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# taz.de -- Chefs bei der Corona-Impfung: Wenn der Vorstand vordrängelt
> Geschäftsführer einer Kette von Altenheimen lassen sich gegen das
> Coronavirus impfen. Arbeitnehmerorganisationen kritisieren falsche
> Prioritäten.
Bild: So ist's richtig: Aber was, wenn der Chef in der Schlange wartet?
Hamburg taz | Die Geschäftsführer einer Pflegeheim-Kette und von deren
Tochterfirma haben sich am Donnerstag [1][gegen das Coronavirus Sars-Cov2
impfen] lassen. Dabei ist der Impfstoff knapp und die vier Männer im besten
Alter gehören allem Anschein nach nicht zur Gruppe derer, die laut
Impfverordnung zuerst geimpft werden sollen.
[2][Die Domicil-Unternehmensgruppe] rechtfertigte das damit, dass die
Betroffenen „immer wieder in den Einrichtungen vor Ort präsent“ seien.
Domicil mit Hauptsitz in Hamburg betreibt bundesweit 40 Pflegeheime,
sogenannte Senioren-Residenzen.
Die Dortmunder Stiftung Patientenschutz findet das Verhalten der Manager
problematisch. „Das Impfangebot für die Geschäftsleitung einer
Muttergesellschaft von vielen Pflegeangeboten hat in der
[3][Impfverordnung] keine Priorität“, sagt deren Vorstandsvorsitzender
Eugen Brysch. „Alleine Pflegeheimbewohner, Menschen über 80 Jahre und die
Mitarbeiter von stationären Pflegeeinrichtungen müssen bei der höchsten
Priorität in den Blick genommen werden.“
Die vier Herren aus der Geschäftsleitung ließen sich bereits am 14. Januar
– gut zwei Wochen nach Anlaufen der Impfkampagne – zum ersten Mal impfen.
In der Seniorenresidenz in Hamburg-Jenfeld erhielten sie jetzt die zweite
Dosis, die den Impfschutz vervollständigt.
## Zur Aufrechterhaltung des Betriebes
Die Impfungen seien notwendig gewesen, weil die Manager immer wieder in den
Einrichtungen vor Ort präsent seien, um diese in der aktuellen
Coronapandemielage bestmöglich organisieren zu können. „Wir sehen es daher
als unsere Pflicht, unseren Bewohnerinnen und Bewohnern und
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber an, diese Personen zur
Aufrechterhaltung des Betriebes bestmöglich zu schützen“, teilte das
Unternehmen mit.
„Regelmäßige Präsenz ist keine Begründung“, findet Arnold Rekittke von …
[4][Gewerkschaft Ver.di] in Hamburg. Auch aus seiner Sicht genießen die
Geschäftsführer nicht die höchste Priorität beim Impfen. „Sie nehmen
Pflegekräften die Impfstoffe“, kritisiert Rekittke.
Ähnlich sieht das der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBFK). „Die
allererste Priorität sollten die Mitarbeiter haben, die die Bewohner
tagtäglich versorgen“, fordert dessen Pressesprecherin Katharina von Croy.
Die Frage, wie viele der 5.000 Domicil-Mitarbeiter geimpft sind, die ja zum
großen Teil direkt mit den Bewohnern arbeiten, beantwortete das Unternehmen
nicht.
Croy erinnert an weitere Fälle [5][unsolidarischen Verhaltens im
Zusammenhang mit den Corona-Impfungen]. Im Januar sind Führungskräfte und
Verwaltungsmitarbeiter der Feuerwehr und des Deutschen Roten Kreuzes (DRK)
In Hamburg-Harburg geimpft worden, während Rettungskräfte leer ausgingen.
Der Harburger DRK-Chef Harald Krüger ist inzwischen von seinen Aufgaben
entbunden worden – angeblich allein aus gesundheitlichen Gründen.
In den Hamburger Fällen hatte es angeblich Impfstoffreste gegeben, die
wegen der hohen Kühlungsanforderungen zu verderben drohten und deshalb mal
eben verimpft wurden. Allerdings wäre ein Transport ins Impfzentrum in den
Hamburger Messehallen wohl durchaus möglich gewesen. „Mit Resten kann sich
keiner mehr rausreden“, sagt DBFK-Sprecherin Croy mit Blick auf diese
Vorfälle.
Die Argumentation, dass Menschen vorzeitig geimpft werden, um vor Ort
überzähligen Impfstoff nicht verfallen zu lassen, lässt auch Eugen Brysch
von der Stiftung Patientenschutz nicht gelten. Es sei Unvermögen, wenn
nicht mittels Wartelisten und Pool-Lösungen sichergestellt wird, dass der
Impfstoff zunächst nur an die priorisierten Menschen verimpft wird.
Es gehöre zur Verantwortung und Pflicht einer Geschäftsleitung, dafür zu
sorgen, dass genau diese Menschen der höchsten Priorität ein Impfangebot
bekommen. „Deshalb muss es endlich strafrechtliche Konsequenzen haben, wenn
Menschen außerhalb der Prioritätsgruppen unberechtigt Impfleistungen in
Anspruch nehmen“, findet Brysch. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
habe es versäumt, in seiner Verordnung eine Aussage zu Verstößen zu treffen
15 Feb 2021
## LINKS
[1] /Aktuelle-Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5751421
[2] https://www.domicil-seniorenresidenzen.de/
[3] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C…
[4] https://hamburg.verdi.de/branchen-berufe
[5] /Impfungen-bei-Feuerwehr-und-DRK/!5743410
## AUTOREN
Gernot Knödler
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