# taz.de -- Debatte um späteres Ruhestandsalter: Verkappte Rentenkürzung | |
> Immer wieder wird gefordert, dass ArbeitnehmerInnen länger arbeiten | |
> sollen. Dabei gibt es bessere Möglichkeiten, die Rente auf Dauer zu | |
> finanzieren. | |
Bild: Menschen, die körperlich arbeiten, erreichen weit vor 70 die Grenze, ab … | |
Die Forderung kommt so regelmäßig und erwartbar wie Ostern: | |
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert, [1][das Renteneintrittsalter zu | |
erhöhen]. Zuletzt war die Bundesbank dran; sie schlug das Anheben der | |
Altersgrenze auf knapp 70 Jahre vor. Richtig ist: Die Lebenserwartung | |
steigt, die geburtenstarken Jahrgänge werden in den nächsten Jahren in | |
Rente gehen – das treibt die Ausgaben der Rentenversicherung hoch. | |
Was liegt näher, so könnte man meinen, als am Rentenalter zu schrauben? Das | |
Problem ist, dass ein längeres Lebensalter nicht automatisch die Fähigkeit | |
verlängert, länger zu arbeiten. Bei praktisch allen Menschen, die | |
körperlich arbeiten, ist irgendwann die Grenze, ab der sie nicht mehr | |
können, erreicht, und diese Grenze liegt weit vor dem 70. Lebensjahr. Hinzu | |
kommen die psychischen Belastungen durch die zunehmende Verdichtung von | |
Arbeit in allen Branchen. | |
Die Rente mit 67 Jahren, die die SPD fast zerrissen hätte, ist längst | |
beschlossen. Für den gesellschaftlichen Frieden wäre es nicht schlecht, | |
diese Reform erst einmal sacken zu lassen. Mit jedem Geburtsjahr steigt die | |
Altersgrenze in Trippelschritten, erst im Jahr 2031 wird sie erreicht sein | |
– und sie bedeutet für viele de facto eine Rentenkürzung, weil sie schon | |
vorher ihren Beruf aufgeben müssen. | |
Es gibt andere Stellschrauben, mit der die Rente langfristig finanziert | |
werden kann. Der Bund schießt inzwischen jährlich um die 100 Milliarden | |
Euro zu. Explodiert ist der Beitrag aber nicht durch die normale Rente, | |
sondern durch teure Wahlgeschenke wie die „Rente mit 63“, von der in | |
Wirklichkeit nur eine relativ kleine Bevölkerungsgruppe profitiert – | |
nämlich BeitragszahlerInnen, die bestimmten Jahrgängen angehören und | |
mindestens 45 Jahre eingezahlt haben. Der Anteil für die Standardrente | |
dagegen ist prozentual gleich geblieben. Wenn nötig, sollte der Bund hier | |
mehr Geld zuschießen. | |
Es sollte auch kein Tabu sein, den Rentenbeitrag zu erhöhen, der vom Gehalt | |
abgeht und bislang aus politischen Gründen gedeckelt ist – [2][auch um die | |
teure und ineffiziente Riester-Rente zu ermöglichen], an der sich die | |
Arbeitgeber, anders als bei der gesetzlichen Rente, mit keinem Cent | |
beteiligen. Es ist besser, während des Arbeitslebens mehr in die Rente | |
einzuzahlen, als sich im Alter bis zur Ziellinie zu schleppen. | |
5 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/bda-praesident-dulger-spaeterer-rent… | |
[2] /SPD-und-die-Rentenreform/!5528315 | |
## AUTOREN | |
Gunnar Hinck | |
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