Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Impfstoffzulassung in Großbritannien: Britain first
> In Großbritannien wird ab nächster Woche geimpft, das erste Vakzin gegen
> Covid-19 ist dort genehmigt. Alles sei sicher.
Bild: Der britische Gesundheitsminister Hancock ist überzeugt, dass die Zeiten…
Berlin taz | Die britische Zulassungsbehörde MHRA hat dem neuartigen
mRNA-Impfstoff BNT162b2 des deutschen Unternehmens Biontech und des
US-amerikanischen Logistik- und Produktionspartners Pfizer [1][eine
Notfallzulassung erteilt]. Damit ist Großbritannien das erste Land, das
einen Impfstoff gegen Corona nach einer unabhängigen wissenschaftlichen
Prüfung zulässt.
800.000 Dosen sollen bereits kommende Woche in Flugzeugen und Lkws von der
Endproduktion im belgischen Puurs auf die Insel geschafft werden, „mehrere
Millionen Dosen“ bis zum Ende des Jahres, sagte Premier Boris Johnson. Als
weltweit erstes Land wendet Großbritannien einen Impfstoff auf Basis der
neuen mRNA-Technologie massenhaft an. Die britische Insel ist weltweit
[2][mit am stärksten von der Coronapandemie betroffen]. Bisher starben hier
auf die Bevölkerung umgerechnet mehr als viermal so viele Menschen an oder
mit dem Virus als in Deutschland.
In der EU wird über eine Zulassung des in Deutschland entwickelten
Impfstoffs wahrscheinlich erst nach Silvester entschieden: Spätestens am
29. Dezember will die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA ihre Empfehlung
dazu aussprechen, die EU-Kommission genehmigt dann formal. Der Zeitplan
könne sich aber auch noch ändern, sagte EMA-Chefin Emer Cooke, die damit
eine schnellere Zulassung andeutet.
Man sei sich „der riesigen Verantwortung nur allzu bewusst, unsere
Beurteilung und Empfehlungen korrekt zu erstellen“, so Cooke. Aus dem
deutschen Gesundheitsministerium heißt es, es gebe keine Sorge, dass durch
die schnelle Zulassung in Großbritannien nicht mehr genug Impfstoff für
Deutschland vorhanden ist. Denn bis Ende des Jahres sollen bereits 50
Millionen Dosen produziert sein, bis Ende 2021 mehr als 1,3 Milliarden.
EU-Austritt ermöglicht britischen Coup
Den Briten ist mit der Notfallzulassung ein echter Coup gelungen, der zwei
Gründe hat und zum Teil dem britischen Eigenwillen zuzuschreiben ist: Schon
während seiner EU-Mitgliedschaft, die noch bis Ende Dezember im
Übergangsstadium läuft, genoss Großbritannien wie andere EU-Mitgliedstaaten
das Recht, unter dringlichen Umständen wie einer Pandemie per
Notfallverfahren zeitweise Medikamente zuzulassen. Ungarn will diesen Weg
ebenfalls gehen und den bisher nicht nach internationalen Standards
erprobten russischen Impfstoff Sputnik V verwenden.
Die Zulassung in Großbritannien erfolgte ohne Absprache mit der EMA,
schreibt diese auf Anfrage. Seit Februar hat sich Großbritannien
vollständig aus ihren Gremien zurückgezogen. Das ermöglichte der
zuständigen britischen Behörde MHRA einen regulatorischen Kniff: Sie
wertete bereits seit 23. November die Daten aus der dritten, entscheidenden
klinischen Stufe des Biontech-Vakzins aus. Das zeigt der Zeitplan, den die
britische Behörde veröffentlichte.
Zwar wertet auch die EMA seit 6. Oktober klinische Daten aus, doch offenbar
ist sie bei der Begutachtung der Pakete aus der entscheidenden klinischen
Studie mit rund 44.000 Proband*innen schlicht deutlich langsamer als die
Briten. Dort habe man „Tag und Nacht“ gearbeitet, um die Ergebnisse zu
begutachten, hieß es auf einer Pressekonferenz.
June Raine, Chefin der MHRA, beteuerte mehrfach, dass es keine Abstriche
bei der Sicherheit des Impfstoffes gegeben habe. „Wir haben alle Daten
ausgewertet, inklusive der Rohdaten der klinischen Studien“, sagte sie. Wie
bei der Arzneimittelzulassung üblich, habe die MHRA auch den
Produktionsprozess überwacht. Sie bestätigte als erste Zulassungsbehörde,
dass das Vakzin 95 Prozent der Geimpften schützt, inklusive der Älteren.
Nebenwirkungen seien nur minimal zu beobachten – insgesamt gebe es
„überwältigende Vorteile“ durch die Impfungen.
Ab Ostern sollen bessere Zeiten kommen
Weil zunächst nicht genug Impfstoff vorhanden ist, um die allgemeinen
Ausbreitung des Coronavirus zu unterbinden, will Großbritannien nun zuerst
diejenigen schützen, die am stärksten von einer Covid-19-Erkrankung mit
Todesfolge bedroht sind. Laut der Impfbehörde des Landes werden zunächst
Bewohner*innen von Pflegeheimen und ihre Pfleger*innen geimpft,
anschließend alle Menschen über 80, medizinisches und Pflegepersonal,
Menschen über 70, dann Menschen mit Herz-Kreislauf-Störungen, Diabetes,
Herzkrankheiten, Krebs, aber auch Menschen mit Downsyndrom und schweren
Lernstörungen. Sukzessive folgen immer Jüngere.
Ein Netzwerk von 50 britischen Krankenhäusern steht bereit, um die ersten
Impfungen ab nächster Woche durchzuführen. Auch Personal anderer Bereiche,
wie etwa Physiotherapeut*innen, will man für die Impfungen rekrutieren.
Auch Hausärzte*innen und Apotheker*innen sollen mithelfen. Der
britische Gesundheitsminister Matt Hancock will zudem Impfzentren
aufstellen lassen, die Armee soll Ausstellungshallen und Sportstadien
umwandeln. Ab Ostern werde es in Großbritannien bessere Zeiten geben, sagte
Hancock.
2 Dec 2020
## LINKS
[1] /Coronavakzin-im-Vereinigten-Koenigreich-zugelassen/!5734737
[2] /Corona-in-Grossbritannien/!5713958
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
Ingo Arzt
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Großbritannien
Europäische Union
Schwerpunkt Brexit
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Brexit
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Brexit
Schwerpunkt Coronavirus
Großbritannien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Corona in Großbritannien: Vierte Stufe zum Vierten Advent
Die britische Regierung verhängt wegen der Virusmutation schärfere
Coronamaßnahmen über weite Teile Englands. Viele Menschen reisen trotz
Verbots.
Corona-Impfungen in Großbritannien: Vereinigtes Königreich feiert „V-Day“
Nach Impfstoff-Zulassung im Eiltempo: Als erstes Land der Welt startet
Großbritannien Massenimpfungen gegen Covid-19.
EU-Brexit-Gespräche: Einig über die Uneinigkeit
Die Verhandlungen zum Brexit-Handelsabkommen bleiben zäh. Boris Johnson und
Ursula von der Leyen beraten über den Verhandlungsablauf.
Impfstoff nur für Industrieländer: Reiche first
Reiche Länder haben sich die meisten Impfstoffdosen gesichert. Arme Länder
müssen warten. Schlau ist das auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht.
Aktuelle Entwicklungen in der Coronakrise: Neue Höchststände in den USA
Weltweit haben sich mehr als 64,57 Millionen Menschen mit dem Coronavirus
angesteckt. Die meisten Infektionen verzeichnen weiterhin die USA. Die
aktuelle Lage.
Covid-Impfungen in Großbritannien: God save the vaccine
Die Briten können bald mit den Covid-Impfungen beginnen – und die EU muss
sich fragen lassen, warum ihre Zulassungsbehörde so langsam arbeitet.
Von HIV für Corona lernen: Leben mit dem Virus
Die Infektionskrankheiten Covid und Aids lassen sich kaum vergleichen. Doch
der Kampf gegen Corona wäre deutlich schwerer, hätte es HIV nicht gegeben.
Haushaltsplanung 2021: Es regnet Geld in Großbritannien
London steigert die Staatsausgaben deutlich – vor allem für Infrastruktur
und Gesundheit. Gespart wird in der Entwicklungszusammenarbeit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.