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# taz.de -- Die Grünen und der Dannenröder Forst: Völlig irrwitzig
> Die Grünen setzen die Abholzung des Waldstücks in Hessen um wie
> Verwaltungsbeamte. Ihr Problem ist, dass sie Realpolitik für Vernunft
> halten.
Bild: Robert Habeck vor der von Umweltakivist*innen besetzten Parteizentrale de…
An dem [1][Drama] um den Dannenröder Forst offenbaren sich Dilemmata grüner
Politik, die weit über Hessen hinausweisen. Die hessischen Grünen stellen
ja zu Recht fest, dass sie die vermaledeite Autobahn 49 nicht wollten, dass
Union und SPD den Bundesverkehrswegeplan beschlossen, dass Gerichte den Bau
abgesegnet haben. Aber es hilft ihnen nichts. Sie werden von den
KlimaschutzaktivistInnen trotzdem in Haftung genommen.
Das liegt zum einen daran, dass die Diskrepanz zwischen grünem Anspruch und
der Wirklichkeit zu groß ist. Robert Habeck und Annalena Baerbock kommen
im Bund mit obamahafter Change-Rhetorik daher. Aber in der Regierungspraxis
in den Ländern ist der ökologische Fortschritt eine Schnecke. In Hessen
oder Baden-Württemberg zeigt sich jeden Tag sehr konkret, dass Schwarz-Grün
kein radikal-realistischer Aufbruch ist, sondern eine behutsame
Modernisierung, die Konstanten nicht antastet.
Auf diese Unwucht hat die Partei noch keine strategische Antwort gefunden.
Der hessische Weg, über Konflikte in der Koalition tunlichst zu schweigen,
ist offensichtlich schwierig. Grüne und CDU haben zu Beginn des Bündnisses
verabredet, sich auf keinen Fall öffentlich zu streiten. Aber dieses
Schweigegelübde, so professionell es auch organisiert sein mag, produziert
zu viel Unglaubwürdigkeit.
Ebenso ist ein Problem der Grünen von heute, dass sie den Rahmen, den
Realpolitik setzt, mit Vernunft verwechseln. Es ist angesichts der Dramatik
der Klimakrise und der grassierenden Flächenversiegelung in Deutschland
völlig irrwitzig, einen alten Mischwald für eine Autobahn zu roden. Das,
was die AktivistInnen fordern, nämlich die veraltete Verkehrsplanung
zugunsten des Naturschutzes neu zu denken, ist dagegen bestechend
vernünftig.
Aber die Botschaft der Grünen lautet: „Liebe Klima-Kids, ihr könnt auf
Seite 268 dieser Verwaltungsvorschrift nachlesen, dass es nicht anders geht
– und jetzt müssen wir euch leider aus dem Wald tragen. Sorry und liebe
Grüße!“ Diese Art der Kommunikation ist, nun ja: gewagt. Natürlich liegen
die Grünen richtig, wenn sie sagen, sie müssten geltendes Recht einhalten.
Aber wo ein politischer Wille ist, findet sich oft auch ein juristisch
gangbarer Weg – nur bei den Grünen nicht. Der Wille ist nicht da, die
Koalitionsräson ist wichtiger.
Entscheidend aber ist, dass grünes Regierungshandeln radikaler werden muss.
Sonst bringt das alles nichts. Die oft richtige Entschuldigung, Kompromisse
seien eben Kompromisse, wirkt manchmal nur noch bemüht. Denn führende
Protagonisten wie Winfried Kretschmann nutzen ja eben nicht alle Spielräume
für ökologische Politik, die sie hätten.
Wenn Daimler eine Kaufprämie für Diesel-Limousinen will, wenn also
ökologische Politik torpediert werden soll, muss ein grüner
Ministerpräsident Nein sagen. Was denn sonst?
10 Nov 2020
## LINKS
[1] /Waldbesetzung-gegen-den-Ausbau-der-A49/!5723927
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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