# taz.de -- Unruhen und Gewalt in Kasachstan: Proteste halten an | |
> Der Unmut über hohe Preise für Flüssiggas ist in Kasachstan in gewaltsame | |
> Proteste umgeschlagen, die Regierung trat zurück. Die Lage bleibt | |
> unübersichtlich. | |
Bild: Bewaffnete Bereitschaftspolizisten blockieren eine Straße, um Demonstran… | |
NUR-SULTAN dpa | Gewaltsame Proteste gegen hohe Preise an den Tankstellen | |
haben das [1][Land Kasachstan] in Zentralasien in eine Krise gestürzt. Am | |
Mittwoch trat die Regierung zurück. In mehreren Landesteilen der autoritär | |
geführten Republik wurde der Ausnahmezustand verhängt. Die | |
Sicherheitskräfte nahmen nach Angaben des Innenministeriums mehr als 200 | |
Menschen fest. Vor allem in der Wirtschaftsmetropole Almaty kam es zu | |
heftigen Krawallen. | |
In der Stadt im Südosten des Landes stürmten Demonstranten die | |
Stadtverwaltung, wie die Agentur Tengrinews berichtete. In einem Video | |
waren Flammen am Gebäude zu sehen, schwarzer Rauch stieg auf. | |
Knallgeräusche waren zu hören. Auch bei der Staatsanwaltschaft und in der | |
Präsidentenresidenz sollen Brände ausgebrochen sein. Die Lage war zunächst | |
unübersichtlich. | |
Bilder aus anderen Stadtteilen zeigten, wie eine große Menschenmenge vor | |
Polizisten wegrannte. Auch dort waren Explosionsgeräusche und Schüsse zu | |
hören. Berichten zufolge setzten die Sicherheitskräfte Blendgranaten und | |
Tränengas ein. Zu sehen waren ausgebrannte Autos und zerstörte Scheiben von | |
Kiosken und Gaststätten. | |
Bereits in der Nacht zuvor hatte es heftige Zusammenstöße zwischen | |
Demonstranten und Sicherheitskräften gegeben. Den Behörden zufolge wurden | |
190 Menschen verletzt, darunter 137 Polizisten. 40 Menschen seien in | |
Krankenhäuser gebracht worden. Auch in anderen Städten des ölreichen Landes | |
gingen die Menschen auf die Straße. | |
## Behörden ordneten Preissenkungen an | |
Der Protest begann am Wochenende zunächst in der Stadt Schangaösen im | |
Westen und weitete sich dann aus. Es ist die größte Protestwelle seit | |
Jahren. Die Ex-Sowjetrepublik mit mehr als 18 Millionen Einwohnern grenzt | |
an Russland, China und im Südwesten ans Kaspische Meer. | |
Auslöser der Unruhen waren deutlich gestiegene Preise für Flüssiggas an den | |
Tankstellen. Viele Kasachen tanken Flüssiggas, weil es billiger als Benzin | |
ist. Die Regierung hatte die hohen Tankrechnungen zunächst mit einer | |
gestiegenen Nachfrage begründet. Seit Jahresbeginn wird der Gashandel | |
komplett über die Energiebörse abgewickelt. | |
Als Konsequenz aus den Protesten ordneten die Behörden Preissenkungen an. | |
Damit solle die „Stabilität des Landes gewährleistet werden“, sagte | |
Präsident Kassym-Schomart Tokajew. Viele Demonstranten gaben sich damit | |
nicht zufrieden und forderten zudem den Rücktritt der Regierung. | |
Regierungschef Askar Mamin legte schließlich am Mittwochmorgen sein Amt | |
nieder. Damit trete auch die Regierung zurück, teilte das Präsidialbüro | |
mit. Übergangsweise übernimmt der bisherige Vize-Regierungschef Älichan | |
Smajylow die Amtsgeschäfte. | |
## Ausnahmezustand bis 19. Januar | |
Tokajew hatte zunächst mit eindringlichen Appellen versucht, die | |
aufgeheizte Stimmung zu beruhigen. „Reagieren Sie nicht auf die Aufrufe, | |
offizielle Gebäude zu stürmen. Das ist ein Verbrechen“, sagte [2][der | |
Staatschef, der seit 2019 im Amt ist]. Nach seiner Wahl hatte es ebenfalls | |
Proteste mit Hunderten Festnahmen gegeben. | |
Er verhängte zudem bis zum 19. Januar den Ausnahmezustand über einige | |
Landesteile, darunter in der Hauptstadt Nur-Sultan, in Almaty und in der | |
Region Mangystau im Westen Kasachstans. Damit verbunden sind etwa | |
Ausgangssperren in den Nachtstunden und Versammlungsverbote. | |
Unklar war zunächst, wann sich die Lage wieder beruhigt. Berichten zufolge | |
funktionierten Messengerdienste wie Telegram und WhatsApp nicht. Die | |
Behörden wollten damit vermutlich verhindern, dass sich noch mehr Menschen | |
den Protesten anschließen. | |
5 Jan 2022 | |
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