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# taz.de -- Medienkonsum am rechten Rand: Dieselben News, anders gedreht
> Woher bekommen Rechte, Aluhüte und sonstige Spinnende so ihre
> Nachrichten? Na, aus den klassischen Medien, genau wie alle anderen auch.
Bild: Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung, November 2…
Allgemeingültigkeit ist immer der Fehlschluss von sich auf andere. Da wäre
zum Beispiel die These, dass alle Rechten/Aluhüte/sonstigen Spinnenden in
ihrer [1][Filterblase] gefangen seien: bestens umsorgt von den eigenen,
„alternativen“ Medien. Und deshalb: Kannste nix machen, kommste eh nich
ran. Eine Untersuchung des hessischen Landesamts für Verfassungsschutz
(LfV) legt jetzt aber nahe, dass sogenannte alternative Medien für
Rechtsextremisten eine geringere Bedeutung haben als bislang angenommen.
Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass Rechtsextreme die als
„Lügenpresse“ diffamierten Medien wahrnähmen und sogar brauchten. Ach guc…
Die Szene lese dasselbe politische Tagesgeschehen, bediene sich aber
Mechanismen, um es in ihrem Sinn darzustellen. Man hat dafür Facebook- und
Twitter-Profile bundesweit wichtiger rechtsextremistischer Gruppen und
Einzelakteure ausgewertet. Nur knapp ein Viertel der untersuchten Posts und
Tweets stammten aus „alternativen“ Medien. In mehr als drei Vierteln aller
Fälle liefern also klassische Medien das „Argumentationsmaterial“.
Die geposteten Artikel seien für sich genommen überhaupt nicht
rechtsextremistisch, würden aber „in einer Art und Weise präsentiert, die
sich nahtlos in ein rechtsextremistisches Weltbild einfügt“, sagt
Ann-Christin Wegener. Wegener leitet beim LfV Hessen die – Achtung,
einatmen – „Phänomenbereichsübergreifende wissenschaftliche Analysestelle
Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit“, kurz PAAF.
Fast wäre es bequemer, bei der Idee von der Filterblase zu bleiben. Passt
aber leider nicht, weshalb auch die klassischen Medien nicht aus ihrer
Verantwortung entlassen werden können. Natürlich können sich Medien nicht
davor schützen, dass man ihre Inhalte aus dem Zusammenhang reißt, verdreht
und dann phänomenbereichsübergreifendend missbraucht. Sie sollten sich
diese Möglichkeit aber stärker vor Augen führen.
## Bitte auf dem Teppich bleiben
Die wesentliche Frage ist, welchem Affen man mit welcher Berichterstattung,
Kommentierung und/oder emotionaler Zuspitzung da eigentlich Zucker gibt.
Denn letztlich geht es allen Rechten/Aluhüten/sonstigen Spinnenden immer
nur um eins: maximale Aufmerksamkeit.
Heißt: Wir brauchen nicht gleich den nationalen Notstand ausrufen, nebst
Ansprache des Bundespräsidenten, wenn Kleingruppen versuchen, in einer
sitzungsfreien Woche in den Reichstag zu latschen. Symbole hin oder Werte
her, wir sollten auf dem Teppich bleiben. Wer sich dadurch um seine
wohlig-schauernde Dystopie gebracht sieht, kann ja [2][Oswald Spenglers
„Untergang des Abendlandes“] lesen. Von dem stammt übrigens auch der erste
Satz.
10 Dec 2020
## LINKS
[1] /Erkenntnisse-ueber-Medienkonsum/!5658246
[2] /Aufwachsen-mit-Neonazis/!5574695
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
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