| # taz.de -- Ökologie bei Fernsehproduktion: ARD will nachhaltiger werden | |
| > Die ARD nennt Beispiele für Nachhaltigkeit, aber noch keine Strategien. | |
| > Die föderalen Strukturen bereiten dabei Probleme. | |
| Bild: „Grüne Produktion“ seit 2019: die SWR-Schwarzwaldserie „Die Faller… | |
| Die ARD will nachhaltiger werden. Wirtschaftlich, sozial und ökologisch. | |
| Bei einem Medienverbund von der Größe der ARD dürfte es allerdings eine | |
| Weile dauern, bis dieses Ziel erreicht ist. Was dabei Schwierigkeiten | |
| bereiten könnte: verschiedene Voraussetzungen und Strukturen in den | |
| Rundfunkanstalten und der ständige Druck durch das Gebot zur Sparsamkeit. | |
| Dieses Gebot ist im Staatsvertrag zwischen den Bundesländern festgelegt. | |
| Dazu kommt die im Moment unklare Finanzierung der nächsten Jahre, da das | |
| Land Sachsen-Anhalt eine dringend benötigte Erhöhung des Rundfunkbeitrags | |
| [1][zum neuen Jahr blockiert hat]. | |
| Bestrebungen für Nachhaltigkeit gibt es in der ARD bereits einige – sowohl | |
| in der Produktion und im Arbeitsalltag als auch in den Programminhalten. | |
| Erst im November hat sie einen Bericht dazu veröffentlicht. [2][Das | |
| Dokument] ist eine Art Sammlung von Positivbeispielen in Sachen | |
| Nachhaltigkeit in den neun Rundfunkanstalten und der Deutschen Welle. | |
| Als Beispiel für nachhaltige Stromversorgung nennt der Bericht etwa die | |
| Blockheizkraftwerke des rbb. Diese hauseigene Energieversorgung hat die | |
| Berlin-Brandenburgische Sendeanstalt seit 2018. Sie hat dafür 9 Millionen | |
| Euro aufgewendet und erhofft sich im Gegenzug, jährlich 3.100 Tonnen | |
| Kohlendioxidemissionen einzusparen – sowie 900.000 Euro fürs Heizen. In | |
| Bezug auf ökologisch nachhaltige Filmdrehs verweist der Bericht unter | |
| anderem auf den [3][„Tatort“] „Maleficius“, bei dem ressourcenschonende | |
| Methoden 43 Prozent CO2-Emissionen gespart haben. | |
| Insgesamt wird in dem Dokument viel gelobt, was ist, und wenig genannt, was | |
| sich ändern muss. Ein Konzept, das aus all den Positivbeispielen eine | |
| konkrete Strategie für mehr Nachhaltigkeit ableitet, bietet der Bericht | |
| nicht. Die ARD setzt darauf, dass sich die einzelnen Rundfunkanstalten | |
| gegenseitig zu mehr Nachhaltigkeit anstacheln. Die Best-Practice-Beispiele | |
| im Bericht sollen Inspiration und Herausforderung zugleich sein. | |
| Nachteilige Konsequenzen für jene, die nicht mitziehen, bleiben aus. | |
| Alexander Moutchnik, Professor für Medienwirtschaft und Medienökonomie an | |
| der Hochschule RheinMain, sieht darin aber erst einmal keinen Grund zur | |
| Kritik: „Das Dokument ist kein Nachhaltigkeitsmanagement, sondern eben ein | |
| Bericht. Und zu berichten ist grundsätzlich erst mal lobenswert.“ Die | |
| besondere Struktur der ARD mache es zu einer Herausforderung, so ein Papier | |
| überhaupt zu erstellen, sagt Moutchnik. Die ARD ist nicht aufgebaut wie ein | |
| klassisches Unternehmen, sondern ist ein Verbund aus zehn rechtlich | |
| selbstständigen Anstalten des öffentlichen Rechts – nämlich den neun | |
| Landesrundfunkanstalten wie WDR, SWR oder NDR und dem Auslandssender | |
| Deutsche Welle. | |
| Dazu kommen Tochter- und Enkelunternehmen. Die einzelnen Mitglieder der ARD | |
| erstellen zwar gemeinsame Angebote wie „Das Erste“, die Mediathek und die | |
| Audiothek. Davon abgesehen machen aber alle Mitglieder ihr individuelles | |
| Programm, sind rechtlich selbstständig, unterschiedlich groß und im Aufbau | |
| verschieden. Einen gemeinsamen Nachhaltigkeitsbericht vorzulegen, sei für | |
| die ARD deshalb schwieriger als für andere Medienunternehmen, meint | |
| Moutchnik. Etwa für das ZDF, das bereits 2015 einen veröffentlichte. | |
| ## „Ein Anfang ist gemacht“ | |
| „Ein Anfang ist gemacht“, lobte dagegen der Naturschutzverband BUND in | |
| einem öffentlichen Statement. Genau darum sei es der ARD mit diesem ersten | |
| Bericht gegangen, sagt die ARD-Generalsekretärin, Susanne Pfab. „Der | |
| Bericht soll einen Überblick darüber geben, was es bereits gibt. Wir wollen | |
| unseren Status quo nach außen sichtbar und transparent machen, uns aktiv | |
| mit den Themen auseinandersetzen und darüber auch mehr Vernetzung in der | |
| Branche anstoßen.“ Allein durch den Bericht seien viele neue positive | |
| Entwicklungen und Austausch entstanden. Das Reporting sei auch ein Anfang | |
| für Controlling. | |
| Anfang des neuen Jahres soll besprochen werden, wie ein konkretes | |
| Nachhaltigkeitsmanagement aussehen kann. Aber wie beeinflusst die | |
| gegenwärtige Krise um den Rundfunkbeitrag diesen Prozess? Die Sender haben | |
| vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingelegt gegen die Blockade | |
| des Rundfunkbeitrags durch Sachsen-Anhalt. Es ist wahrscheinlich, dass das | |
| Gericht den Eilantrag sehr rasch bearbeitet. Dennoch ist es möglich, dass | |
| wichtige Gelder im neuen Jahr erst einmal nicht fließen. Hat all das einen | |
| Einfluss auf die nächsten Schritte des Nachhaltigkeitsmanagements? Und | |
| könnte, falls der Rundfunkbeitrag tatsächlich nicht erhöht werden sollte, | |
| das künftige Nachhaltigkeitsmanagement davon beeinflusst sein? | |
| ## Investitionen, die sich auszahlen | |
| ARD-Generalsekretärin Pfab beantwortet beide Fragen mit einem klaren | |
| „Nein“. Auch bei dem Konflikt zwischen Investitionen in die Nachhaltigkeit | |
| und dem Gebot zur Sparsamkeit sieht sie mit Blick auf die Zukunft kein | |
| Problem. „In der Momentaufnahme mögen Ausgaben für mehr Nachhaltigkeit | |
| gegebenenfalls kostenintensiver sein, mittel- bis langfristig werden sich | |
| die Investitionen aber auszahlen.“ | |
| Wie schnell es allerdings geht mit der Nachhaltigkeit der ARD, ist unklar. | |
| Die einzelnen Sender im Verbund sind sehr unterschiedlich organisiert. Eine | |
| [4][Umfrage des NDR-Medienmagazins „Zapp“] hat zum Beispiel gezeigt, dass | |
| weniger als die Hälfte der Anstalten einen Beauftragten für das Thema | |
| Umwelt oder eine entsprechende Arbeitsgruppe hat. | |
| ## Kein Nachhaltigkeitsgebot | |
| Um Veränderung möglichst schnell herbeizuführen, sind uneinheitliche | |
| Strukturen nicht unbedingt vorteilhaft. Der BUND schlägt deshalb etwa die | |
| Ernennung eines*r Nachhaltigkeitsbeauftragten in jeder Rundfunkanstalt vor. | |
| Generalsekretärin Pfab sagt, es würden zunehmend mehr. Aufzwingen könne man | |
| das den einzelnen Anstalten aber nicht. „Die ARD ist eben kein Konzern. Wir | |
| sind aber sehr erfahren darin, mit unseren föderalen Strukturen | |
| zusammenzuarbeiten.“ | |
| Ein gutes Beispiel sei die AG Nachhaltige Medienproduktion, in der sich | |
| seit 2019 Vertreter vieler Landesrundfunkanstalten engagieren. Insofern sei | |
| sie optimistisch, dass sich geeignete Strukturen finden werden. Ein Gebot, | |
| das die ARD zu Nachhaltigkeit anhält – zusätzlich zu dem Gebot zur | |
| Sparsamkeit – gibt es nicht. Das müsse man mit Blick auf Rechnungshöfe und | |
| KEF ansprechen, sagt Pfab, also die Stellen, die über die Budgets der | |
| Öffentlich-Rechtlichen entscheiden. Der BUND ermutigt jedenfalls dazu, sich | |
| davon nicht aufhalten zu lassen und zu bedenken, dass bereits jetzt | |
| Potenzial zur Ressourcenschonung und CO2-Reduktion gebe, das ausgeschöpft | |
| werden könne. | |
| 21 Dec 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Aus-fuer-Erhoehung-des-Rundfunkbeitrags/!5730721 | |
| [2] https://www.ard.de/die-ard/#/wie-wir-funktionieren/ARD-Nachhaltigkeitsberic… | |
| [3] /Bewegtbild-und-Green-Producing/!5684405 | |
| [4] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Klimaschutz-im-TV-Von-Mehrwegbe… | |
| ## AUTOREN | |
| Lena Wrba | |
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