# taz.de -- NS-Kontinuitäten im Bundeskanzleramt: Corona verzögert Aufarbeitu… | |
> Drei Forschungsprojekte, die die NS-Belastung des Kanzleramts | |
> aufarbeiten, sollten eigentlich bereits abgeschlossen sein. Nun dauert es | |
> länger. | |
Bild: Kanzler Adenauer und sein Vertrauter Hans Globke, Staatssekretär im Kanz… | |
Berlin taz | Die Aufarbeitung nationalsozialistischer Kontinuitäten im | |
Bundeskanzleramt verzögert sich. Anders als geplant haben mehrere | |
Forschungsprojekte, mit denen im Auftrag der Bundesregierung die | |
Nachkriegsgeschichte dieser wichtigen politischen Schaltzentrale untersucht | |
wird, aufgrund der Coronakrise bislang noch nicht ihre Arbeit zu Ende | |
bringen können. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine | |
Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der taz vorliegt. | |
Eigentlich hätten die Forschungen des Münchner Instituts für Zeitgeschichte | |
(IfZ), des Potsdamer Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF) | |
und der Universität Siegen bis November zum Abschluss kommen sollen. Doch | |
die Auswirkungen der Coronapandemie hätten den vorgesehenen Ablauf | |
„erheblich beeinträchtigt“, heißt es in der Regierungsantwort. | |
Nach aktuellem Planungsstand sei nun „angestrebt“, die Forschungsprojekte | |
im kommenden Jahr zwischen Ende März und Ende September abzuschließen. Die | |
zentralen Ergebnisse würden dann voraussichtlich im Oktober 2021 im Rahmen | |
des Deutschen Historikertags in München vorgestellt. | |
Erst nach einem [1][längeren politischen Hin und Her] hatte sich die | |
Bundesregierung dazu durchringen können, die NS-Belastung des | |
Bundeskanzleramts sowie zentraler deutscher Behörden wissenschaftlich | |
aufarbeiten zu lassen. [2][Im August 2017 entschied] sie sich schließlich, | |
insgesamt zehn Forschungsprojekte mit rund 4 Millionen Euro zu fördern, | |
wovon sich drei explizit mit dem Kanzleramt beschäftigen: Das ZZF | |
untersucht dessen politischen Umgang mit der NS-Zeit, das IfZ die | |
Personalpolitik und NS-Bezüge, die Uni Siegen seine Kommunikationspraktiken | |
und Netzwerke. | |
## Adenauers Staatssekretär war vorbelastet | |
Zur Finanzierung der pandemiebedingten Projektlaufzeitverlängerungen stellt | |
die Regierung nun zusätzliche Bundesmittel von insgesamt bis zu 600.000 | |
Euro zur Verfügung. „Das Verfahren zur Bewilligung der jeweils von den | |
Forschungsprojekten beantragten zusätzlichen Fördermittel dauert noch an“, | |
heißt es in der Regierungsantwort auf die Linken-Anfrage. | |
Das Bundeskanzleramt wurde zwischen 1953 und 1963 [3][von Hans Josef Maria | |
Globke geleitet]. Konrad Adenauers mächtiger Staatssekretär, einst | |
Kommentator der Nürnberger Rassengesetze und bis 1945 in Hitlers | |
Reichsinnenministerium tätig, steht wie kein anderer für die Kontinuität | |
nationalsozialistischer Funktionseliten, die in Westdeutschland ihre | |
Karrieren fortsetzen konnten. | |
„Wenn man verstehen will, wie es dazu kam, dass in der frühen | |
Bundesrepublik ‚der große Frieden mit den Tätern‘ zu einem Fundament der | |
Staatsgründung wurde, dann kommt man um eine Aufarbeitung der Rolle des | |
Kanzleramts nicht herum“, sagt der Linksparteiabgeordnete Jan Korte. | |
„Deshalb bin ich gespannt, welche Ergebnisse die Forschungsprojekte im | |
kommenden Jahr vorlegen.“ | |
18 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] /NS-Kontinuitaeten-in-deutschen-Behoerden/!5331654 | |
[2] /Forschung-ueber-NS-Beamte-in-der-BRD/!5434015 | |
[3] /Vergangenheit-des-Bundeskanzleramtes/!5307339 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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