| # taz.de -- Brauereigelände vergammelt seit Jahren: Erst mal nur gut eingepackt | |
| > Eine alte Brauerei in Friedrichshain steht seit neun Jahren völlig leer. | |
| > Baumaßnahmen vielleicht ab Sommer. Künstlerkollektiv hofft auf | |
| > Wiedereinzug. | |
| Bild: Das denkmalgeschützte Eckgebäude der alten Brauerei ist – wegen Denkm… | |
| Berlin taz | Fast sieht es so aus, als würde sich endlich etwas an der | |
| alten Patzenhofer Brauerei an der Landsberger Allee/ Ecke | |
| Richard-Sorge-Straße tun. Ein prägnantes Eckgebäude mit roter | |
| Klinkerfassade, über die Jahrzehnte verwittert und mit Graffiti-Tags | |
| übersät, ist nun verdeckt von einem bis zum Dach reichenden Baugerüst, | |
| blickdicht verpackt mit Plastikbahnen. | |
| Ob der aktuelle Eigentümer Investa den bald neun Jahre andauernden | |
| Leerstand beenden wird, ist allerdings noch nicht sicher. Aber auch im | |
| Falle eines baldigen Umbaus schwindet bei den Künstler*innen des Kollektivs | |
| LA54 die Hoffnung, nach dem Umbau wieder in die Brauerei ziehen zu können. | |
| Bei dem Baugerüst handelt es sich vorerst nur um eine verordnete Maßnahme | |
| zum Erhalt der denkmalgeschützten Bausubstanz, wie sowohl das Bezirksamt | |
| Friedrichshain-Kreuzberg als auch für das Projekt gegründete Investa | |
| Tochter Patzenhofer GmbH auf taz-Anfrage bestätigten. | |
| Auch einen Bauantrag gibt es bisher nicht, eine Einreichung wird aber für | |
| Februar angestrebt, sagt Projektleiter Michael Alert der taz. Derzeit | |
| befinde man sich noch in einem Abstimmungsprozess mit dem Bezirksamt, der | |
| allerdings durch Corona etwas verzögert wurde. Im Sommer sollen die | |
| eigentlichen Baumaßnahmen dann beginnen, so Alert. | |
| ## Möglicherweise auch Ateliers | |
| Darüber, was zukünftig auf dem Gelände der 1856 errichteten ehemaligen | |
| Brauerei entstehen soll, schweigt sich der Eigentümer mit Verweis auf die | |
| noch andauernden Abstimmungsprozesse aus. 2019 hatte Investa gegenüber dem | |
| Bezirksamt noch angekündigt, 10 Prozent der Fläche für unkommerzielle | |
| Nutzungen bereitstellen zu wollen, möglicherweise auch Ateliers. | |
| Besonders interessant ist diese Frage für das Kunstkollektiv LA54. Von 2006 | |
| bis 2012 nutzten die Kunstschaffenden diesen Teil der alten und | |
| weitläufigen Brauerei, die nach der Wende ihren Betrieb einstellte, als | |
| Atelier, Veranstaltungs- und teilweise auch Wohnort. Eigentlich hofften sie | |
| darauf, nach dem Umbau in das Gebäude zurückkehren zu können. | |
| Auch das Bezirksamt weiß nichts Aktuelleres: „Ob 10 Prozent des Geländes | |
| für nichtkommerzielle Nutzungen verbleiben, kann das Bezirksamt derzeit | |
| nicht beantworten, da für einige Flächen keine Nutzungsangaben vorlagen“, | |
| so Florian Schmidt, Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzbergs. „Es ist dem | |
| BA auch nicht bekannt, ob die Werkstätten für Kunsthandwerk als Flächen für | |
| nichtkommerzielle Nutzungen gedacht sind und ob diese dem Künstlerkollektiv | |
| LA54 angeboten werden.“ | |
| Die Künstler*innen suchten über die Jahre immer wieder das Gespräch mit dem | |
| Eigentümer, aber wenig erfolgreich. „Richtige Verhandlungen kann man das | |
| nicht nennen“, fasst LA54-Sprecher Gustav Kleinschmidt die wenigen | |
| Gespräche mit Investa-Vertretern zusammen. „Es gibt bisher nur mündliche | |
| Absprachen“, so Kleinschmidt, „es ist noch völlig unklar, ob Investa Kunst | |
| ansiedeln will.“ Auch eine weitere Zwischennutzung sei ihnen nicht gewährt | |
| worden, beklagt Kleinschmidt. | |
| ## Mehrere Eigentümerwechsel | |
| Nach dem Verkauf des Geländes 2011 plante der neue Eigentümer, das 3.000 | |
| Quadratmeter große Areal zu entwickeln. Kurz darauf musste das Kollektiv | |
| das Gelände aufgrund von Brandschutzmängeln verlassen. Nach einem weiteren | |
| Verkauf an den Investor Achatz von Oertzen verhandelte das Kollektiv über | |
| eine weitere Nutzung des Gebäudes. | |
| Nach Umsetzung der Brandschutzmaßnahmen sollte die Zwischennutzung | |
| fortgeführt und nach dem Umbau ein Teil des Gebäudes dem Kollektiv zum | |
| Selbstkostenpreis zur Verfügung gestellt werden. In Absprache mit dem | |
| Bezirksamt wurde ein neuer Bebauungsplan entwickelt, der auch Wohnungen und | |
| Kitas vorsah. Doch zu einer Umsetzung kam es nie. | |
| Stattdessen wechselte der Eigentümer etliche weitere Male, meist über | |
| steuervermeidende Share Deals. 2017 schließlich erwarb die Investa GmbH die | |
| Liegenschaft. Von alten Absprachen wollte Investa nichts wissen und kehrte | |
| lieber zu dem alten Bebauungsplan zurück, der vor allem gewerbliche | |
| Nutzungen wie Büros, Hotels und Gastronomie ermöglicht. | |
| Mit diversen künstlerischen Aktionen versucht das Kollektiv seit Jahren, | |
| auf das Problem des Leerstands aufmerksam zu machen. Zuletzt besetzten sie | |
| im Sommer 2019 Teile des Geländes, richteten Wohnungen für Obdachlose ein, | |
| errichteten ein Backsteinhaus im Hof und eine Kunstinstallation in der | |
| Bierhalle. Nach wenigen Tagen räumte die Polizei nach Aufforderung von | |
| Investa, allerdings ohne richterlichen Beschluss. | |
| ## Besetzung durch Künstler*innen | |
| Gegen die Räumung reichte Kleinschmidt Klage ein. Das Gericht kam in einer | |
| ersten Verhandlung im Oktober 2020 zu keinem Ergebnis und beraumte einen | |
| weiteren Termin an. Wann genau, steht aufgrund der Pandemie allerdings noch | |
| nicht fest. Kleinschmidt wertet das Ergebnis zumindest als Teilerfolg: „Wir | |
| hoffen, so für die Aufklärung von selbst ermächtigten Räumungen einen | |
| Beitrag zu leisten.“ | |
| Die Künstler*innen setzen indes ihr mit der Besetzung angefangenes Projekt | |
| auch ohne die Brauerei fort. In dem Projekt „Die Schlichthäuser“ errichten | |
| Mitglieder seit Anfang des Jahres mit auf der Straße lebenden Menschen | |
| zusammen einfache Häuser auf Rädern. In einigen setzten Kollektivmitglieder | |
| coronakonforme Kunstformate um, in anderen können obdachlose Menschen | |
| schlafen und wohnen. | |
| Dabei handelt es sich diesmal um ein offizielle angemeldetes und | |
| gefördertes Projekt. „Damit setzten wir uns weiterhin mit Stadtentwicklung, | |
| Obdachlosigkeit und Leerstand auseinander“, erklärt Kleinschmidt, „aber | |
| diesmal direkt auf der Straße.“ | |
| 16 Jan 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Jonas Wahmkow | |
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