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# taz.de -- Urteil gegen Journalisten Can Dündar: 27 Jahre Haft
> Das Gericht spricht Dündar schuldig, Staatsgeheimnisse verraten zu haben.
> Der Ex-Chef von „Cumhuriyet“ habe eine Terrororganisation unterstützt.
Bild: Zum Glück in Deutschland und nicht im Knast: Journalist Can Dündar
Istanbul taz | Can Dündar, der frühere Chefredakteur der
regierungskritischen Zeitung Cumhuriyet, ist am Mittwoch in Istanbul zu
einer Haftstrafe von mehr als 27 Jahren verurteilt worden. Das Gericht
sprach ihn schuldig, Staatsgeheimnisse verraten zu haben und eine
Terrororganisation damit unterstützt zu haben. Da Can Dündar seit 2016 in
Deutschland lebt, wird er dem Gefängnis in der Türkei erst einmal entgehen.
Can Dündar gehört zu den bekanntesten und profiliertesten Journalisten,
Filmemachern und Schriftstellern der Türkei. Sein Zusammenstoß mit dem
türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan kam, nachdem er 2015 die
Chefredaktion von Cumhuriyet, der damals größten Oppositionszeitung des
Landes, übernommen hatte.
Im Mai 2015 veröffentlichte er gemeinsam mit dem damaligen
Cumhuriyet-Bürochef von Ankara, Erdem Gül, eine aufsehenerregende Reportage
über einen illegalen Waffentransport des türkischen Geheimdienstes, der an
islamistische Kämpfer in Syrien gehen sollte. Was die Geschichte so brisant
machte war, dass Dündar erstmals Fotos davon präsentieren konnte, wie der
Transport von Polizisten in der Türkei angehalten und der Inhalt der Kisten
offengelegt wurde.
Erdoğan war außer sich und drohte Dündar öffentlich, er werde dafür
bezahlen. Can Dündar wurde umgehend angeklagt und im November 2015 in
U-Haft gesperrt. Nach einer großen Solidaritätskampagne kamen er und Erdem
Gül drei Monate später wieder auf freien Fuß. In erster Instanz wurde er
dann 2016 zu mehr als fünf Jahren Haft verurteilt. Da war er aber schon
nicht mehr in der Türkei.
Als ein Rechtsradikaler in einer Prozesspause ein Attentat auf ihn verübte,
das nur knapp scheiterte, setzte sich Dündar ins Ausland ab und ging im
Juli 2016 nach Berlin. Währenddessen ging der Prozess gegen ihn in der
Türkei weiter. Nachdem die Staatsanwaltschaft das Urteil der ersten Instanz
angefochten hatte, [1][entschied der Oberste Gerichtshof 2018, Dündar müsse
auch wegen Spionage und Terrorunterstützung angeklagt werden].
## Seine Anwälte waren aus Protest nicht erschienen
Am Mittwochmorgen hat die Strafkammer in Istanbul nun geliefert. Ein
Urteil, auch in dieser Höhe, war erwartet worden, da der vorsitzende
Richter des Senats als williger Erfüllungsgehilfe der Regierung gilt. Seine
Anwälte hatten deshalb einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht
gestellt, der abgelehnt worden war. Aus Protest erschienen sie deshalb erst
gar nicht mehr zur Urteilsverkündung.
Vor einigen Monaten hatte das Gericht Dündar zur Fahndung ausgeschrieben
und [2][gleichzeitig angedroht, seinen Besitz in der Türkei zu
beschlagnahmen, wenn er nicht erscheine. Dündar verlor daraufhin seine
Wohnung in Istanbul]. Jahrelang war zuvor seine Frau in der Türkei
festgehalten worden, weil die Regierung hoffte, Dündar dadurch zu einer
Rückkehr bewegen zu können. Vor kurzem gelang jedoch auch Dilek Dündar die
Flucht nach Europa. Der gemeinsame Sohn des Paares lebt ebenfalls außerhalb
der Türkei.
Dündar ist auch von Berlin aus weiter als Journalist aktiv und betreibt
dort die Website Özgürüz (Wir sind frei), eine Plattform für eine kritische
Berichterstattung über die Türkei. Can Dündar wurde in Europa mehrfach
ausgezeichnet. Er ist der bekannteste türkische Emigrant in Berlin.
23 Dec 2020
## LINKS
[1] /Ex-Cumhuriyet-Chef-Can-Duendar/!5557139
[2] /Erdoans-Druckmittel/!5711268
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Schwerpunkt Can Dündar
Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Pressefreiheit in der Türkei
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Putsch
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