| # taz.de -- Onlinetool zur Fahrrad-Infrastruktur: Noch nicht alles abgehakt | |
| > Ab sofort lässt sich per Online-Projektkarte verfolgen, wie der Umbau der | |
| > Radinfrastruktur vonstatten geht. Das zeigt aber auch die großen Lücken. | |
| Bild: Ob temporär oder für immer – die Projektkarte zeigt's | |
| Beim BER war es leicht: Die (Nicht-)Fertigstellung des Großflughafens | |
| konnte man einigermaßen leicht im Blick behalten, zumindest räumlich. Bei | |
| einem anderen Großprojekt ist das nicht so einfach: Der Umbau der Berliner | |
| Fahrradinfrastruktur, festgelegt vom Mobilitätsgesetz im Jahr 2018, findet | |
| auf der gesamten Fläche des Landes statt, und das in ganz unterschiedlichen | |
| Geschwindigkeiten. Während an der einen Stelle schon geschützte Radstreifen | |
| entstehen, muss man anderswo lange suchen, um mal ein bisschen frische | |
| Farbe auf dem Asphalt zu finden. | |
| Überschaubarer soll das jetzt eine [1][Online-Projektkarte der | |
| landeseigenen infraVelo GmbH] machen. Die führt im Auftrag der | |
| Senatsverkehrsverwaltung bestimmte Maßnahmen selbst aus und stellt sie für | |
| Beteiligte und Interessierte schon länger auf ihrer Webseite vor. Neu ist | |
| nun, dass auch alle von den Bezirken umgesetzten Vorhaben dort abrufbar | |
| sind. Insgesamt 244 Projekte an 431 Standorten in unterschiedlichen Stadien | |
| der Planung und Fertigstellung verzeichnet das Tool derzeit, es sollen aber | |
| noch mehr werden: „Die Datenerfassung läuft noch“, teilte die | |
| Verkehrsverwaltung mit. | |
| Die zentrale Sammlung, Aufbereitung und Pflege der Daten übernimmt die | |
| infraVelo, die Bezirke stellen ihr die Informationen in standardisierter | |
| Form zur Verfügung. Bald sollen sie diese auch selbst in die cloudbasierte | |
| Datenbank einpflegen können. Die Neuerung sorge „für Transparenz, | |
| erleichtert die Kooperation der Beteiligten und gibt einen gesamthaften | |
| Überblick über die Modernisierungsvorhaben für ein fahrradfreundliches | |
| Berlin“, freute sich Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne). | |
| Tatsächlich ist der Überblick spannend. Die auf dem digitalen Stadtplan | |
| eingetragenen Projekte werden beschrieben, Trägerin und Bauherr, | |
| Planungsbüros und Bauunternehmen sowie die groben Zeitabläufe sind | |
| aufgelistet. Wer genauer hinsieht, erkennt aber schnell, dass viele der 431 | |
| Einzelpunkte mehr versprechen, als sie halten können. | |
| So gehört ein großer Teil davon zu einem umfangreichen Bündel von | |
| „Standort- und Potenzialanalysen“, die den Bedarf von Abstellanlagen an | |
| Bahnhöfen ermitteln sollen. Wenn diese abgeschlossen sind – was durch ein | |
| grünes Häkchen signalisiert wird –, ist in der realen Stadt noch kein | |
| einziger Stein bewegt worden. Nicht sehr aufschlussreich sind auch manche | |
| Detailinformationen: Wie breit ein neuer Radstreifen ist, wird oft nicht | |
| erwähnt, oder es werden ungenaue Formulierungen wie „mehr als zwei Meter“ | |
| verwendet. | |
| ## Wachsender Handlungsdruck | |
| Die Reaktionen der Mobilitätsverbände reichen von vorsichtigem Optimismus | |
| bis hin zu kritischen Worten. „Wenn Bezirke und Senat durch die gemeinsame | |
| Erfassung in Zukunft besser und schneller zusammenarbeiten, ist schon viel | |
| gewonnen“, findet ADFC-Sprecherin Lisa Feitsch. Ihr zufolge zeigt die Karte | |
| „deutlich, welche Bezirke Schlusslichter bei der Verkehrswende sind“. | |
| Dadurch wachse der Handlungsdruck. | |
| „Es ist immer gut, wenn Verwaltung transparenter wird“, meint auch Ragnhild | |
| Sørensen von Changing Cities, „es wird aber dadurch auch sehr deutlich, wie | |
| weit Berlin hinterherhinkt.“ Das laut Gesetz zu erstellende Radnetz habe | |
| „nichts mit dem zu tun“, was auf der Projektkarte als „vorgesehene“ | |
| Projekte dargestellt wird, und bei den „abgeschlossenen“ Projekten handele | |
| es sich „fast nur um Grünbeschichtungen“. Das sei „keine Infrastruktur, | |
| sondern einfach Farbe, die die Sicherheit der Radfahrenden nicht erhöht“, | |
| so Sørensen. | |
| Was die fehlende Detailtiefe angeht, verspricht die infraVelo noch | |
| Verbesserungen: „Perspektivisch sollen mehr Details standardisiert erfasst | |
| werden, damit Nutzer*innen zum Beispiel noch präziser verfolgen können, in | |
| welcher Planungsphase sich ein Projekt gerade befindet“, teilte eine | |
| Sprecherin der taz mit. | |
| [Nachtrag 17.12.] In der ersten Fassung dieses Berichts war die Rede von | |
| 431 „Projekten“. Die infraVelo hat uns darauf hingewiesen, dass bislang | |
| lediglich 244 Projekte aufgeführt sind, die sich aber teilweise (wie im | |
| Fall der „Standort- und Potenzialanalysen“ zum Fahrradparken) auf viele | |
| Standorte erstrecken. | |
| 16 Dec 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.infravelo.de/karte/ | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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