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# taz.de -- Zeitungskrise in Thüringen: Schluss mit dem Druck
> Die Funke Mediengruppe will 2021 ihre Zeitungsdruckerei in Erfurt
> schließen. Thüringen wird dann das erste Bundesland ohne Druckerei.
Bild: Bald gehen hier keine Zeitungen mehr vom Band: das Druckhaus der „Thür…
Anfang September verkündete der Essener Funke-Verlag, was einige schon
lange befürchtet hatten: Am 31. 12. 2021 gehen in der Zeitungsdruckerei in
Erfurt die Druckerpressen aus. Thüringen wird das erste Bundesland ohne
Zeitungsdruckerei sein.
Die drei großen Tageszeitungen, Thüringer Allgemeine, Thüringische
Landeszeitung und Ostthüringer Zeitung, die alle zu Funke gehören, sollen
dann hauptsächlich in Funkes Druckerei in Braunschweig gedruckt werden. Die
270 Angestellten in Erfurt verlieren ihre Jobs. Man werde sich „mit
Hochdruck“ bemühen, sozialverträgliche Lösungen für sie zu finden, schrei…
Funke-Sprecherin Jasmin Fischer auf taz-Nachfrage.
[1][Die drei Druckerpressen in Erfurt sind alt und fallen immer häufiger
aus]. Seit 1993 drucken sie jede Nacht hunderttausendfach Zeitungen und
Anzeigenblätter. Um die 10 Millionen Euro kostet eine neue Presse, Geld,
das der Verlag angesichts der fallenden Auflagen nicht mehr ausgeben
möchte.
„Wir haben uns nach ausführlicher Analyse und Prüfung aller
Alternativoptionen schweren Herzens dagegen entschieden, zweistellige
Millionenbeträge in neue Druckmaschinen zu reinvestieren“, schreibt
Funke-Sprecherin Jasmin Fischer.
Widerstand gegen Schließung
Der Betriebsrat und die Gewerkschaft wollen das nicht hinnehmen. „Wir
werden weiterhin Widerstand gegen die Schließung organisieren und fordern
den Funke-Vorstand auf, den Beschluss zurückzunehmen“, sagt Jan
Schulze-Husmann von Verdi.
Die Gewerkschaft hat auf der Grundlage von Verlagszahlen ein Gutachten
erstellen lassen, das die Kosten für eine Schließung mit denen für eine
Modernisierung der alten Druckerei vergleicht. Dabei kommt heraus, dass es
günstiger sein dürfte, in die Erfurter Druckerei zu investieren, weil die
Braunschweiger Druckerei aufgerüstet werden muss, außerdem die
Vertriebskosten steigen würden.
Jasmin Fischer bestreitet das nicht, sagt aber, die Verdi-Berechnung greife
zu kurz. Die Anschaffung einer neuen Druckmaschine sei ein „sehr
langfristiges Investment“. Bis sich die Investition rentiert habe, dauere
es Jahre. „In einem dynamischen verlegerischen Marktumfeld, in dem eine
digitale Transformation im Gange ist, bergen hohe Printinvestitionen
zunehmend Risiken.“
Das meint auch: Wenn die Auflage der Thüringer Zeitungen weiter so fällt
wie bisher, kann Funke in einer externen Druckerei leichter den
Druckauftrag herunterfahren als auf einer eigenen neuen
10-Millionen-Euro-Druckerpresse.
Papier lohnt sich immer weniger
In Thüringen zeigt sich, was in vielen anderen Regionen demnächst passieren
dürfte: Die Tageszeitung auf Papier lohnt sich immer weniger. [2][Eine
Studie des Verlegerverbands BDZV] kam kürzlich zu dem Schluss, dass der
Vertrieb von Zeitungen schon 2025 in 40 Prozent des Landes nicht mehr
rentabel sein dürfte. Viele Verlage denken darüber nach, das Drucken
einzustellen, auch die taz.
Nur lohnt sich das für die Verlage erst, wenn sie mit ihren digitalen
Produkten, den E-Papern und Digitalabos, genug Geld verdienen. Von den
200.000 Exemplaren der Thüringer Zeitungen, die jeden Tag verkauft werden,
sind gerade einmal 12.000 E-Paper. Die Leserschaft ist alt, die
Internetversorgung gerade im ländlichen Raum nicht gut. Es dürfte schwer
werden, die Alt-Abonnenten dazu zu bringen, ihre Zeitung demnächst digital
zu lesen. Zwar will Funke verstärkt ins Digitale investieren. Wie genau,
lässt Jasmin Fischer gegenüber der taz aber offen.
Als Funke vor zwei Jahren ankündigte zu prüfen, wie die Leser in Thüringen
mit digitalen Angeboten versorgt werden können, schreckte das das kleine
Bundesland bis hoch zum Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Die Linke) auf
([3][taz berichtete]). Nun, da die Druckerei geschlossen werden soll, sind
die Thüringer Politiker etwas weniger laut. Im Landtag kritisierten alle
Fraktionen außer FDP und AfD die Druckereischließung. Der Erfurter
SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider bezeichnete die
Funke-Entscheidung in einem [4][Beitrag für t-online] als „die hässliche
Fratze des Kapitalismus“.
Furcht vor weiteren Sparmaßnahmen
[5][Die Funke-Gruppe hat in den vergangenen Jahren in ihren Medien immer
wieder] [6][drastische Sparprogramme durchgesetzt]. Auch die Thüringer
Zeitungen wurden zusammengelegt und haben nun fast identische Inhalte. Ihre
überregionalen Texte [7][bekommen sie aus der Zentralredaktion in Berlin].
Von da aus sei es nur noch ein kleiner Schritt, bis bald die gesamten
Thüringer Zeitungen in Berlin oder Essen, dem Sitz der Funke Mediengruppe,
gestaltet werden, fürchten Redakteure in Thüringen.
Funke-Sprecherin Jasmin Fischer widerspricht. „Uns ist es wichtig, dass in
Thüringen auch weiterhin qualitativ hochwertige unabhängige Regionalmedien
– Print und Digital – erscheinen und ihre Aufgabe zur demokratischen
Meinungsbildung wahrnehmen können.“
Die Angestellten der Druckerei haben für die Worte aus Essen wenig übrig.
Auf einer Betriebsversammlung im November gab es viel Ärger, erzählen
Leute, die dabei waren. Besonders empört sind die Drucker darüber, dass
bisher niemand aus der Essener Konzernspitze nach Erfurt gekommen sei, um
die Entscheidung zu verteidigen. Sie, die Ostler, werden abgewickelt, von
dem Konzern aus dem Westen, so sehen sie das.
Man habe, so Funke-Sprecherin Jasmin Fischer, ein Verhandlungsteam aus sehr
kundigen und engagierten Fachexperten vor Ort in Erfurt. Deren Ausführungen
habe die Konzernleitung nichts hinzuzufügen.
10 Dec 2020
## LINKS
[1] /Medienkrise-in-Thueringen/!5608307
[2] https://www.bdzv.de/fileadmin/bdzv_hauptseite/aktuell/pressemitteilungen/20…
[3] /Funke-Mediengruppe-streicht-Stellen/!5566501
[4] https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_88686318/be…
[5] /Zeitungen-in-Thueringen/!5290223
[6] /Westfaelische-Rundschau/!5075318
[7] /Zentralredaktion-fuer-Funke-Mediengruppe/!5008047
## AUTOREN
Anne Fromm
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