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# taz.de -- Affäre um Preppergruppe Nordkreuz: Neue Ungereimtheiten von Caffier
> Auf öffentlichen Druck hin gibt der Innenminister von
> Mecklenburg-Vorpommern zu, einem Nordkreuz-Mann eine Waffe abgekauft zu
> haben.
Bild: Pistole auf dem Tisch in einem Innenschießstand
Berlin taz | Hat der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern eine Waffe
von einem Ex-Mitglied der Preppergruppe Nordkreuz gekauft? Und hat er auf
dessen Schießplatz trainiert? Diese Fragen wollte Lorenz Caffier (CDU) seit
Monaten nicht beantworten. Sein Ministerium hatte nur mitgeteilt, dass er
keine Dienstwaffe erworben habe. Am Donnerstag sagte Caffier nun auf die
Frage der taz in einer Pressekonferenz in Schwerin: [1][Das betreffe sein
Privatleben, deshalb äußere er sich nicht dazu.] Und er ergänzte, dass er
auch als Privatmann nicht antworten wolle: „Privatbereich bleibt
Privatbereich. Auch in Zukunft.“
Diese Äußerung hat heftige Kritik hervorgerufen. Der Parlamentarische
Geschäftsführer der Linksfraktion Mecklenburg-Vorpommern, Peter Ritter,
forderte, dass der Innenminister hier eine Antwort schuldig sei, denn
mögliche Verbindungen zu Nordkreuz seien nicht privat: „Waffenkarte auf den
Tisch! Sofort!“
Offenbar auf den öffentlichen Druck hin hat Caffier seine Meinung geändert
und am Freitagnachmittag [2][dem Spiegel gegenüber] den Waffenkauf
zugegeben. Er habe Anfang 2018 eine Kurzwaffe bei Frank T. gekauft, die er
als Jäger benutze, sagte er. Damals habe es keine Verdachtsmomente zu
dessen Firma gegeben. Er bedauere, dass er sich nicht vorher erklärt habe.
In dem Interview behauptet Caffier, in Mecklenburg-Vorpommern seien die
ersten Unterlagen zum Nordkreuz-Komplex erst Anfang 2019 angekommen. Das
stimmt aber offenbar nicht. Von der Existenz des Nordkreuz-Chats wurde das
LKA Mecklenburg-Vorpommern bereits im Juli 2017 informiert. Der Caffier
unterstehende Landesverfassungsschutz hat bereits im März 2018
Ermittlungsunterlagen des Bundeskriminalamts zu dem Fall er-halten. So
steht es in der [3][Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der
Linksfraktion] im Bundestag vom Februar 2020.
In einer der BKA-Befragungen sagte ein Nordkreuz-Mitglied den Ermittlern:
„Der ehemalige Nutzer „baltic shooter“ hat sich aus der Gruppe abgemeldet,
wenn ich ihn erreichen möchte, schaue ich auf seiner Hompage nach.“ Baltic
Shooter“ ist die Firma von Frank T. in Güstrow. Der Zeuge erwähnt auch ein
weiteres Nordkreuz-Mitglied, die den dortigen Schießplatz verwalte. Das
Protokoll der Befragung liegt der taz vor.
## Spätestens im März präzise Erkenntnisse
Es gab also spätestens im März 2018 bei den Behörden in
Mecklenburg-Vorpommern sehr präzise Erkenntnisse, dass Frank T. und seine
Firma mit Nordkreuz verbandelt waren.
Caffier ist Vizeregierungschef einer rot-schwarzen Koalition in seinem
Bundesland. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat sich bislang nie
an prominenter Stelle zur Nordkreuz-Causa und deren Aufarbeitung geäußert.
Bis zum Freitagabend war kein Statement von ihr zu bekommen, ob sie die
Angelegenheit ebenso für eine Privatsache von Caffier hält. Sie sei in
Terminen, teilte ihr Sprecher mit. Auch die CDU-Bundesvorsitzende Annegret
Kramp-Karrenbauer ließ auf taz-Anfrage von ihrem Sprecher ausrichten, sie
äußere sich heute nicht dazu.
Zu einem anderen Fall im Zusammenhang mit dem [4][Hannibal-Netzwerk] hatte
sie im vergangenen Jahr deutliche Worte gefunden. Es ging damals um
CDU-Lokalpolitiker aus Sachsen-Anhalt, die [5][Mitglied im mutmaßlich
rechtsextremen Verein Uniter waren], der wie Nordkreuz Teil des
Hannibal-Netzwerkes ist. Kramp-Karrenbauer sagte damals: „Jeder sollte sich
bewusst sein, dass man sich mit einer Mitgliedschaft in Uniter und mit dem
Tragen von Uniter-Symbolik selbst dem Verdacht aussetzt, in der Nähe
rechtsextremer Netzwerke und Chats zu stehen.“
Auch auf Bundesebene ließen Vertreter*innen der Opposition Caffiers
Ausflucht ins Private nicht gelten. Der innenpolitische Sprecher der FDP im
Bundestag Konstantin Kuhle twitterte in Richtung Caffier, dass es keine
Privatsache sei, „ob Sie als Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern eine
Waffe bei einem Mitglied der Gruppe Nordkreuz erworben haben, gegen die der
Generalbundesanwalt wegen Terrorverdachts ermittelt. Das muss aufgeklärt
werden!“
## Caffier war Schirmherr
Ähnlich äußerte sich die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Irene
Mihalic: „Caffier muss alles haarklein offenlegen, um zur Aufklärung
beizutragen“, sagte sie dem RND. Dabei sei auch Ministerpräsidentin Manuela
Schwesig (SPD) „gefordert, dafür zu sorgen, dass er der Öffentlichkeit und
dem Parlament Rede und Antwort steht“. Der Parlamentarische Geschäftsführer
der Linksfraktion im Bundestag Niema Movassat twitterte, der Fall Caffier
mache Angst: „Menschen, die Drohungen von Nazis bekommen, müssen darauf
Vertrauen, dass Regierungsmitglieder nicht mit Nazis paktieren.“ Ein
Rücktritt Caffiers sei unumgäglich.
Mehrere Mitglieder der Nordkreuz-Gruppe aus Mecklenburg-Vorpommern sind als
rechtsextrem eingestuft. Gegen zwei von ihnen ermittelt der
Generalbundesanwalt wegen Terrorverdachts. Der Admin der Gruppe, der
Ex-SEK-Polizist Marko G., wurde Ende 2019 wegen Verstoßes gegen das
Kriegswaffenkontrollgesetz [6][zu einer Bewährungsstrafe verurteilt].
Teil der Nordkreuz Gruppe war auch der Schießplatzbetreiber und
Waffenhändler Frank T. aus Güstrow. Dort schossen bis zum Sommer 2019
Polizist*innen aus Mecklenburg-Vorpommern und anderen Bundesländern. T.
organisierte zusammen mit dem Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern
jahrelange einen „Special Forces Workshop“, bei dem Caffier Schirmherr war.
Recherchen der taz haben gezeigt, dass Marko G. höchstwahrscheinlich über
T.s Schießplatz [7][illegal an Munition von Behörden aus ganz Deutschland
kam]. Auf Frank T. bezog sich die Frage an Caffier, die er lange nicht
beantworten wollte.
13 Nov 2020
## LINKS
[1] /Rechte-Prepper-in-Mecklenburg-Vorpommern/!5728354
[2] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/lorenz-caffier-zu-waffenkauf-aus…
[3] https://dserver.bundestag.de/btd/19/173/1917340.pdf
[4] /Schwerpunkt-Hannibals-Schattennetzwerk/!t5549502
[5] /Uniter-Mitgliedschaft-von-Robert-Moeritz/!5651040
[6] /Rechter-Nordkreuz-Prepper-Marko-G/!5679557
[7] /Rechte-Prepper-Gruppe-Nordkreuz/!5674282
## AUTOREN
Christina Schmidt
Sebastian Erb
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