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# taz.de -- Deutscher Plan gegen Coronamutanten: Scharfe Kritik an Grenzkontrol…
> Mit Einreisebeschränkungen will Berlin mutierte Coronaviren bekämpfen.
> Das sorgt in der EU für massig Ärger.
Bild: Umstrittener Versuch, Virusmutanten einzudämmen: deutsch-österreichisch…
BERLIN/MÜNCHEN taz | Mit Einreisebeschränkungen soll die Ausbreitung von
mutierten Coronaviren nach Deutschland verhindert werden – doch das führt
zu Kritik aus ganz Europa. Insbesondere Österreich zeigte sich am Montag
brüskiert von den [1][Kontrollen an den Grenzen], auch Politiker:innen
aus anderen EU-Staaten und Deutschland selbst äußerten sich besorgt. Die
Bundesregierung verteidigte die Regelungen dagegen.
Seit der Nacht zum Sonntag dürfen Menschen aus Tschechien und dem
österreichischen Tirol nicht mehr nach Deutschland kommen. Ausgenommen sind
unter anderem Berufspendler:innen, die in systemrelevanten Branchen
arbeiten, und Lkw-Fahrer:innen mit negativem Coronatest. In Tschechien und
Österreich grassieren [2][mutierte Varianten des Coronavirus], die
vermutlich deutlich ansteckender und somit gefährlicher sind.
Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, sagte am Montag, es gehe
um „zeitweise verstärkte Grenzkontrollen, nicht um eine Grenzschließung“.
Deutschland müsse alles tun, um zu verhindern, dass „sich Virusvarianten
genauso schnell ausbreiten wie in Nachbarländern“. Laut Innenministerium
wurden bis Montagvormittag bereits 5.000 Menschen an den Grenzen
abgewiesen.
Die Regierung Österreichs kritisiert das deutsche Vorgehen derweil scharf.
Das Außenministerium in Wien sprach am Sonntagabend mit dem deutschen
Botschafter über das Thema. Österreichs Außenminister Alexander
Schallenberg hatte zuvor gewarnt, es drohten „schwerwiegende Auswirkungen
auf ganz Österreich“. Ein Sprecher der EU-Kommission beklagte die
Kontrollen ebenfalls und sagte, die EU sei effizienter, wenn Staaten nicht
einseitig handelten.
Zwar grassieren auch in Frankreich bedrohliche Coronamutanten, doch wurden
bisher keine Pläne bekannt, auch die deutsch-französischen Grenzübergänge
stärker zu kontrollieren. Dennoch sprach der französische
Europa-Staatsekretär Clément Beaune von „einer harten Entscheidung“
Berlins.
Kritik von SPD-Chef
Auch aus Deutschland kam Kritik. Gegenüber der taz sagte der
europapolitische Sprecher der Linken, Andrej Hunko, die Grenzschließungen
seien „symbolischer Aktionismus, der zu unnötigem Leid und Untergrabung der
dringend notwendigen internationalen Kooperation beiträgt“. Solche
Maßnahmen hätten „keinen nachweisbaren Effekt auf die Ausbreitung des
Virus“. Auch der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans forderte eine Ende
der Kontrollen: „Grenzschließungen hinterlassen eine tiefe Narbe in unserem
Europa.“
Grenzkontrollen innerhalb der EU treffen mit dem Schengen-Abkommen
tatsächlich nicht nur eine der sichtbarsten Errungenschaften des
Staatenbundes, sondern bedrohen auch transnationale Lieferketten und die
Wirtschaft in Grenznähe.
Während es an den Übergängen zu Tirol am Montag ruhig blieb, bildeten sich
am Montag an den bayerisch-tschechischen Grenzübergängen kilometerlange
Staus. Lastwagenfahrer:innen mussten mitunter drei Stunden warten,
nur um dann teils wieder zurückgeschickt zu werden, weil etwa ein negatives
Testergebnis fehlte.
„Der Begriff, der die Situation am besten zusammenfasst, lautet:
chaotisch“, sagt Ulrich Pfaffenberger, Sprecher des Landesverbands
Bayerischer Spediteure. Es drohe eine „Kettenreaktion und Eskalation
einzelstaatlicher Einreisevorschriften in Europa“.
Auch die restliche Wirtschaft Bayerns hält wenig von den Maßnahmen. Von
einem „Chaos an den Grenzen zwischen Tschechien und Deutschland“ spricht
etwa die IHK Regensburg. Lieferketten seien bereits gestört und
Mitarbeiter:innen aus Tschechien fehlten. Die Folge: erhebliche
Produktionsausfälle, Terminverzug, Konventionalstrafen.
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit sind allein in Bayern 22.000
Tschech:innen und 9.600 Österreicher:innen beschäftigt. Einige
Pendler:innen wurden schon vorsorglich von ihren Arbeitgebern in
Pensionen einquartiert, sodass sie die nächste Zeit nicht in die Heimat
zurückkehren müssen und weiter in Bayern arbeiten können.
15 Feb 2021
## LINKS
[1] /Grenzschliessungen-in-der-Pandemie/!5747025
[2] /Coronamutanten-in-Deutschland/!5746342
## AUTOREN
Frederik Eikmanns
Dominik Baur
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Grenzkontrollen
Schengen-Abkommen
Pandemie
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Covid-19
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