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# taz.de -- Corona-Hotspot Kita: Trotz aller Vorsicht
> Die Gesundheitsbehörde hat bisher keine Erklärung für den Massenausbruch
> in einer Kita in Bremen. Auf die Coronaregeln wurde hier streng geachtet.
Bild: Sind die Erzieher*innen krank, gucken die Kinder in die Röhre
Bremen taz | Den extremen Covid-19-Ausbruch unter Erzieher*innen in einer
Bremer Kindertagesstätte kann das Gesundheitsamt nicht erklären. „Wir
stehen vor einem Rätsel“, sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher der Bremer
Gesundheitsbehörde.
Die Rückverfolgung der Infektionsketten sei erschwert, weil nur ein
Bruchteil der 102 dort betreuten Kinder getestet wurde. Die Eltern von nur
13 Kindern seien der Aufforderung des Gesundheitsamts gefolgt und hätten
ihre Kinder zum Test in eine Corona-Ambulanz gebracht. Ein Test fiel
positiv aus.
[1][Wie berichtet hatten sich 16 von 22 pädagogischen Fachkräften] in allen
sechs Gruppen im Kinderhaus Arche in Osterholz im Verlauf eines Monats
infiziert. Die Einrichtung war nach Angaben von Ibrahim Bagarkasi,
Bereichsleiter beim Träger Deutsches Rotes Kreuz (DRK), zehn Tage komplett
geschlossen. Vergangene Woche sei der Betrieb von zwei Gruppen wieder
aufgenommen worden. „Mehr geht nicht, weil der allgemeine Krankenstand so
hoch ist.“ Auch der Großteil derjenigen, die sich mit Covid-19 infiziert
hätten, sei zwar nicht mehr in Quarantäne, aber noch nicht arbeitsfähig.
Der Ausbruch wirft auch deshalb Fragen auf, weil die Einrichtung laut
Bagarkasi teils noch vorsichtiger agiert habe, als es nach [2][dem gültigen
Reaktionsstufenplan] erlaubt wäre. Lukas Fuhrmann von der
Gesundheitsbehörde bestätigt diese Angaben. So dürfen sich in Bremer Kitas
Kinder und Fachkräfte zweier Gruppen mischen – im Kinderhaus Arche blieben
die Gruppen unter sich. Selbst auf dem Außengelände wurde strikt auf die
Gruppentrennung geachtet, mit abgesteckten Bereichen und unterschiedlichen
Draußen-Zeiten.
## Eltern gaben Kinder draußen ab
Auch alle anderen Vorsichtsmaßnahmen seien berücksichtigt worden, so
Bagarkasi. Frühförderung durch externe Fachleute habe nicht mehr in den
Gruppenräumen stattgefunden, Eltern hätten ihre Kinder auf dem Außengelände
abgegeben. Auch private Treffen der Mitarbeiter*innen, die sich nach und
nach ansteckten, habe es nicht gegeben. Dies bestätigt eine Fachkraft, die
anonym bleiben will. „Ich habe mich dort sehr sicher gefühlt.“
Die Vorsichtsmaßnahmen hätten nicht nur dem Eigenschutz gedient, sagt
Bagarkasi. „Es sollte auch verhindert werden, dass viele Kinder
gleichzeitig in Quarantäne müssen, deren Eltern im Krankenhaus arbeiten.“
Das Kinderhaus befindet sich auf dem Gelände des Klinikums Ost, derzeit
arbeiten 23 Prozent der Eltern in der Klinik.
Doch der Infektionsweg über die Klinik sei überprüft worden, sagt der
Sprecher der Gesundheitsbehörde Lukas Fuhrmann. Die
Klinikmitarbeiter*innen, die zuletzt infiziert oder in Quarantäne waren,
hätten keine Kinder in der Arche. Dabei ist selbst die Übertragung über die
Kinder fraglich. Denn laut Fuhrmann hätten sich auch zwei Reinigungskräfte
infiziert – die erst dann putzen, wenn die Kinder weg sind.
Einen so großen Ausbruch in einer Bremer Kita habe es noch nicht gegeben,
sagt Fuhrmann. „In anderen Häusern mit doppelt so vielen Mitarbeiter*innen
haben sich höchstens zehn Erzieher*innen infiziert – positive Tests von
Kindern gab es immer nur sehr wenige.“ Nach Angaben der Behörde von letzter
Woche waren zuletzt in den 435 Kitas der Stadt Bremen acht Kinder, 53
pädagogische Kräfte und keine weiteren Beschäftigten in Kitas positiv
getestet.
In den vergangenen Monaten haben Politiker*innen und Journalist*innen die
trotz ansteigender Infektionszahlen geöffneten Schulen und Kitas mit
Studien begründet, die ein geringeres Erkrankungs- und Ansteckungsrisiko
von Kindern festgestellt haben. So einfach ist es allerdings nicht. „Eine
Literaturrecherche, in die 291 internationale Studien eingeschlossen
wurden, zeigt: Zur Infektiosität von Kindern und Jugendlichen liegt nur
eine geringe Zahl aussagekräftiger Studien vor, die Ergebnisse sind
insgesamt heterogen.“ So heißt es auf der [3][Homepage der
Corona-Kita-Studie] von Robert-Koch-Institut und Deutschem Jugendinstitut.
Und: „Insgesamt scheinen Kinder ein weniger hohes Übertragungsrisiko zu
vermitteln als Erwachsene.“
## 50 Prozent mehr infizierte Erzieher*innen im Oktober
Die vom Bundesgesundheitsministerium finanzierte Studie soll klären, welche
Infektionsrisiken in Kitas bestehen und wie die Einrichtungen in der
Pandemie arbeiten. Vor knapp zwei Wochen wurde [4][der zweite
Quartalsbericht] veröffentlicht. Darin heißt es, dass „seit Anfang Oktober
in den Kitas ein Anstieg beim pandemiebedingten Ausfall des Personals“ zu
beobachten sei. Mit 37.500 Beschäftigten seien vier Prozent der
pädagogischen Fachkräfte „derzeit pandemiebedingt krank geschrieben“, der
Anstieg zwischen der 41. und 45. Kalenderwoche habe rund 50 Prozent
betragen.
Und laut einer [5][Auswertung der AOK], die am Montag vorgestellt wurde,
waren „Berufe in der Betreuung und Erziehung von Kindern von März bis
Oktober 2020 am stärksten von Krankschreibungen im Zusammenhang mit
Covid-19 betroffen“. Mit 1.183 Betroffenen je 100.000 AOK-versicherten
Beschäftigten liege deren Betroffenheit mehr als das 2,2-fache über dem
Durchschnittswert.
Die Geschäftsführer der beiden größten Bremer Träger von
Kindertagesbetreuung hatten der taz vergangene Woche gesagt, dass der
allgemeine Krankenstand bei Erzieher*innen ungewöhnlich hoch sei – während
viele Einrichtungen beobachten, dass die Kinder aufgrund der
Hygienemaßnahmen seltener krank sind als gewöhnlich in dieser Jahreszeit.
Der taz ist keine Studie bekannt, die den Zusammenhang zwischen der
pandemiebedingten Dauerbelastung einzelner Berufsgruppen und dem Risiko für
körperliche und seelische Erkrankungen untersucht.
21 Dec 2020
## LINKS
[1] /Lockdown-light-in-Bremer-Kitas/!5733664
[2] https://www.bildung.bremen.de/sixcms/media.php/13/2020-10-13_Reaktionsstufe…
[3] https://www.corona-kita-studie.de/results.html
[4] https://www.corona-kita-studie.de/downloads/201210_CoKita_Quartalsbericht_I…
[5] https://www.wido.de/news-events/aktuelles/2020/krankschreibungen-wegen-covi…
## AUTOREN
Eiken Bruhn
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