die Auswirkungen
der Pandemie haben daran nach Angaben des Gesundheitsressorts einen Anteil
von 20 bis 25 Millionen Euro. Zu Details ihrer Sparpläne will sich die
Geno-Führung erst nach ihrer Aufsichtsratssitzung am Freitag äußern.
Kommende Woche wird die [2][Bremische Bürgerschaft] über das Thema
debattieren.
Die Gewerkschaft Ver.di verurteilt die angekündigten Kürzungen schon jetzt
„scharf“: Höhere Erlöse und Fallzahlen bei weniger Personal – „das
funktioniert nur mit einer erheblichen Arbeitsverdichtung“, sagt der
zuständige Gewerkschaftssekretär Jörn Bracker. „Dabei arbeiten heute schon
viele Kolleg:innen am Limit.“
## „Entlasten statt Entlassen“
Das „[3][Bremer Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus“] hat deshalb nun
eine Petition gestartet, die schon von knapp 1.000 Menschen unterstützt
wird: „Krankenhauspersonal entlasten – nicht entlassen!“ ist ihr Motto,
initiiert wurde sie maßgeblich auch von Mitgliedern der Linkspartei in
Bremen. „Wir brauchen alle, sowohl jetzt, als auch nach der Pandemie“ heißt
es darin. Von Claudia Bernhard fordert die Petition, die Stellenstreichung
„abzulehnen“ und von der rot-grün-roten Landesregierung, „die Krankenhä…
zu entschulden und von der Gewinnorientierung zu befreien“.
Bernhard wiederum zieht sich darauf zurück, dass „im pflegerischen Bereich
keine einzige Stelle abgebaut wird“, weil das weder für die Versorgung der
Patient:innen noch ökonomisch einen Sinn ergebe, wie ihr Sprecher sagt.
„In den Krankenhäusern herrscht Pflegenotstand“ heißt es dazu passend im
[4][Wahlprogramm der Linkspartei zur letzten Bürgerschaftswahl,] das
„ordentliche Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter*innen“ einfordert und
darauf hinweist, dass laut Ver.di rund 1.500 Pflegekräfte in Bremens
Kliniken fehlen.
Roman Fabian, Betriebsratsvorsitzender im Klinikum Links der Weser, hält
die Vorstellung der Geno, es könnten zahlreiche Stellen in den
Krankenhäusern abgebaut werden, ohne dass die Pflege in Mitleidenschaft
gezogen werde, für „vollkommenen Quatsch“ und „bekloppt“. 440
Vollzeitstellen entsprächen angesichts zahlreicher Mitarbeiter:innen
in Teilzeit etwa 700 bis 800 Personen, so Fabian. Zum Vergleich: Im
vergangenen Jahr hatte die Geno knapp 5.800 Vollzeitstellen.
Es sei „eine Illusion“, dass die Pflege von solchen Einschnitten unberührt
bleibe, sagt Fabian, der auch [5][Fraktionssprecher der Linkspartei im
Beirat Obervieland] ist. Schon heute gebe es „meterweise
Überlastungsanzeigen“ der Geno-Beschäftigten. Massiv gespart werden soll
laut Fabian bei den Leiharbeitnehmer:innen, für die die Geno 2020 rund
zwölf Millionen Euro ausgegeben habe. Sie verdienten rund 30 Prozent mehr
als die Stammbelegschaft, so Fabian, die so „schlechter gestellt“ werde.
Im Coronajahr 2020 verzeichneten die vier Geno-Kliniken einen
Leistungsrückgang von rund 14 Prozent. Damit sei man „mit einem blauen Auge
davongekommen“, sagte die Geno-Geschäftsführerin Dorothea Dreizehnter zu
Radio Bremen. Doch die wirtschaftliche Lage der Geno sei schon vorher
„angespannt“ gewesen, sagt das Ressort
In der Petition heißt es, dass das Defizit auch durch die mangelnde
Finanzierung der Geno durch das Land entstanden sei – „das sollen
Beschäftigte und Patient:innen ausbaden“. Laut Fabian sind nur drei der
vier Bremer Kliniken defizitär – das Krankenhaus Links der Weser schreibe
„schwarze Zahlen“. Frau Dreizehnter sei für ihn nur „eine eiskalte
Saniererin“.
In einem Punkt sind sich die Petent:innen und die Senatorin einig – der
Kritik an dem System der Fallpauschalen. Die Petition will es „abschaffen“,
Roman Fabian auch, Claudia Bernhard votiert für „einen schrittweisen
Ausstieg“. An diesem Punkt kann sie sich ungefährdet an die Seite ihrer
Kritiker:innen stellen – ihn regelt das Bundesrecht.
17 Feb 2021
## LINKS
[1] /Archiv-Suche/!5743062&s=geno&SuchRahmen=Print/
[2] https://sd.bremische-buergerschaft.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZYYLFchQ…
[3] https://www.openpetition.de/petition/online/krankenhauspersonal-entlasten-n…
[4] https://www.dielinke-bremen.de/fileadmin/user_upload/Wahlen_2019/Wahlprogra…
[5] https://www.dielinke-bremen.de/parlamente/beiraete/obervieland/
## AUTOREN
Jan Zier
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