| # taz.de -- Gutachten zu digitaler Vorstandswahl: Grünes Licht für die CDU | |
| > Der CDU-Parteitag wird wohl digital stattfinden. Für die Wahl per | |
| > Internet ist laut Gutachten keine Grundgesetzänderung nötig. | |
| Bild: Die Kandidaten Röttgen, Merz und Laschet könnten sich per digitalen Par… | |
| Leipzig taz | Der Gesetzgeber kann digitale Vorstandswahlen auch ohne | |
| Grundgesetzänderung einführen. Zu diesem Schluss kamen jetzt die | |
| Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags. Die Experten empfehlen eine | |
| Abgabe der Stimme per verschlüsselter DE-Mail. | |
| Die Nachricht dürfte vor allem die CDU erfreuen, [1][die dringend einen | |
| Parteivorsitzenden wählen will]. Der für Anfang Dezember geplante | |
| Wahlparteitag wurde wegen der Pandemie abgesagt. Ziel ist jetzt [2][ein | |
| Termin im Januar]. Ob es ein Präsenz-Parteitag wird oder eine | |
| Online-Veranstaltung, soll im Dezember entschieden werden. | |
| Sinnvoll wäre in diesen Zeiten ein digitaler Parteitag, bei dem sich die | |
| Kandidaten (zur Zeit Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen) per | |
| Video vorstellen und befragen lassen. Die Stimmen müssten dann anschließend | |
| per Brief oder per App übermittelt werden. Da es mehrere Wahlgänge geben | |
| kann, gilt eine Briefwahl als zu schwerfällig. Allerdings ist eine | |
| elektronische Vorstandswahl bisher nicht erlaubt. | |
| Zwar sind digitale Parteitage inzwischen weitgehend möglich. Die | |
| Delegierten können online über das Wahlprogramm oder das Parteilogo | |
| abstimmen. Das hat der Bundestag Anfang Oktober durch eine Änderung im | |
| „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie“ klargestellt. | |
| Allerdings sieht das Gesetz eine ausdrückliche Ausnahme für die | |
| „Schlussabstimmung“ bei Vorstandswahlen vor. Diese darf also nicht per | |
| Email oder App erfolgen. | |
| ## „Zuverlässige Richtigkeitskontrolle“ | |
| Dieses Verbot ließe sich aber leicht ändern. Der Bundestag müsste nur mit | |
| einfacher Mehrheit das Parteiengesetz oder das Covid-19-Gesetz anpassen. | |
| Hierfür bräuchte die CDU/CSU im Bundestag also nur die Stimmen des | |
| Koalitionspartners SPD, der sich bereits gesprächsbereit zeigte. | |
| Allerdings gab es bisher immer wieder verfassungsrechtliche Bedenken gegen | |
| digitale Vorstandswahlen. Hintergrund ist Artikel 21 des Grundgesetzes, der | |
| den Parteien innerparteiliche Demokratie vorschreibt. Bei der Wahl von | |
| Parteivorständen sollen damit im wesentlichen die gleichen Wahlgrundsätze | |
| gelten wie bei der staatlichen Wahl von Abgeordneten. Die Wahlen müssen | |
| insbesondere frei, gleich und geheim ablaufen. | |
| Für staatliche Wahlen hat das Bundesverfassungsgericht 2009 den Einsatz von | |
| Wahlcomputern vorerst verboten, weil nicht richtig kontrollierbar sei, ob | |
| die Wahl sauber ist. Kein Wähler könne erkennen, ob ein Wahlcomputer, der | |
| die elektronisch abgegebenen Stimmen selbst auszählt, defekt oder | |
| manipuliert ist. Deshalb müsse bis auf weiteres die Stimme per Wahlzettel | |
| abgegeben werden. | |
| Am Ende des Wahltags könne dann der Inhalt der verschlossenen Urne | |
| öffentlich ausgezählt werden und im Zweifel könne die Auszählung der | |
| Stimmzettel jederzeit wiederholt werden, so das klassische Modell. Nur wenn | |
| ein digitales System ähnlich gut kontrollierbar ist, genüge es | |
| verfassungsrechtlichen Anforderungen, erklärten die Karlsruher Richter vor | |
| elf Jahren. | |
| Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) wollte nun wissen, was das | |
| damalige Karlsruher Urteil für die heutige Diskussion um digitale | |
| Vorstandswahlen bedeutet. Er gab deshalb bei den Wissenschaftlichen | |
| Diensten des Bundestags zwei Kurzgutachten in Auftrag, die jetzt vorliegen. | |
| Danach sehen die Experten keine verfassungsrechtlichen Probleme, wenn auch | |
| bei der digitalen Stimmabgabe eine „zuverlässige Richtigkeitskontrolle“ | |
| möglich ist. Die Bundestags-Gutachter schlagen den fast schon in | |
| Vergessenheit geratenen Dienst DE-Mail vor, mit dem eindeutig | |
| identifizierte Personen rechtssicher und verschlüsselt Nachrichten und | |
| Dokumente austauschen können. | |
| Sollte es Zweifel geben, ob die DE-Mail oder ähnliche digitale Lösungen den | |
| hohen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts genügen, müsste | |
| sicherheitshalber doch das Grundgesetz geändert werden, so die Gutachter. | |
| In Artikel 21 könnte dann der Satz eingefügt werden: „Für parteiinterne | |
| Wahlen können Abweichungen von den Wahlrechtsgrundsätzen zugelassen | |
| werden.“ Hierfür wäre dann aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und | |
| Bundesrat erforderlich. Die Koalition müsste sich also mit den Grünen | |
| einigen, die in elf Ländern mitregieren und deshalb anders als FDP, Linke | |
| und AfD jede Grundgesetzänderung blockieren können. | |
| 3 Nov 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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