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# taz.de -- Reaktionen auf US-Wahl: Bestürzung in Deutschland
> Deutsche Politiker:innen äußern sich besorgt über die unklare Lage in den
> USA während der Stimmenauszählung. AKK spricht von einer „sehr explosiven
> Situation“.
Bild: Annegret Kramp-Karrenbauer äußerte sich am Mittwoch zu den US-Wahlen
Berlin afp/dpa/reuters | Politiker in Deutschland haben US-Präsident Donald
Trump undemokratisches Verhalten vorgeworfen. Vizekanzler Olaf Scholz hat
eine Auszählung aller Stimmen angemahnt. Die Wahlen müssten „komplett
stattfinden“, so dass das Votum jedes Bürgers und jeder Bürgerin Einfluss
auf das Ergebnis haben könne, sagte der SPD-Politiker am Mittwochmorgen in
Berlin. Zuvor hatte sich US-Präsident Donald Trump [1][vorzeitig zum Sieger
erklärt], obwohl die Auszählung der Wahlergebnisse noch nicht abgeschlossen
war.
Scholz sagte, die Entwicklung in den USA sei Anlass, darauf zu bestehen,
dass Europa eine eigene Kraft entfalte. „Es geht also um europäische
Souveränität, wenn wir über die Politik der Zukunft diskutieren.“ Eine
regelbasierte Weltordnung biete die Grundlage für eine gute Entwicklung
jeder Nation. „Deshalb geht es gerade jetzt, auch bei dieser Gelegenheit
darum, dass wir Europa stark machen“, sagte der Bundesfinanzminister. Er
äußerte sich vor einer Onlinekonferenz mit seinen EU-Kollegen.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sieht wegen der
[2][Unsicherheit über den Wahlausgang in den USA] „eine sehr explosive
Situation“ dort. Es sehe so aus, „dass jetzt die Schlacht um die
Legitimität des Ergebnisses, wie immer es aussehen wird, begonnen hat“,
sagte die CDU-Chefin am Mittwoch im ZDF-“Morgenmagazin“. Offensichtlich
werde der Wahlkampf nach der Wahl fortgesetzt.
Trump hatte zuvor einen Sieg bei der [3][Präsidentschaftswahl] für sich
beansprucht – und will eine weitere Auszählung der Stimmen vom Obersten
Gerichtshof des Landes stoppen lassen. „Wir haben diese Wahl gewonnen“,
sagte Trump in der Nacht auf Mittwoch (Ortszeit) im Weißen Haus, obwohl der
Ausgang der Wahl in mehreren wichtigen Bundesstaaten noch offen war.
Der Amtsinhaber sprach von angeblichem „Betrug an der Nation“ bei der Wahl
und fügte hinzu: „Wir werden vor den Supreme Court ziehen. Wir wollen, dass
alles Wählen endet.“ Vermutlich bezog sich Trump damit auf die nach wie vor
laufende Auszählung zahlreicher Briefwahlstimmen.
Kramp-Karrenbauer widersprach der Darstellung von US-Präsident Donald
Trump. „Diese Wahl ist noch nicht entschieden“, betonte die
CDU-Politikerin, denn „die Stimmen werden noch ausgezählt.“ Sie warnte
angesichts des Auftretens von Trump vor „einer Verfassungskrise in den
USA“. Dies sei „etwas, das uns insgesamt sehr beunruhigen muss“.
## Lindner: „Kritische Situation“
Zum deutsch-amerikanischen Verhältnis sagte die CDU-Vorsitzende, die
Freundschaft zwischen beiden Ländern sei „in den vergangenen vier Jahren
auf eine harte Probe gestellt worden“. Dennoch bleibe sie dabei: „Diese
Freundschaft ist mehr ist als die Frage einer aktuellen Administration im
Weißen Haus.“
Klar sei auch, dass Deutschland auf Dauer weiter gute Beziehungen zu den
USA brauche. „Deswegen halte ich nichts davon, wenn wir sagen, wir lösen
uns von den Vereinigten Staaten“, hob Kramp-Karrenbauer hervor. Allerdings
gelte für die Zukunft: „Wir werden sehr viel mehr für unsere eigenen
Interessen tun müssen – als Deutschland und insbesondere mit den anderen
Europäern.“
Der Präsident des deutschen Industrieverbandes BDI, Dieter Kempf, warnt vor
einer längeren Phase der Unsicherheit. Alle Stimmen müssten ausgezählt und
der rechtmäßige Sieger gekürt werden. „Wir hoffen sehr, dass die Situation
in den Vereinigten Staaten nun nicht eskaliert und alle einen kühlen Kopf
bewahren.“ Nach der Wahl müsse es einen Neustart in den transatlantischen
Beziehungen geben. „Unsere Partnerschaft ist in den vergangenen vier Jahren
in schwieriges Fahrwasser geraten. Die USA müssen endlich darauf
verzichten, Zölle unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit zu erheben
oder anzudrohen.“
Dass Trump noch vor Auszählung aller Stimmen den Sieg bei der
Präsidentschaftswahl für sich beansprucht, führe zu einer „kritischen,
einer bestürzenden Situation“, sagte FDP-Chef Christian Lindner am Mittwoch
im ZDF. „Damit bahnt sich eine dramatische Konfliktsituation in der
amerikanischen Demokratie an mit unabsehbaren Folgen nicht nur für das
amerikanische Volk, sondern darüber hinaus – auch für die Welt und mithin
auch uns in Europa“, warnte Lindner.
Es könne nun eine Situation entstehen, in der die Vereinigten Staaten „auf
der internationalen Bühne überhaupt nicht handlungsfähig sind“, sagte
Lindner. Dass Trump den Sieg bereits für sich beanspruchte und die
Auszählung von Stimmen gerichtlich stoppen lassen will, breche mit
„Tradition und Regeln“, kritisierte der FDP-Chef. Was Trump nun mache,
„übersteigt doch das, was man vor wenigen Monaten für möglich gehalten
hätte“.
Auch der Linken-Außenexperte Gregor Gysi kritisierte Trumps Vorgehen
scharf. „Das ist wirklich undemokratisch“, sagte Gysi im ZDF. „Er will die
Leute aufputschen.“ Gysi kritisierte Trumps Ankündigung, die Auszählung von
Stimmen gerichtlich stoppen lassen zu wollen. Damit habe der Präsident
„weder sich noch seinem Land noch der Menschheit einen Gefallen getan“.
Der Vorsitzende der Atlantik-Brücke Sigmar Gabriel hat vor einem
außenpolitischen Vakuum nach einem unklaren Wahlausgang in den USA gewarnt.
Sollte die USA auf Monate mit sich selbst beschäftigt und ohne klare
Führung sein, wäre das ein „Riesenproblem“, sagte der frühere SPD-Chef am
Mittwoch im ZDF-“Morgenmagazin“. „Das wird die freuen, die das Vakuum
füllen wollen. Das sind China, Russland, die Türkei.“ Europa sei leider zu
schwach, um das zu tun, sagte Gabriel. Für die Welt sei es sehr schwierig,
wenn eine so große Nation wie die USA praktisch ausfalle. Er verwies auf
Herausforderungen wie die Coronapandemie oder die Verbreitung von
Nuklearwaffen zu verhindern.
4 Nov 2020
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