# taz.de -- Trumps Äußerungen in der Wahlnacht: Drohung ohne Grundlage | |
> Der US-Präsident kann sich nicht einfach an den Supreme Court wenden. | |
> Ohnehin hatten republikanische Kläger bei Wahlkampffragen bisher wenig | |
> Erfolg. | |
Bild: Trump und seine Anhänger müssen warten. Der Präsident hat kein Recht, … | |
BERLIN taz | Es war schon nach 2 Uhr am Morgen, als US-Präsident Donald | |
Trump im Weißen Haus vor die Kameras trat und die noch laufende Auszählung | |
der Stimmen mit Zorn und einer gewissen Verwunderung kommentierte: Er führe | |
doch so deutlich in einer Reihe der besonders umkämpften Staaten, dass ihn | |
niemand mehr einholen könne – das müsse man endlich anerkennen: „Um es kl… | |
zu sagen: [1][Wir haben diese Wahl gewonnen]!“ | |
Die weitere Auszählung müsse aufhören, und: „Wir werden den Supreme Court | |
anrufen“, um das auch durchzusetzen und einen „großen Betrug an unserer | |
Nation“ zu verhindern. „Wir wollen nicht, dass jemand um 4 Uhr morgens noch | |
Stimmen findet und sie dem Ergebnis hinzufügt.“ Trump fügte hinzu, dies sei | |
„ein sehr trauriger Moment“. | |
Zu diesem Zeitpunkt hatte noch kein TV-Sender und auch die bisher dafür | |
immer maßgebliche Nachrichtenagentur Associated Press einen Sieger der | |
Präsidentenwahl ausgerufen. Aus den entscheidenden Staaten wie | |
Pennsylvania, Michigan und Wisconsin lagen erst Teilergebnisse vor. Allen | |
war bewusst, dass ein Ergebnis der Wahl wegen der Rekordbeteiligung und | |
wegen des hohen Anteils der Briefwahlstimmen [2][keinesfalls schon am | |
Wahlabend feststehen werde]. | |
Und so sorgte Trumps Auftritt für einen Sturm der Entrüstung bei | |
Kommentator:innen und bei Politiker:innen selbst aus Trumps eigener Partei, | |
mit [3][Verzögerung auch aus dem Ausland]. | |
## Biden warnt | |
Trumps Konkurrent Joe Biden war kurz vor Trumps Rede in seiner Heimatstadt | |
Wilmington vor seine Anhänger:innen getreten, die in ihren Autos ein | |
Hupkonzert veranstalteten. Er klang zuversichtlich, obwohl die | |
Zwischenergebnisse [4][längst nicht so positiv aussahen], wie in den | |
Umfragen vorhergesagt worden war: „Wir glauben, dass wir auf dem Weg sind, | |
diese Wahl zu gewinnen“, sagte Biden. | |
Er warnte aber: „Weder ich noch Donald Trump können verkünden, wer die Wahl | |
gewonnen hat. Dies ist die Entscheidung der Bürger Amerikas.“ Bidens | |
Kampagnenchefin Jen O’Malley Dillon nannte Trumps Rede „empörend, | |
beispiellos und falsch“. | |
Trump stellte mit seinen Äußerungen erneut die [5][demokratischen | |
Institutionen des Landes infrage]. Er hatte immer wieder gegen die | |
Briefwahl gewettert, da sie besonders anfällig für Betrug sei – wofür es | |
keinen empirischen Beleg gibt. Mehr als 300-mal klagten Politiker:innen | |
seiner Partei vor Gericht, um das Wahlprozedere zu ändern oder die | |
Wahlmöglichkeiten einzuschränken, etwa indem in einzelnen Bundesstaaten | |
nach dem Wahltag eingehende Stimmen nicht mehr berücksichtigt werden | |
dürften. | |
In Texas sollten 120.000 Stimmen, die mutmaßlich demokratische Wähler:innen | |
in so genannten Drive-in-Wahllokalen abgegeben hatten nach dem Willen | |
republikanischer Kläger für ungültig erklärt werden. Deutlich erkennbar war | |
bei allen Klagen der Hintergedanke, vor allem für Kandidat:innen der | |
Demokraten einen Wahlsieg zu erschweren. Alle wesentlichen Klagen wurden | |
von den Gerichten abgewiesen. | |
## Viel zu früh für Entscheidung | |
Auch Trumps in Aussicht gestellter Antrag, die Auszählung vom Supreme Court | |
vorzeitig stoppen zu lassen, dürfte mit ziemlicher Sicherheit erfolglos | |
bleiben. Zum einen ist es seit langer Zeit gängige und gute demokratische | |
Praxis, alle Stimmen zu zählen, die den Regeln gemäß abgegeben worden sind. | |
Es dauert häufig mehrere Wochen, bis die Bundesstaaten ihr offizielles | |
Endergebnis nach Washington melden. Auch die Stimmen der im Ausland | |
stationierten Militärangehörigen werden erst später ausgezählt. | |
Aber vor allem hat Trump als Präsident keinerlei rechtliche Befugnisse, in | |
den Wahlvorgang einzugreifen. Die Wahl des Präsidenten ist nach der | |
Verfassung Angelegenheit der Bundesstaaten. | |
Deshalb kann nur von dort vor Gericht gegen den Ablauf einer Wahl geklagt | |
werden. Erst wenn Richter vor Ort über die Klage entschieden haben, ist es | |
möglich, den Supreme Court anzurufen. | |
4 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] http://Wir%20haben%20diese%20Wahl%20gewonnen | |
[2] /Die-US-Wahlen-in-Zahlen/!5722871 | |
[3] /Reaktionen-auf-US-Wahl/!5726203 | |
[4] /US-Wahlen-noch-nicht-entschieden/!5726214 | |
[5] /Trumps-undemokratisches-Verhalten/!5726244 | |
## AUTOREN | |
Stefan Schaaf | |
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