| # taz.de -- Aktuelle Entwicklungen in der Coronakrise: Merkel verteidigt Teil-L… | |
| > Seit Montagmorgen sind neue, scharfe Coronaregeln in Kraft. Angela Merkel | |
| > mahnt, sich an die Vorgaben zu halten. Annegret Kramp-Karrenbauer ist in | |
| > Quarantäne. | |
| Bild: Ist überzeugt, dass der Teil-Lockdown nötig ist: Bundeskanzlerin Angela… | |
| ## Merkel: Lockdown-Zwischenbilanz Mitte November | |
| Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zur Einhaltung der neuen Coronaregeln | |
| aufgerufen. Die aktuelle Lage „macht uns Sorge“, sagte Merkel am Montag in | |
| einer Pressekonferenz in Berlin. Die neuen Einschränkungen seien dringend | |
| erforderlich. | |
| In ganz Deutschland hat am Montag ein vierwöchiger Teil-Lockdown begonnen, | |
| [1][der die zweite Coronawelle brechen soll]. Seit Mitternacht gilt in | |
| allen Bundesländern, dass Hotels und Restaurants, Kinos, Museen und Theater | |
| sowie andere Freizeiteinrichtungen weitestgehend geschlossen sind. Auch für | |
| persönliche Treffen gelten strengere Regeln: In den meisten Bundesländern | |
| dürfen nur noch zwei Haushalte zusammenkommen. Kitas, Schulen und Geschäfte | |
| bleiben im Gegensatz zum ersten Herunterfahren des öffentlichen Lebens im | |
| Frühjahr diesmal geöffnet. | |
| Merkel kündigte an, sie werde am 16. November mit den | |
| Ministerpräsident:innen der Länder eine Zwischenbilanz der Einschränkungen | |
| ziehen. Dann könnten auch weitere Schritte folgen, sollte die Zahl der | |
| Neuinfektionen nicht sinken. Sie werde politisch alles tun, dass die | |
| Maßnahmen auf den November begrenzt blieben. Garantieren könne man das aber | |
| nicht. Entscheidend sei die Sieben-Tage-Inzidenz. | |
| Die neuen Einschränkungen seien schweren Herzens entschieden worden, aber | |
| auch aus voller Überzeugung. Und sie seien geeignet, um das Ziel zu | |
| erreichen. „Wenn wir das einen Monat mit aller Konsequenz durchhalten, kann | |
| das in dieser zweiten Welle ein Wellenbrecher sein“, sagte Merkel. Die | |
| Pandemie sei „ein sehr besonderes und sehr herausforderndes Ereignis“, das | |
| es so wohl „nur einmal pro Jahrhundert“ gebe. | |
| Die Kanzlerin wollte sich nicht festlegen, wie es nach dem vierwöchigen | |
| Teil-Lockdown weitergehen wird. Sollte sich herausstellen, dass die jetzt | |
| ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichend seien, um die Zahl der | |
| Neuinfektionen stark zu reduzieren, seien womöglich auch zusätzliche | |
| Einschränkungen notwendig. | |
| „Wir werden jedenfalls politisch versuchen, alles zu tun, damit es auf den | |
| November beschränkt bleibt.“ Aber auch dann werde es ab Dezember nicht | |
| wieder „freies Leben“ wie vor der [2][Pandemie], betonte die Kanzlerin. So | |
| würden auch dann die Hygiene- und Abstandsregeln weiter gelten. Dies wird | |
| laut Merkel auch für Weihnachten gelten: „Es wird ein Weihnachten unter | |
| Coronabedingungen sein, aber es soll kein Weihnachten in Einsamkeit sein.“ | |
| In Deutschland gehörten rund 30 Prozent der Bevölkerung [3][zu einer | |
| Risikogruppe], sagte die Kanzlerin. Somit sei es so, dass „fast jeder | |
| jemanden kennt, den man eigentlich nicht infizieren möchte“. Daher sei sie | |
| zuversichtlich, dass sich die überwiegende Mehrheit an die Auflagen halte. | |
| Im Augenblick zumindest gebe es nach wie vor „eine erstaunlich hohe | |
| Akzeptanz“. (reuters/dpa) | |
| ## AKK isoliert sich | |
| Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat sich | |
| nach Bekanntwerden eines Coronafalls in ihrem privaten Umfeld in Quarantäne | |
| begeben. Ein erster Test auf das Virus sei negativ ausgefallen, erklärte | |
| ihr Ministerium am Montag. Dennoch begebe sie sich nun „vorsorglich“ für | |
| sechs Tage in Quarantäne. | |
| Zu der positiv getesteten Person habe die Ministerin acht Tage zuvor | |
| Kontakt gehabt, hieß es in der Erklärung. Mit der sechstägigen Quarantäne | |
| wolle sie nun dafür sorgen, dass „insgesamt ein Abstand von 14 Tagen zu dem | |
| Kontakt besteht“, erklärte das Ministerium. Neben ihrem Ministerinnenamt | |
| ist Kramp-Karrenbauer derzeit noch CDU-Vorsitzende. (afp) | |
| ## Teil-Lockdown beginnt | |
| In Deutschland sind am Montag die neuen bundesweiten Maßnahmen zur | |
| Eindämmung des Coronavirus in Kraft getreten. Bundesgesundheitsminister | |
| Jens Spahn (CDU) betonte, angesichts der „Jahrhundertsituation“ der | |
| Coronapandemie sei diese erneute „nationale Kraftanstrengung“ nötig. Der | |
| Teil-Lockdown gilt zunächst für vier Wochen. | |
| Erlaubt ist nun in der Öffentlichkeit nur noch der gemeinsame Aufenthalt | |
| von zwei Hausständen mit insgesamt maximal zehn Menschen. Restaurants, | |
| Bars, Kneipen, Klubs und Diskotheken müssen geschlossen bleiben. Erlaubt | |
| bleibt aber die Lieferung und Abholung von Speisen für den Verzehr zu | |
| Hause. Auch Opern, Theater, Schwimmbäder und Fitnessstudios müssen | |
| geschlossen bleiben. Übernachtungsangebote für touristische Zwecke sind | |
| untersagt. | |
| Der Einzelhandel hingegen kann seine Läden weiterhin öffnen. Auch Schulen | |
| und Kitas bleiben offen. Die Maßnahmen gelten zunächst bis Ende November. | |
| Mitte des Monats wollen Bund und Länder eine Zwischenbilanz ziehen. Einige | |
| Bundesländer weichen in Details von dem vereinbarten Maßnahmenkatalog ab. | |
| Insgesamt sind die neuen Maßnahmen weniger drastisch als im Frühjahr. | |
| Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus wollte nicht ausschließen, dass die | |
| neuen Maßnahmen über den November hinaus verlängert werden. Die kommenden | |
| vier Wochen nannte er in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ entscheidend | |
| dafür, die neue Ausbreitungswelle des Virus zu brechen. „Danach müssen wir | |
| weitersehen. Garantien kann niemand abgeben“, fügte der CDU-Politiker | |
| hinzu. | |
| Spahn zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass – wie durch den Lockdown im | |
| Frühling – auch durch die neuen Einschränkungen die Ausbreitung des | |
| neuartigen Coronavirus deutlich verlangsamt werden könne. Er rief die | |
| Bürger eindringlich zur deutlichen Reduzierung ihrer Kontakte auf. Damit | |
| Kitas und Schulen offen bleiben könnten, müssten die Kontakte anderweitig | |
| „umso mehr“ verringert werden. | |
| Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) plädierte dafür, die | |
| Schulen und Kitas so lange wie irgend möglich offen zu halten. „Die | |
| Schließungen von Kitas und Schulen sind nicht das erste Mittel. Sondern die | |
| sind das letzte Mittel“, sagte sie im „Bericht aus Berlin“. | |
| Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) appellierte an die Unternehmen, | |
| Mitarbeiter so oft wie möglich ins Homeoffice zu schicken. „Wo immer das | |
| möglich ist, sollte von zu Hause aus gearbeitet werden“ sagte er der | |
| Bild-Zeitung. „Dafür müssen Unternehmen alle notwendigen Voraussetzungen | |
| schaffen.“ Wo kein Homeoffice möglich sei, müssten Hygiene- und | |
| Arbeitsschutzstandards am Arbeitsplatz besonders streng eingehalten werden. | |
| (afp) | |
| ## Höchstand auf Intensivstationen absehbar | |
| Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, rechnet mit | |
| einem neuen Höchststand an Intensivpatient:innen in Deutschland während der | |
| [4][Coronapandemie]. „In zwei bis drei Wochen werden wir die Höchstzahl der | |
| Intensivpatienten aus dem April übertreffen – und das können wir gar nicht | |
| mehr verhindern. Wer bei uns in drei Wochen ins Krankenhaus eingeliefert | |
| wird, ist heute schon infiziert“, sagte er der Bild-Zeitung (Montag). | |
| Zudem kündigte er an, auch Pflegepersonal aus nichtintensivmedizinischen | |
| Bereichen [5][auf den Intensivstationen] einzusetzen. „Das ist natürlich | |
| nicht optimal, aber in einer solchen Ausnahmesituation zu rechtfertigen.“ | |
| Der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- | |
| und Notfallmedizin (DIVI), Uwe Janssens, hatte am Wochenende in der Bild am | |
| Sonntag erklärt: „Ganz klar: Es ist in einigen Bundesländern nicht mehr | |
| viel Spielraum. Berlin hat nur noch 14 Prozent freie Intensivbetten, Bremen | |
| 17 Prozent.“ Im Frühjahr sei die Situation viel weniger dramatisch gewesen | |
| als das, was jetzt auf uns zukomme. | |
| Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, | |
| forderte, planbare Operationen zu verschieben. „Viele Intensivpfleger | |
| arbeiten schon heute am Limit, und zu Recht warnen sie vor einer | |
| Verschlimmerung“, sagte er der Bild-Zeitung. Nur „ein Maßnahmenbündel wird | |
| eine Katastrophe verhindern – zum Beispiel planbare Operationen je nach | |
| Situation vor Ort zu verschieben“. | |
| SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas lastete unterdessen Gesundheitsminister Jens | |
| Spahn an, Fachpersonal im Gesundheitsbereich und Risikogruppen nicht | |
| ausreichend zu schützen. „Die angekündigte Teststrategie kommt leider zu | |
| spät“, sagte sie der Welt (Montag). Mit steigenden Infektionszahlen fielen | |
| nun vermutlich zunehmend auch Beschäftigte im Gesundheitswesen aus. (dpa) | |
| ## Knapp 3.500 Neuinfektionen mehr als letzten Montag | |
| Die Gesundheitsämter haben nach Angaben des Robert-Koch-Instituts vom | |
| frühen Montagmorgen 12.097 Coronaneuinfektionen binnen eines Tages | |
| gemeldet. Erfahrungsgemäß sind die Fallzahlen an Montagen niedriger, auch | |
| weil an Wochenenden weniger getestet wird. Am Montag vor einer Woche hatte | |
| die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden bei 8.685 gelegen. | |
| Der 7-Tage-Mittelwert steigt auf 15.309 Neuinfektionen täglich- ein neuer | |
| Höchstwert. Allerdings hat sich das Wachstum der neuen Fälle in den letzten | |
| Tagen etwas verlangsamt: Der aktuelle Mittelwert liegt rund 50 Prozent | |
| höher als vor einer Woche. In der letzten Woche betrug der wöchentliche | |
| Anstieg dagegen meist über 70 Prozent. | |
| Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus stieg bis Montag um | |
| 29 auf insgesamt 10.481. Das RKI schätzt, dass rund 355.900 Menschen | |
| inzwischen genesen sind. | |
| Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag in Deutschland laut RKI-Lagebericht | |
| vom Sonntag bei 1,13 (Vortag: 1,13). Das bedeutet, dass zehn Infizierte | |
| etwa elf weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das | |
| Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab. | |
| Zudem gibt das RKI in seinem Lagebericht ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. | |
| Der Wert bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher | |
| weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen lag dieser Wert | |
| am Sonntag ebenfalls bei 1,13 (Vortag: 1,13). Er zeigt das | |
| Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen. (dpa/taz) | |
| 2 Nov 2020 | |
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