# taz.de -- Sparpläne für Bremer Krankenhäuser: Geringverdienende sollen blu… | |
> Beschäftigte der Bremer Kliniken protestieren dagegen, | |
> Service-Mitarbeiter in eine Tochterfirma auszugliedern, wo sie schlechter | |
> bezahlt würden. | |
Bild: Patientenferne Tätigkeit: Reinigungskräfte desinfizieren Geräte am Uni… | |
Hamburg taz | Beschäftigte von Bremens Landeskrankenhäusern wollen gegen | |
den Vorschlag protestieren, Service-Mitarbeiter in eine Tochtergesellschaft | |
der „Gesundheit Nord (Geno)“ zu überführen, wo sie weniger verdienen | |
würden. Für Mittwochnachmittag haben die Gewerkschaft Ver.di und die | |
Betriebsräte eine Kundgebung vor dem Dienstsitz von Gesundheitssenatorin | |
Claudia Bernhard (Die Linke) angekündigt. | |
Nach den Vorstellungen der Geno-Geschäftsführung könnten „patientenferne | |
Bereiche“ in die Tochterfirma Gesundheit Nord Dienstleistungen (GND) | |
ausgegliedert werden. Dazu gehörten die Küche, Patientenbegleitung, | |
Hauswirtschaft, Logistik, Pförtner, Bettenmachen und Reinigung. „In diesen | |
Bereichen arbeiten überwiegend Frauen in Teilzeit im Niedriglohnbereich“, | |
sagt Gewerkschaftssekretär Jörn Bracker. Sie würden dann nicht mehr nach | |
dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst bezahlt werden. „Das bedeutet, | |
[1][dass die Kolleg:innen rund ein Drittel weniger Gehalt im | |
Portemonnaie haben werden]“, warnt Bracker. | |
Eine Ausgliederung würde die Belegschaften in Mitarbeitende erster und | |
zweiter Klasse spalten, warnen die Arbeitnehmervertreter. 3.000 | |
Kolleg:innen hätten eine Petition dagegen unterschrieben, die der | |
Gesundheitssenatorin im Rahmen der Kundgebung übergeben werden solle. | |
Die Senatorin verweist auf die schwierige wirtschaftliche Lage der Geno. | |
Die [2][Ausgliederung] sei lediglich ein Vorschlag der Geschäftsführung, um | |
Geld zu sparen. Dabei gebe es Vorschläge, zu denen sie als | |
Aufsichtsratsvorsitzende der Geno eine andere Meinung habe als in ihrer | |
Rolle als Gesundheitssenatorin. | |
„Als Aufsichtsratsvorsitzende ist es [3][meine Aufgabe, die wirtschaftliche | |
Situation der Geno zu verbessern]“, sagt Bernhard. Dabei wolle sie vor | |
allem vermeiden, dass es zu Privatisierungsdebatten komme. Deshalb müsse | |
sie solche Vorschläge prüfen. Als Gesundheitssenatorin lehne sie die | |
Auslagerung von weiterem Personal jedoch ab. Stattdessen müsse die Geno | |
ausreichend finanziert werden, „um nicht nur die Gesundheitsversorgung zu | |
ermöglichen, sondern auch für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen“. | |
Die Geno hat nach eigenen Angaben in den Jahren vor der Coronapandemie ein | |
immer größeres Defizit erwirtschaftet. Verzeichnete sie 2016 noch einen | |
Überschuss von elf Millionen Euro im operativen Geschäft, wies sie 2019 ein | |
Defizit von 28 Millionen aus. Die schwierige Lage habe viele Gründe, sagt | |
die Senatorin. Unter anderem zeige sich darin aber, dass die | |
Fallkostenpauschalen, nach denen bestimmte Behandlungen mit fixen Summen | |
vergütet werden, zu niedrig angesetzt seien. Einen weiteren | |
Erklärungsansatz nennt eine Sprecherin der Geno: „Wir haben sehr lange auf | |
eine Steigerung der Fallzahlen gesetzt“, sagt sie. Auf diese Weise sei ein | |
Personalüberhang entstanden. | |
Die Pandemie und der Trend zur ambulanten Behandlung habe sogar dazu | |
geführt, dass der Bedarf an stationären Krankenhausplätzen abgenommen habe, | |
sagt Senatorin Bernhard. Daran müsse sich die Geno anpassen – auch beim | |
Personal. Dieses soll durch natürliche Fluktuation abgebaut werden. Nicht | |
verringert werden solle jedoch das Pflegepersonal. „Mir ist wichtig, dass | |
der Personalstock an den tatsächlichen Versorgungsbedarf angepasst wird, wo | |
das nötig ist“, sagt Bernhard. | |
Nach Auskunft der Geno könnte die Ausgliederung von 450 Mitarbeitern in die | |
Tochtergesellschaft GND fünf bis sieben Millionen Euro sparen. Heute sind | |
dort 500 Menschen beschäftigt. Andere Möglichkeiten zu sparen bestünden | |
darin, Dienstleistungen wie die Speiseversorgung oder das Aufbereiten von | |
Medizinprodukten zu zentralisieren und Abteilungen zusammenzulegen, etwa | |
die Geburtshilfe mit der Gynäkologie. | |
Die Betriebsräte und Gewerkschaften gehen davon aus, dass eine | |
Ausgliederung ohnehin nichts bringen würde. Dadurch spare Bremen „keinen | |
Cent“, sagt die Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats Rita Martens. „Denn | |
diese Entscheidung würde Folgekosten für das Land Bremen nach sich ziehen: | |
Kolleg:innen müssten zum Überleben über das Amt aufstocken.“ Auch eine | |
Altersarmut wäre vorgezeichnet, wenn den Leuten die Altersvorsorge für den | |
Öffentlichen Dienst vorenthalten würde. | |
Heinz Lohmann, ehemals Chef des vormaligen Hamburger Landesbetriebs | |
Krankenhäuser und heute [4][Inhaber einer Beratungsfirma,] erinnert daran, | |
dass es sich bei den Fallkostenpauschalen um empirisch ermittelte Werte | |
handele. Sie leiteten sich daraus ab, was von den Krankenhäusern im Schnitt | |
für eine bestimmte Behandlung aufgewandt werde. In diesem Rahmen müsse | |
jedes Krankenhaus Prioritäten setzen. Das heißt, was Bremen für seine Köche | |
ausgibt, kann es nicht für IT-ler ausgeben. Lediglich die Pflege sei davon | |
ausgenommen. | |
Bei den angedachten strukturellen Veränderungen sieht Lohmann Bremen auf | |
dem richtigen Weg. Dass öffentliche Kliniken wie die der Geno einen | |
größeren finanziellen Spielraum hätten als private, weil sie ja keine | |
Rendite erwirtschaften müssten, sieht Lohmann hingegen nicht. „Es ist nicht | |
so, dass die privaten Krankenhauskonzerne viel Geld rausziehen“, sagt der | |
Berater. Vielmehr gehe es ihnen darum, ihr Anlagevermögen wertvoller zu | |
machen. Ähnliches gelte für die öffentlichen Kliniken: Auch sie müssten | |
Überschüsse erwirtschaften, um sich laufend modernisieren zu können. | |
15 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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