| # taz.de -- Grüne Woche diesmal nur zwei Tage lang: Käsehäppchen digital ist… | |
| > Halle 21 in den Messehallen unterm Funkturm beherbergt ab Mittwoch nicht | |
| > die Agrarvielfalt Brandenburgs zur Grünen Woche. Hier wird geimpft. | |
| Bild: Bilder von der Blütenpracht auf der Grünen Wochen fallen 2021 aus (hier… | |
| Berlin taz | Wo früher die Spreewaldgurken mit Zahnstochern aufgespießt | |
| wurden, um genussvoll verzehrt zu werden, da wird dieser Tage in ganz | |
| anderer Weise gepikst. Die Halle 21 auf dem Messegelände unterm Funkturm | |
| beherbergt nämlich nicht wie sonst im Januar üblich die Agrarvielfalt des | |
| Landes Brandenburg, sondern eines der sechs Berliner Impfzentren, in denen | |
| die Rettungsspritzen gegen das Coronavirus verabreicht werden sollen. | |
| [1][Die Internationale Grüne Woche (IGW)], die weltgrößte Landwirtschafts- | |
| und Ernäherungsausstellung, ist in diesem Jahr abgesagt und wurde von der | |
| Messegesellschaft auf ein zweitägiges Digitalformat geschrumpft, das | |
| Mittwoch beginnt. | |
| Vor der Pandemie strömten jedes Jahr im Januar an zehn Tagen über 400.000 | |
| Menschen zur Berliner „Fressmesse“ und gaben dort im letzten Jahr 52 | |
| Millionen Euro für Bratwurst und internationale Häppchen aus. Nun ist | |
| Schmalhans Küchenmeister. Die landeseigene Messe Berlin stellte die | |
| wichtigsten Fach-Events wie die Internationale Agrarministerkonferenz GFFA | |
| oder die Landschau des deutschen Ernährungsministeriums auf Internetbetrieb | |
| um. „Aber die Käsehäppchen lassen sich leider nicht digitalisieren“, sagt | |
| Messesprecherin Britta Wolters. | |
| Der Ausfall der IGW ist auch für die Stadtökonomie ein herber Schlag. Zu | |
| jedem Euro, der auf der Grünen Woche umgesetzt wurde, addierten sich | |
| volkswirtschaftlich fünf weitere, die Berliner Hotels, Restaurants und | |
| Taxifahrer einnahmen. In diesem Jahr ist alles stillgestellt. | |
| Mit Digitalisierung soll zumindest ein Teil des früheren Betriebs gerettet | |
| werden. Das galt auch für den traditionellen Agrarprotest. Nur eine | |
| Minikundgebung vor der CDU-Zentrale und dem Kanzleramt wurde via Facebook | |
| gestreamt. | |
| ## Digitale Vernetzung hat Vorteile | |
| Wie sehr die digitale Vernetzung aber auch zum intensiven Austausch über | |
| eine andere Landwirtschaft und Ernährungspolitik genutzt werden kann, | |
| zeigte sich anschließend beim „Soup&Talk“, einem Aufwärm-Meeting, das son… | |
| nach der kalten Demo die Protestler in der Heinrich Böll Stiftung | |
| zusammenbringt. Diesmal fand die vierstündige Infoshow im Zoom-Universum | |
| statt. In den früheren Jahren war die Onlineschalte nur eine | |
| Ersatzkommunikation. Diesmal wuchs der Austausch zu einem Format neuer | |
| Intensität zusammen. | |
| Wie sehr die Digitalisierung unter Coronabedingungen auch die regionale | |
| Ernährungsszene beeinflusst, stellte am Dienstag Michael Wimmer, | |
| Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau | |
| Berlin-Brandenburg (FÖL), anhand neuer Marktzahlen dar. Nach Erhebungen | |
| seines Verbands hat sich der Umsatz im regionalen Naturkosthandel im | |
| Coronajahr 2020 um satte 23 Prozent gesteigert. Üblich sind sonst Zuwächse | |
| um die 10 Prozent. | |
| Die regionalen Bioläden und -ketten erzielten eine Umsatz von 715 Millionen | |
| Euro (2019: 580 Millionen). „Am größten war das Wachstum bei den regionalen | |
| Abokisten-Betrieben“, sagte Wimmer. Sie verzeichneten Umsatzzuwächse von | |
| durchschnittlich mehr als 60 Prozent. Bestellt werden die Obst- und | |
| Gemüsekisten überwiegend per Internet. „Die Digitalisierung nutzt an dieser | |
| Stelle vor allem den Biobetrieben“, sagte Wimmer. | |
| Der Biomarkt profitiert von Umsatzverschiebungen in der | |
| Außer-Haus-Verpflegung. „All jene Bevölkerungsgruppen, die in Kurzarbeit | |
| waren oder vermehrt im Homeoffice arbeiteten, verpflegten sich nicht mehr | |
| in Kantinen und Restaurants, sondern aßen mehr zu Hause und kauften | |
| selbstbestimmt deutlich mehr Bio ein, als es dem Bio-Anteil in der | |
| Außer-Haus-Verpflegung entspricht“, heißt es in der FÖL-Branchenanalyse. | |
| ## Verwaiste Brandenburg-Halle | |
| Zurück in die verwaiste Brandenburg-Halle der Grünen Woche, wo die FÖL ihre | |
| Jahresstatistik normalerweise vorgestellt hätte. Beim Ausbau der | |
| landwirtschaftlichen Flächen muss Brandenburg nämlich noch zulegen, wenn es | |
| bis zum Jahr 2024, dem Amtsende der jetzigen Landesregierung, die im | |
| Koalitionsvertrag vereinbarten 20 Prozent der Agrarfläche erreichen will. | |
| Derzeit liegt man knapp über 14 Prozent. | |
| Nach Schätzungen der FÖL müsste in den nächsten drei Jahren die Umstellung | |
| konventioneller Höfe auf Biobetrieb um jährlich 11 Prozent zulegen. Derzeit | |
| liegt die Umstellungsrate in Brandenburg bei etwas über 7 Prozent im Jahr. | |
| Der Bedarf an Bioprodukten aus der Region, vor allem im Absatzmarkt Berlin, | |
| ist weiterhin ungebrochen. Auch wenn die Brandenburg-Halle 21 auf der | |
| Grünen Woche für ein Jahr auf Abstand zu ihren Fans gehen muss. | |
| 20 Jan 2021 | |
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| [1] https://www.gruenewoche.de/DieMesse/DieGrueneWoche/ | |
| ## AUTOREN | |
| Manfred Ronzheimer | |
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