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# taz.de -- EU-Brexit-Gespräche: Einig über die Uneinigkeit
> Die Verhandlungen zum Brexit-Handelsabkommen bleiben zäh. Boris Johnson
> und Ursula von der Leyen beraten über den Verhandlungsablauf.
Bild: Neue Runde für den Chefunterhändler der Europäischen Union für den Br…
London taz | Gebannt warteten vor allem Menschen im Vereinigten Königreich,
aber auch in Irland und verschiedenen EU-Staaten auf den weißen Rauch. Der
sollte aus den Verhandlungsräumen aufsteigen, in denen die EU und
Großbritannien in London tagten. Doch statt einem habemus contractus kamen
Tweets und Erklärungen von den beiden Hauptverhändlern, Michel Barnier und
Lord David Frost, bezüglich einer Übereinstimmung anderer Art: Die beiden
verkündeten, dass „nach einer Woche intensiver Verhandlungen in London, die
Hauptverhändler sich einig waren, dass die Bedingungen für ein
Übereinkommen aufgrund signifikanter Divergenzen über die
Wettbewerbsgleichheit, Regierungsgewalten und [1][Fischereirechten] nicht
erreicht werden konnte.“
Man hätte sich deswegen des Weiteren über eine Verhandlungspause geeinigt,
um den jeweiligen Vorsitzenden über den Verhandlungsgang berichten zu
können. Diese Zuständigen, unter den Vertreter*innen der EU ist das vor
allem Unionspräsidentin Ursula van der Leyen und auf britischer Seite Boris
Johnson, wollten sich noch am Samstagnachmittag treffen, um per Telefonat
oder Videokonferenz den Verhandlungsablauf zu diskutieren.
Inzwischen wurden auch Einzelheiten darüber bekannt, woran es bei den
Verhandlungen genau gehapert haben soll. So soll die EU eine zehn Jahre
lange Übergangsperiode für den Zugang zu britischen Fischereigewässer
verlangt haben. Die EU hätte Großbritannien in den britischen Gewässern nur
18 Prozent Rückgang der EU-Fischerei eingestanden und soll kurz vor
Verhandlungsende sogar vorläufigen uneingeschränkten Zugang zu allen
britischen Gewässern gefordert haben. Großbritannien beabsichtigte hingegen
eine kürzere Übergangsperiode und die Kontrolle von 60 Prozent über die
eigenen Fischressourcen.
Auch soll über Strafzölle für britischen Export gesprochen worden sein, im
Fall, dass Großbritannien EU-Umwelt- und -Arbeitsregeln untergräbt. Ein
weiterer Streitpunkt scheinen neue Forderungen gewesen zu sein, in denen
die EU weniger strikte Subventionsregeln als Großbritannien einhalten
dürfe. Die Reaktion des Vereinigten Königreichs darauf war wenig charmant.
Laut einem in den britischen Medien viel zitierten hohen britischen
Regierungssprecher sei dies ein „lachhaftes und inakzeptables Angebot“
gewesen. „Wenn die glauben, dass wir dem einfach klein beigeben werden,
dann haben sie sich massivst verkalkuliert“, hieß es weiter.
## Die Zeit wird knapp
Die Finger zeigen jedoch vor allem auf Frankreichs Präsident Macron. Das
konnte aus einem Europe-1-Radiointerview mit Frankreichs Minister für
europäische Angelegenheiten, Clement Beaune, geschlossen werden, in dem
dieser angab, dass „wenn es ein Übereinkommen gäbe, welches nicht gut für
Frankreichs Interessen sei, sich Frankreich dem gegenüber widersetzten
würde.“ Frankreich würde also Gebrauch seines Vetorechtes machen, wenn die
EU-Staaten über einen verhandelten Vertrag abstimmen.
Ein Sprecher aus 10 Downing Street erklärte zur Situation, dass die Zeit
nun knapp sei. „Wir befinden uns an einem sehr schwierigen Punkt in den
Gesprächen. Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir keinem Abkommen
zustimmen können, das nicht unsere fundamentalen Grundsätzen der
Souveränität, und der Wiederetablierung der Kontrolle gleichkommt.“ Dabei
meinte der Sprecher, wie er weiter ausführte, „Kontrolle über unsere
Grenzen, ein robustes prinzipientreues System der Subventionskontrolle, und
Kontrolle über unsere Fischgewässer.“
Derweilen steigt der Druck auf Präsident Macron innerhalb der EU. Der
Sprecher der Bundesregierung Steffen Seibert forderte beispielsweise
Kompromissbereitschaft, während Irlands Premier Michael Martin „inbrünstig
auf ein Übereinkommen im Interesse aller, insbesondere angesichts den
Folgen von Covid-19“ hoffte. Charles Michel, der Präsident des Europäischen
Rates, warnte Großbritannien, dass das Übereinkommen von allen EU-Staaten
angenommen werden müsse, und hoffte auf ein Übereinkommen bis zum
Europagipfel am Donnerstag.
Die EU und Großbritannien haben [2][bis zum 31. Dezember Zeit], ein
Abkommen abzuschließen. Sollte dies nicht geschehen, müssen beide ab dem 1.
Januar zu den Basisregeln der Welthandelsorganisation miteinander handeln.
Weil dazwischen die Weihnachtsfeiertage liegen, bleibt womöglich nicht viel
Zeit für die Formalitäten nach einem Abkommen.
5 Dec 2020
## LINKS
[1] /Streit-zwischen-Grossbritannien-und-EU/!5720280
[2] /Brexit-und-EU/!5718510
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
Eric Bonse
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