# taz.de -- Innenminister beenden Abschiebestopp: Syrien ist ein Folterstaat | |
> Die Innenminister der Union lassen rechtsstaatliche Standards fallen. In | |
> ein Land, wo Folter und Willkür drohen, darf nicht abgeschoben werden. | |
Bild: Davon wollen die Innenminister der CDU nichts wissen: Protest gegen den D… | |
Syrien ist ein Folterstaat. Und dennoch [1][haben die Innenminister den | |
Stopp der Abschiebungen dorthin bei ihrer Konferenz am Donnerstag nicht | |
verlängert]. Er wird also Ende des Monats auslaufen. Danach kann wieder im | |
Einzelfall geprüft werden, ob eine Abschiebung möglich ist. In ein Land, in | |
dem selbst nach Angaben des Auswärtigen Amtes „weitreichende systematische | |
Willkür bis hin zu vollständiger Rechtlosigkeit“ herrscht und in dem es in | |
allen Regionen weiterhin zu „massiven Menschenrechtsverletzungen durch | |
verschiedene Akteure“ kommt. | |
Die [2][Innenminister der Union], die die Verlängerung des Abschiebestopps | |
verhindert haben, lassen damit rechtsstaatliche Standards fallen. In ein | |
Land, wo Folter und Gefahr für Leib und Leben drohen, darf nicht | |
abgeschoben werden. Das gilt für alle Menschen, auch für islamistische | |
Gefährder oder Straftäter. | |
Deshalb ist es auch höchst unwahrscheinlich, dass es derzeit wirklich zu | |
Abschiebungen nach Syrien kommt. Gerichte würden solche Versuche wohl | |
kassieren. Auch sind Abschiebungen ganz praktisch unrealistisch, weil | |
Deutschland in Syrien aus gutem Grund keine diplomatische Vertretung hat, | |
es weder einen offiziellen Austausch mit dem Assad-Regime noch Direktflüge | |
gibt. Was die Union da treibt, ist daher vor allem eins: Populismus. Kurz | |
vor Beginn eines Superwahljahres blinkt sie nach rechts. Das lässt für 2021 | |
nichts Gutes erwarten. | |
Trotz aller Abschiebe-Hindernisse sendet die Entscheidung das fatale | |
Signal, dass man im Zweifelsfall auch bereit wäre, mit dem Assad-Regime | |
gemeinsame Sache zu machen. Denn ohne Zusammenarbeit mit der Regierung vor | |
Ort sind Abschiebungen nun einmal nicht möglich. | |
Die Innenminister von CSU und CDU sollten einmal den [3][Al-Khatib-Prozess | |
vor dem Koblenzer Oberlandesgericht] besuchen, wo sich zwei Mitarbeiter des | |
Assad-Regimes wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten | |
müssen. Dort berichten Folterüberlebende, wie sie im Gefängnis geschlagen, | |
getreten und vergewaltigt wurden, wie sie, an den Händen aufgehängt, von | |
der Decke hingen, mit Elektroschocks malträtiert wurden. Fotos von in Haft | |
Verstorbenen zeigen Menschen, die man verhungern ließ. Und ein Totengräber | |
beschrieb, wie die Leichen – staatlich organisiert – in riesigen | |
Massengräbern verscharrt wurden. | |
An fast jedem Prozesstag werden Belege dafür eingebracht, dass das | |
Assad-Regime nicht nur im Einzelfall foltern lässt, sondern dass die | |
Misshandlungen systematisch angewendet wird. Assad ist weiter im Amt, seine | |
Methoden haben sich nicht verändert. In ein solches Land darf Deutschland | |
nicht abschieben, mit einem solchen Regime darf es keine Zusammenarbeit | |
geben. | |
11 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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