# taz.de -- Verhältnis von Polizei und Medien: Leben sie in derselben Republik? | |
> Der deutsche Presserat hat eine Aktualisierung der „Spielregeln“ zwischen | |
> Polizei und Medien vorgelegt. Ein Jammer, dass das nötig ist. | |
Bild: Polizeieinsatz in Berlin | |
Die Beziehung von Medien und Polizei ist kompliziert. Deshalb gibt es die | |
„Verhaltensgrundsätze für Medien und Polizei zur Vermeidung von | |
Behinderungen bei der Durchführung polizeilicher Aufgaben und der freien | |
Ausübung der Berichterstattung“. Das ist deswegen so bürokratisch | |
formuliert, weil die Innenminister*innen der Länder als – Achtung, | |
Genderfalle – oberster Dienstherr der Polizei alles absegnen müssen. | |
Jetzt hat der [1][Deutsche Presserat], der bei diesen Verhaltensgrundsätzen | |
die Medienseite vertritt, eine Aktualisierung vorgelegt. Denn das Ganze ist | |
noch auf dem Stand der mittleren 1990er Jahre – und somit überholt. | |
Kommende Woche tagen die Innenminister*innen der Länder. Sie beraten | |
hoffentlich über das neue Papier, das zeigt, wie verfahren die Lage ist. | |
In der Fassung von 1993 heißt es nämlich, beide Seiten könnten schon mal | |
aneinanderrasseln und da sollen eben die gemeinsamen Spielregeln helfen. In | |
der aktualisierten Fassung steht jetzt: Die Polizei „berücksichtigt, dass | |
Journalistinnen und Journalisten und andere Medienschaffende einen durch | |
Artikel 5 des Grundgesetzes […] verbürgten Anspruch auf staatlichen Schutz | |
der freien Berichterstattung und Information haben und die Presse- und | |
Rundfunkfreiheit auch in ihrer praktischen Umsetzung für die | |
freiheitlich-demokratische Grundordnung wesentlich und unentbehrlich ist“. | |
In was für einer Republik leben wir eigentlich, dass so etwas ausdrücklich | |
aufgeschrieben werden muss? Leider in einer, bei der mittlerweile nach fast | |
jeder Coronademo Medienmenschen von Übergriffen der Demonstrierenden auf | |
sie [2][und von mangelnder Unterstützung durch die Polizei berichten]. Und | |
das reicht vom fehlenden Verständnis für die Rolle der Medien bis zur | |
krassen Behinderung der journalistischen Arbeit. | |
Deswegen steht im Neuentwurf jetzt auch ein Passus, dass die Polizei „den | |
persönlichen Schutz der Medienschaffenden vor Bedrohung und körperlichen | |
Angriffen“ zu gewährleisten und „die freie Berichterstattung“ zu sichern | |
habe. Sollte das tatsächlich nicht mehr selbstverständlich sein? Zumindest | |
einige Beispiele der letzten Wochen weisen darauf hin – [3][in Sachsen], | |
Berlin und anderswo. | |
Früher hieß es im Kinderreim „Eins, zwei, Polizei / Drei vier, Grenadier / | |
Fünf, sechs, alte Hex / Sieben, acht, gute Nacht“. Damit „gute Nacht“ ni… | |
länger das Verhältnis von Polizei und Medien beschreibt, sei noch ein Satz | |
zitiert. Er steht so im alten wie im neuen Grundsatzpapier des Presserats: | |
„Unmittelbare Gespräche sind erfahrungsgemäß geeignet, Missverständnissen | |
vorzubeugen.“ In diesem Sinne ab in die Eckkneipe oder zu Aschingers oder | |
wie das heute heißt. Klappt bei „Babylon Berlin“ und Gereon Rath doch auch. | |
3 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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