| # taz.de -- Berliner Kunst in Coronazeiten: Für Eis zu kalt, nicht für Kunst | |
| > Junge Künstler*innen bahnen sich ihren Weg durch Pandemiezeiten: mit | |
| > Licht und Sound gegen den Verlust von Optimismus. | |
| Bild: Screenshot der Lichtinstallation in einer Eistruhe | |
| Endlich mal wieder was erleben. Die Straßen sind leer, aber das wissen wir | |
| ja schon. Das Spannendste, was momentan zu sehen ist, sind Warteschlangen | |
| vor Falafel-Läden. Beim Spazierengehen frieren wir mit unseren | |
| Kaffeebechern in den Händen. Wer denkt da schon an Eis? | |
| [1][Clara Hohmann und Marla Heid] kuratieren im Rahmen ihres (fast) | |
| gleichnamigen Kunstprojekts seit vergangenem November visuelle, | |
| konzeptionelle und akustische Kunstprojekte – und stellen sie im | |
| Schaufenster einer überwinternden Eisdiele in der Gärtnerstraße in | |
| Friedrichshain aus. | |
| Ab heute kann man donnerstags bis sonntags von 15 bis 20 Uhr die | |
| audiovisuelle Lichtinstallation „Significant Pleasures“ sehen. Gemeinsam | |
| mit den Dresdener und Berliner Künstler*innen Sophie Hundbiss und Robin | |
| Woern haben sich Hohmann und Heid zum Ziel gesetzt, unsere sinnlichen | |
| Erinnerungen an Eisessen und Sommer zu stimulieren und jungen | |
| Künstler*innen während der Krise die Chance zu geben, sichtbar zu | |
| bleiben. | |
| Die Lichtinstallation mit bunten Farben in der Eisvitrine wird mit | |
| knisternden, kratzigen Lauten untermauert, die man von draußen mithilfe | |
| eines am Fenster angebrachten QR-Codes durch Scannen mit dem Smartphone | |
| anhören kann. Nur das Eis fehlt, worüber sich besonders vorbeilaufende | |
| Kinder wundern, erzählt Heid augenzwinkernd. | |
| ## Es passiert mal wieder was | |
| Die Musik klingt anfangs etwas bedrohlich, ein metallenes Kratzen, als sei | |
| man direkt in der Truhe drin, aus der normalerweise das Eis in die Waffeln | |
| kommt. Obwohl, es gibt schließlich auch noch Kratzeis. Ein vertrautes | |
| Klingeln lässt an den Eiswagen der Kindheit denken, die Lichter | |
| reflektieren an Decke und Fenster. Sehnsucht macht sich breit nach wärmeren | |
| Zeiten, vielleicht sogar nach jenen, in denen Eis noch geteilt werden | |
| konnte. Eine Anspielung an die Leichtigkeit des Sommers, der meilenwert | |
| entfernt zu sein scheint, weckt dann wieder die winterliche Melancholie. | |
| Hohmann sieht das anders: „Man muss sich erlauben, wieder Vorfreude zu | |
| haben.“ Sie lacht durch ihre geblümte Panda-Maske. Auch wenn mensch sich | |
| nicht traue, optimistisch zu sein, solange immer härtere Verschärfungen | |
| kommen. | |
| Alle gehen wir momentan spazieren und sind zerrissen zwischen | |
| Entspannenwollen und „Kann endlich mal wieder was passieren?“. Aber wenn | |
| Spazierende an den Schaufenstern vorbeigehen, passiert da etwas. Und zwar | |
| ohne dass man damit rechnet. Und die Kurator*innen sind mit | |
| Leidenschaft dabei. Ist es nicht schön, dass endlich mal wieder was | |
| passiert? | |
| 22 Jan 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.hohmannundheid.com/significant_pleasures.html | |
| ## AUTOREN | |
| Atessa Bucalović | |
| ## TAGS | |
| Kunst Berlin | |
| Kunst Berlin | |
| Kunststandort Berlin | |
| Friedrichshain | |
| Eis | |
| Alltagskultur | |
| Gentrifizierung | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Wenn die Kultur nicht mehr zählt: Anklage gegen eine Kulturnation | |
| Die Deutschen lieben Künstler:innen, die keine Probleme machen. Die | |
| widerborstigen eher nicht, vor allem in Coronazeiten. | |
| Brauereigelände vergammelt seit Jahren: Erst mal nur gut eingepackt | |
| Eine alte Brauerei in Friedrichshain steht seit neun Jahren völlig leer. | |
| Baumaßnahmen vielleicht ab Sommer. Künstlerkollektiv hofft auf | |
| Wiedereinzug. | |
| In der Corona-Warteschlange: Das Prinzip des Anstands | |
| Menschen stehen derzeit oft in Warteschlangen. Immer wieder posten andere | |
| Fotos davon und lästern darüber. Was steckt hinter diesem Phänomen? |