# taz.de -- Streit um nackte Frauenstatue in London: Feministin zum Pin-up gesc… | |
> Die Philosophin und Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft bekommt in | |
> London ein Denkmal. Doch ihr Abbild sorgt für Diskussionen. | |
Bild: Eine Kritikerin fragt: „Würde ein Mann mit seinem Schwanz draußen gee… | |
Mit einer neuen Statue im kleinen Nordlondoner Newington Green, einer | |
großen grünen Verkehrsinsel, wollte ein Kreis von Bewunder*innen der | |
Schriftstellerin und [1][Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft] (1759–1797) | |
und „ihrem Beitrag zur Gleichberechtigung, Menschenvielfalt und | |
Menschenrechten“ gerecht werden. | |
Eine silbernmetallene Statue der Verfasserin des 1792 erschienenen Werks | |
„Verteidigung der Rechte der Frau“ steht nun gegenüber der | |
New-Unitiy-Kirche, die sie einst besuchte, und nahe dem Ort, wo ihre Schule | |
für Mädchen einmal stand. Ihre Forderung nach Bildung von Frauen galt | |
damals als radikal. „Ich möchte nicht, dass Frauen Macht über Männer, | |
sondern über sich selbst besitzen“, lautet ein Satz von ihr auf dem Sockel | |
der Statue. | |
Das Werk schuf die 75 Jahre alte englische Künstlerin Maggi Hambling. | |
Hambling beschreibt es als „Turm aus sich ineinander vermischenden Formen | |
Jederfrau, aus dem ganz oben sich eine Frau erhebt, die bereit ist, die | |
Welt herauszufordern“. Diese Frau ist splitternackt und erscheint winzig im | |
Vergleich zu dem mächtigen Turm unter ihr. | |
Während die Kampagne „Mary on the Green“ stolz darauf ist, die erste | |
Würdigung Wollstonecrafts mit umgerechnet 160.000 Euro Spenden aufgestellt | |
zu haben, in einer Stadt, in der 90 Prozent aller Statuen Männern gelten, | |
glauben andere, was da stehe, sei Wollstonecraft nicht würdig. | |
## Statue sei eine metallene Barbie und Kinderpuppe | |
Eine englische Kinderpuppe nennt es die Autorin Rachel Cooke im Guardian, | |
während die Überschrift der Kolumnistin Rhiannon Lucy Cossletts in | |
derselben Zeitung nicht expliziter sein könnte: „Warum ich die | |
Mary-Wollstonecraft-Statue hasse: Würde ein Mann mit seinem Schwanz draußen | |
geehrt werden?“ | |
Die 2018 vor dem britischen Parlament errichtete [2][Statue der Suffragette | |
Millicent Fawcett] der Künstlerin Gillian Wearing – voll bekleidet mit | |
einem Banner, auf dem groß „Mut fordert Mut überall“ steht – streicht s… | |
als besser getroffen heraus. Die feministische Aktivistin Jo Bartosch | |
bezeichnet die Statue in The Critic sogar als „metallene Barbie, die auf | |
einem 143.000 Pfund teurem Scheißhaufen reitet“. | |
Gegner*innen der Statue hatten bald ein T-Shirt über die Nackte | |
gestülpt: „Frau, ein erwachsenes menschliches weibliches Wesen“, war da zu | |
lesen. Plakate wurden um die Statue gelegt. „Ist das unsere | |
Hinterlassenschaft für die Mutter des Feminismus?“, heißt es auf einem, | |
während ein anderes niedergelegtes T-Shirt die Antwort zu geben scheint: | |
„Was soll denn an ihrer Muschi falsch sein?“ | |
An der Kirche, wo Wollstonecraft sich einst mit anderen „Vordenker*innen“ | |
traf, steht derzeit die Herausforderung der Gegenwart auf einem Plakat: | |
[3][„Black Lives Matter!“] Hamblings Werk zeigt: 200 Jahre nach | |
Wollstonecrafts Tod ist das Thema Frau in der Öffentlichkeit noch immer | |
Streitpunkt. | |
16 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Aus-Le-Monde-diplomatique/!5490443 | |
[2] /Frauen-in-der-Demokratiegeschichte/!5546919 | |
[3] /Chuck-D-von-Public-Enemy-ueber-neues-Album/!5720569 | |
## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
## TAGS | |
Frauenrechtlerin | |
Denkmal | |
Kunst | |
Feminismus | |
Künste | |
England | |
Statue | |
Bildende Kunst | |
Polen | |
Buch | |
Spielfilm | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Künstlerin Sutapa Biswas: Von Rachegöttern und Hoffnung | |
Sutapa Biswas bearbeitet das Trauma der Kolonialzeit in Indien. Zwei | |
Ausstellungen in England präsentieren ältere und neue Arbeiten. | |
Protestbewegung in Polen: Geister überlisten, Untote verjagen | |
Die neue polnische Protestbewegung kritisiert viel mehr als nur das | |
Abtreibungsverbot. Und sie spielt klug mit Traditionen der Literatur. | |
JJ Bola über toxische Männlichkeit: „Wir neigen dazu, uns zu isolieren“ | |
JJ Bola, Streetworker und Autor, in Kinshasa geboren, wuchs in London auf. | |
Er spricht über toxische Männlichkeit und angelernte Rollenbilder. | |
Regisseurin Eliza Hittman über Abtreibung: „Viele sind noch so ungeformt“ | |
Die Regisseurin Eliza Hittman hat mit „Niemals Selten Manchmal Immer“ einen | |
Film über Abtreibung in den USA gedreht. Sie besetzte ihn mit Laien. |