| # taz.de -- Ausstellung „Schaufenster“ in Berlin: Kein Ende ohne neuen Anfa… | |
| > Die neue Ausstellungsserie „Schaufenster“ hat im Berliner Kunstverein Ost | |
| > begonnen. Sie zeigt Künstler:innen und ihre Ängste in Zeiten des | |
| > Umbruchs. | |
| Bild: Alles verändert sich: Videostill aus Nina Kurtelas Arbeit Transformance,… | |
| Kunst kann auch unter den Bedingungen einer Pandemie mehr sein als eine | |
| weitere Videokonferenz. Die wichtige persönliche Nähe zum Werk lässt sich | |
| gegenwärtig im [1][KVOST (Kunstverein Ost)] ausgerechnet anhand von | |
| Videokunst erleben – selbstverständlich unter Einhaltung aller gebotenen | |
| Regeln. Im Schaufenster der Ausstellungsräume des Kunstvereins Ost an der | |
| Leipziger Straße in Berlin sind die Videoarbeit „Tranceformance“ der | |
| Kroatin Nina Kurtela und die Neoninstallation „The End of the Circle“ des | |
| Bulgaren Vikenti Komitski zu sehen. Eine sichere Art der Kunstbetrachtung | |
| und zugleich Auftakt der Reihe „SchauFenster“. | |
| Ursprünglich war eine weitere Videoperformance vorgesehen. Das kuratierende | |
| Team Nathalie Hoyos und Rainald Schumacher hat sich aber zusammen mit dem | |
| KVOST-Vorsitzenden Stephan Koal dazu entschlossen, „The World Looks so Much | |
| Better from Above“ von Honorata Martin aus Gdansk nicht im Fenster laufen | |
| zu lassen. | |
| Wie in allen Arbeiten der Ausstellung geht es auch bei ihr um Unsicherheit | |
| und Ängste in einer Zeit, in der sich viele dem Umbruch ihrer vertrauten | |
| Lebenswirklichkeit ausgesetzt sehen. In ihrer Videoperformance steht | |
| Honorata Martin an der Dachkante eines Hochhauses. Sie ist bereits zu weit | |
| darüber hinaus nach vorn geneigt, um sich aus eigener Kraft noch auf die | |
| rettende Plattform zurückbewegen zu können. | |
| Vorm wahrscheinlich tödlichen Sturz in die Tiefe bewahrt sie lediglich noch | |
| ein nicht im Bild sichtbarer Freund, der sie mit der linken Hand an ihrem | |
| Pferdeschwanz hält. Eine existenzialistische Situation, in der es nur noch | |
| das Sein oder das Nichts für sie gibt. | |
| ## Alles ändert sich | |
| Inmitten der Hochhausarchitektur der Leipziger Straße und in der dieses | |
| Jahr für viele besonders einsamen Weihnachtszeit kann das für manche | |
| Betrachtende eine bedrohliche psychische Belastung bedeuten. Das Video wird | |
| daher lediglich auf einem Plakat angekündigt und ein Link angeboten. So | |
| können Betrachtende selbst entscheiden, ob und in welcher Umgebung sie sich | |
| diese starke Arbeit ansehen möchten. | |
| Nina Kurtela steht in ihrem Video auf vergleichsweise sicherem Grund still. | |
| Untypisch für sie, die eigentlich aus dem Tanz kommt. Bewegung überlässt | |
| sie in „Transformance“ anderen. Über fünf Monate hinweg hat sie sich | |
| täglich in den Weddinger Uferstudios fotografiert, die währenddessen um sie | |
| herum von Werkstätten der BVG zum heutigen Kulturstandort und Zentrum für | |
| zeitgenössischen Tanz umgebaut wurden. | |
| Ihr zuzusehen, wie sich die Welt um sie herum unaufhaltsam und drastisch | |
| verändert, ohne dass sie selbst Einfluss zu haben scheint, ist nicht nur | |
| für Kunstschaffende in diesem seltsamen Jahr 2020 ein Sinnbild. | |
| Es sind viele, wenn nicht die meisten, deren Umgebung sich gerade | |
| grundlegend umgestaltet. Sie werden sich an wandelnde Arbeitswelten | |
| gewöhnen müssen, an digital vermittelte Kontakte auch im Privaten und an | |
| einen Lebensstil, der sich wohl auch langfristig verändern wird. | |
| ## Leben ohne Sicherheit | |
| Alle in der Kultur Beschäftigten sind davon besonders stark betroffen und | |
| rücken jetzt, da es um ihre Existenz geht, in den Blickpunkt der | |
| Öffentlichkeit. Viele von ihnen lebten unterdessen auch schon vor der | |
| Pandemie in prekären Verhältnissen und ohne Sicherheit. Die zwiespältige | |
| Avantgarde-Situation, in der sie sich damit befanden und befinden, wird nun | |
| wohl für viele nachvollziehbar. | |
| Der Titel „The End of the Circle“, den Vikenti Komitski seiner Installation | |
| aus Neonröhren gegeben hat, kann da deprimierend wirken. Ebenso kann er | |
| aber auch nach Hoffnung und Aufbruch klingen. Komitski hat die Buchstaben | |
| des titelgebenden Satzes in einen Kreis gefügt, der sich wie eine Schlange | |
| in den Schwanz zu beißen scheint. Wo es ein Ende in einem unaufhaltbar | |
| scheinenden Vorgang gibt, muss es auch einen Anfang geben. | |
| Die drei Arbeiten stellen den Anfang einer Reihe im SchauFenster des KVOST | |
| dar. Zwar waren sie unter dem Eindruck der aufkommenden C-Krise | |
| zusammengestellt worden, die Art der Präsentation von Kunst ohne die | |
| Hemmschwelle, eine Galerie zu betreten, wird aber zu den Dingen gehören, | |
| die nach der Krise bleiben. | |
| 18 Dec 2020 | |
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| [1] /Ausstellung-in-Berlin/!5716121 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Bykowski | |
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