# taz.de -- Lockdown light in Bremer Kitas: Auch in Kitas gibt es Viren | |
> In der Pandemie fühlen sich Erzieher*innen vergessen. Denn die Regeln für | |
> Kitas werden nicht verändert – Lockdown und Ausbruchgeschehen zum Trotz. | |
Bild: Neue Corona-Spielchen werden dringend benötigt | |
BREMEN taz | Am Mittwoch, beginnt der Lockdown. Doch anders als im | |
Frühjahr, als auch Schulen und Kitas dicht gemacht wurden und es eine | |
Notbetreuung gab, [1][werden Eltern dieses Mal nur freundlich gebeten], | |
ihre Kinder zu Hause zu betreuen. | |
„Ich weiß nicht, wie viele diesem Appell folgen werden“, sagt Wolfgang | |
Bahlmann, Geschäftsführer von Kita Bremen, dem städtischen Träger von | |
Kindertagesstätten und mit rund 9.000 Kindern landesweit der größte. | |
Bahlmann wünscht sich für den Fall, dass nur wenige dem Aufruf folgen, | |
„klarere Vorgaben“ von der Politik, etwa zur maximalen Gruppengröße. | |
Er kritisiert, dass die Situation von der Bremer Landesregierung als so | |
kritisch eingeschätzt wird, dass Geschäfte schließen müssen und | |
Weihnachtsfeiern nur noch im engen Familienkreis erlaubt sind – aber sich | |
an den geltenden Regelungen für Kindertagesstätten nichts ändert. | |
Nach einem seit Mitte Oktober gültigen [2][Plan mit vier „Reaktionsstufen“] | |
arbeiten Kindertagesstätten nach der Stufe 2, die erlaubt, dass sich | |
Personal und Kinder zweier Gruppen mischen. Das wäre in der nächsten Stufe | |
nicht erlaubt. | |
Bahlmann findet es grundsätzlich richtig, dass die Kitas geöffnet bleiben. | |
„Wir haben im ersten Lockdown erlebt, wie wichtig das für Kinder aus | |
Familien in schwierigen Lebensumständen ist.“ Diese Phase, in der eine Zeit | |
lang maximal zehn Kinder pro Gruppe zugelassen waren, hätte aber zugleich | |
gezeigt, dass dies sowohl für die Kinder als auch die Fachkräfte | |
entspannter sei. „Und natürlich sinkt das Infektionsrisiko, wenn sich | |
weniger Leute in einem Raum aufhalten.“ | |
## 16 von 22 Erzieher*innen infiziert | |
Dass sich Menschen auch in Kindertagesstätten anstecken, hat sich | |
mittlerweile durch zahlreiche Beispiele aus der Praxis bestätigt. [3][Nach | |
Angaben der Bildungsbehörde] vom Freitag sind 52 pädagogische Fachkräfte in | |
435 Kindertagesstätten mit dem Coronavirus infiziert. Positive Tests bei | |
Kita-Kindern gibt es aktuell nur sieben. | |
In den Schulen ist das Verhältnis umgedreht. In den 136 Grund- und | |
weiterführenden Schulen sind 69 Schüler*innen sowie 20 Lehrer*innen positiv | |
getestet. Der Anteil in den Grundschulen liegt leicht höher: Dort besteht, | |
wie in den Kitas, keine Maskenpflicht für die Kinder. | |
Dabei fehlen in der Auflistung für Erzieher*innen mindestens sechs Fälle. | |
Denn am Freitag war der Bildungssenatorin noch nicht bekannt, dass im | |
Kinderhaus Arche in Osterholz nicht mehr nur zehn, sondern 16 von 22 | |
pädagogischen Fachkräften infiziert sind. | |
Am Montag sei der Betrieb mit einer Gruppe in Notbetreuung nach einer | |
kompletten Schließung über zehn Tage wieder los gegangen, sagt Ibrahim | |
Bagarkasi, Bereichsleiter für Kindertagesstätten beim Deutschen Roten | |
Kreuz, das die Arche betreibt. | |
Nach Angaben einer Sprecherin der Bildungsbehörde testet das Gesundheitsamt | |
derzeit, wie viele Kinder sich dort angesteckt haben. Bisher sei nur ein | |
einziges positives Test-Ergebnis bekannt. Der Kindergarten befindet sich am | |
Rand des Geländes vom Klinikum Ost. Von dessen Mitarbeitenden haben viele | |
ihre Kinder dort. Ob es einen Zusammenhang mit Infektionen am Klinikum | |
gibt, ist unklar. Laut einer Klinik-Sprecherin gab es Anfang Dezember | |
Ausbruchsgeschehen in Unfallchirurgie und Geriatrie. | |
Weder bei Kita Bremen noch beim zweitgrößten Träger, dem Landesverband | |
evangelischer Kindertagesstätten, gab es bisher so große Ausbrüche. Aber | |
die Leiter beider Träger sagen, dass sich die hohen Infektionsraten auch in | |
den Kindertagesstätten bemerkbar machen würden. | |
## Listen führen zu Entsolidarisierung | |
Zudem setze den Mitarbeiter*innen die angespannte Lage sehr zu. „Sie | |
arbeiten am Anschlag“, sagt Carsten Schlepper vom Landesverband. Und | |
Wolfgang Bahlmann von Kita Bremen findet, dass sowohl Politik als auch | |
Medien ihren Fokus zu sehr auf Schulen hätten. Beide Geschäftsführer hätten | |
Verständnis dafür, wenn sich Erzieher*innen vergessen fühlen. | |
So formuliert es auch der Personalrat von Kita Bremen in einem am Montag | |
verschickten Brief an Bürgermeister Andreas Bovenschulte und | |
Bildungssenatorin Claudia Bogedan (beide SPD). Gefordert wird darin, den | |
Kita-Betrieb zwischen dem 21. Dezember und 8. Januar auf Notbetrieb | |
umzustellen. Die Gewerkschaft Ver.di verlangte, dass ab Mittwoch nur noch | |
„Beschäftigte des Gesundheitswesens, der kritischen Infrastruktur und des | |
Lebensmitteleinzelhandels“ ihre Kinder in die Kita bringen dürfen. | |
Carsten Schlepper vom Landesverband riet dringend von solchen Listen | |
„systemrelevanter Berufe“, wie es sie im Frühjahr gegeben hatte, ab. „Wir | |
hatten damit richtig Stress“, erinnert er sich. Die Listen seien immer | |
länger geworden, und am Ende hätten Universitäts-Beschäftigte auf ihren | |
Platz bestanden und Familien in einer Zweizimmerwohnung in Gröpelingen | |
seien leer ausgegangen. „Das war eine starke Entsolidarisierung.“ | |
16 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Kitas-und-Schulen-im-Lockdown/!5733690 | |
[2] https://www.bildung.bremen.de/sixcms/media.php/13/2020-10-13_Reaktionsstufe… | |
[3] https://www.bildung.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen117.c.237989.de | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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