# taz.de -- Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF: Gute Chancen in Karlsruhe | |
> Die Öffentlich-Rechtlichen wollen den Rundfunkbeitrag von 18,36 Euro beim | |
> Bundesverfassungsgericht durchsetzen. Das könnte klappen. | |
Bild: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk (hier im Bild: WDR, ZDF, ARD) besteht… | |
KARLSRUHE taz | Eigentlich sollte die Beitragserhöhung auf politischem Weg | |
herbeiführt werden. Weil Medienpolitik Ländersache ist, mussten sich die 16 | |
Bundesländer einigen. Im Juni schlossen sie einen entsprechenden | |
Staatsvertrag, der eine [1][Erhöhung des Rundfunkbeitrags von derzeit 17,50 | |
Euro pro Monat auf künftig 18,36 Euro vorsah]. Diesem Vertrag müssen aber | |
alle Landesparlamente bis zum Jahresende zustimmen, sonst wird er | |
„gegenstandslos“, wie eine Vertragsklausel festlegt. | |
Im Ergebnis ist es also egal, ob der Landtag von Sachsen-Anhalt – wie jetzt | |
geplant – gar nicht abstimmt oder ob er explizit gegen die Beitragserhöhung | |
stimmt. Ohne seine Zustimmung bleibt es beim alten Rundfunkbeitrag von | |
17,50 Euro. | |
[2][Die öffentlich-rechtlichen Sender wollen nun aber nach Karlsruhe | |
gehen]. Sie wollen dort argumentieren, dass sie einen Anspruch auf die | |
Beitragserhöhung haben, weil deren Höhe von der unabhängigen Kommission zur | |
Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) empfohlen wurde. | |
Tatsächlich hat das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil von | |
1994 ein dreistufiges Verfahren für die Rundfunkfinanzierung festgelegt. | |
Zunächst sollen die Sender ihren Bedarf benennen. Dann wird von der KEF | |
geprüft, ob dieser Bedarf mit dem Programmauftrag übereinstimmt und dem | |
Gebot der Sparsamkeit entspricht. An die Empfehlung der KEF ist drittens | |
die Politik dann grundsätzlich gebunden. | |
## Politik soll nicht zu viel Einfluss nehmen können | |
Abweichungen seien zwar aus sozialen Gründen möglich, um die Bürger nicht | |
zu überfordern, so Karlsruhe. Auf keinen Fall dürfe die | |
Rundfunkfinanzierung aber für Zwecke der Programmlenkung und der | |
Medienpolitik eingesetzt werden (wie sie die Diskussion in Sachsen-Anhalt | |
bestimmten). Jede Abweichung von der KEF-Empfehlung muss zudem ausführlich | |
begründet werden und kann vom Bundesverfassungsgericht geprüft werden. | |
Dass Karlsruhe seine Vorgaben ernst meint, zeigte es 2007. Auf Klage der | |
Sender stellte das Gericht fest, dass die Ministerpräsidenten die Rechte | |
von ARD und Co. verletzt hatten. Damals hatten die Länder den | |
KEF-Erhöhungsvorschlag von „plus 1.09 Euro“ gemeinsam auf „plus 88 Cent�… | |
reduziert. | |
Die Länder hatten zur Begründung unter anderem auf die „angespannte | |
wirtschaftliche Lage“ verwiesen. Ob dies genügt, ließ der Erste Senat des | |
Bundesverfassungsgerichts damals offen, weil jedenfalls die weiteren Gründe | |
nicht den Anforderungen genügten. So hatten die Länder argumentiert, es | |
gebe mehr Sparpotenzial und mehr Einnahmemöglichkeiten als von der KEF | |
gesehen. Doch das hielten die Richter für nicht ausreichend belegt. | |
Medienpolitische Begründungen, wie die Rücksichtnahme auf private | |
Fernsehsender, ließen die Richter schon im Ansatz nicht gelten. | |
Wenn man den Präzedenzfall mit dem heutigen Fall Sachsen-Anhalt vergleicht, | |
fällt zweierlei auf: Damals waren alle Länder einig, diesmal weicht nur ein | |
Land ab. Damals gab es ausführliche Begründungen, diesmal kann es mangels | |
Beschlussfassung gar keine offizielle Begründung geben. | |
Es ist also kaum anzunehmen, dass das Bundesverfassungsgericht akzeptiert, | |
wenn ein Bundesland allein und ohne Begründung die von der KEF für | |
notwendig gehaltene Beitragserhöhung für ganz Deutschland verhindert. Die | |
Sender-Klage hat deshalb gute Aussichten. Mit einem Eilantrag könnte | |
vielleicht sogar ein Start der Beitragserhöhung bereits im Januar oder | |
Februar erreicht werden. | |
9 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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