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# taz.de -- Repressionen in Kasachstan: Hütte dicht!
> Immer mehr NGO's werden Ziel behördlicher Schikanen – angeblich wegen
> finanzieller Unregelmäßigkeiten. Betroffene sprechen von politischen
> Motiven.
Bild: Kasachstans Präsident Qassym-Schomart Toqajew
Berlin taz | In der zentralasiatischen Republik Kasachstan sind
Nichtregierungsorganisationen derzeit einer beispiellosen Repressionswelle
ausgesetzt. Vor wenigen Tagen erwischte es das Kasachische Büro für
Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit (KMBPCh) sowie die Internationale
Legale Initiative (ILI). Wegen angeblicher finanzieller Unregelmäßigkeiten
müssen beide Gruppen ihre Tätigkeit zunächst für drei Monate einstellen und
eine Strafe in Höhe von zwei Millionen Tenge (umgerechnet knapp 3900 Euro)
zahlen.
Der ILI-Vorsitzende Amangeldy Schomanbekow hält das jüngste Manöver für
politisch motiviert. „Es sieht so aus, als wollten die Behörden nicht, dass
wir Beziehungen zur UNO, der OSZE und den Mitgliedstaaten der Europäischen
Union unterhalten. Sie wollen uns mundtot machen, sodass niemand in diesem
Land mit internationalen Strukturen kommunizieren kann“, sagte er dem
Sender Radio Freies Europa.
Die zwei NGOs sind vorerst nur die beiden letzten Opfer von mehr als einem
Dutzend zivilgesellschaftlicher Organisationen, gegen die die Behörden
bereits seit Monaten vorgehen.
Bereits im vergangenen November hatten 13 NGOs Besuch von der Steuerbehörde
bekommen. Einer der Vorwürfe lautet, die Gruppen hätten über finanzielle
Zuwendungen aus dem Ausland nicht ordnungsgemäß Bericht erstattet. Die
Vorwürfe beziehen sich auf Vorgänge, die bereits Jahre zurückliegen.
## 1600 Euro Geldstrafe
Auch die Gruppe „Echo“ wurde wegen derartig fadenscheiniger Anschuldigungen
für drei Monate zum Schweigen gebracht und zu einer Geldstrafe von
umgerechnet knapp 1.600 Euro verurteilt. Ihr Anliegen ist es, die
Bevölkerung möglichst auf allen Ebenen in die politische
Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Aktuell bereiteten die
Echo-Aktivist*innen einen Report über die Parlamentswahl am 10. Januar vor.
Bei der Abstimmung erreichte die langjährige Regierungspartei Nur Otan des
früheren Präsidenten Nursultan Nasarbajew über 70 Prozent der Stimmen, die
Opposition ist in der neuen Volksvertretung nicht vertreten. Die OSZE hatte
kritisiert, dass es im Wahlkampf keine Chancengleichheit gegeben habe und
Grundfreiheiten der Wähler*innen systematisch eingeschränkt worden
seien.
Es sei schockierend, wie viele Gruppen gleichzeitig von den Repressionen
betroffen seien, ebenso wie die offensichtlich ungesetzliche Art, wie die
Behörden agierten, heißt es in einer Erklärung der
US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch vom 20. Januar. „Es ist
stark zu bezweifeln, dass Kasachstans Führung daran arbeitet, die Lage der
Menschenrechte zu verbessern.“
Und nicht nur das: In seiner Rede an die Nation im September 2019 und damit
ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt hatte Präsident Qassym-Schomart
Toqajew noch vollmundig sein Konzept eines „Staates, der den
Bürger*innen zuhört“ angekündigt. Diesen „konstruktiven“ Dialog dürft…
sich die aktiven Vertreter*innen der Zivilgesellschaft wohl anders
vorgestellt haben.
27 Jan 2021
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Kasachstan
NGO
Nursultan Nazarbajew
Repression
Protest
Kasachstan
Kasachstan
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