# taz.de -- Flächenkonflikt um Bremer Kulturprojekt: Irgendwo bleibt heimatlos | |
> Das Offkultur-Projekt ‚Irgendwo‘ soll nicht im Gebiet am Flughafen | |
> bleiben. Die linke Wirtschaftssenatorin will das Areal für Investoren | |
> reservieren. | |
Bild: Ort für Sub- und Off-Kultur: Das Irgendwo | |
BREMEN taz | 2.360, 2.361, 2.362... im Minutentakt trudeln die | |
Unterschriften von Unterstützer*innen ein; erst am späten Sonntagabend | |
hatte Amélie Rösel die Petition [1][„Irgendwo bleibt, wo es ist“] auf | |
openpetition.de eingereicht. Am Dienstagnachmittag hat sie bereits 45 | |
Prozent der notwendigen Stimmen für eine öffentliche Stellungnahme | |
zusammen. | |
Die Forderung: Das Irgendwo, ein Raum für Off-Kultur und Outdoor-Partys des | |
Vereins Kulturbeutel, soll dauerhaft auf dem Gelände an der | |
Amelie-Beese-Straße bleiben dürfen. Seit dem 1. November steht es nämlich | |
ohne gültigen Mietvertrag da. „Wir sind hier nur noch geduldet“, so Rösel. | |
Schon drei Jahre lang bespielt der Verein die Fläche an der Flughafenstadt | |
mit Housepartys, Lesungen, Filmen, einem Biergarten. Das Ganze war auf | |
Zwischennutzung angelegt – jedes Jahr mussten die Betreiber*innen erneut | |
auf einen Vertrag hoffen. Ein neues Angebot der Stadt gibt es zwar – doch | |
das kommt den Aktiven eher wie ein Rauswurf vor: Zwei Jahre noch, so heißt | |
es im Vertragsentwurf, könne das Projekt bleiben, dann müsse es definitiv | |
umziehen. | |
Eigentlich, so erzählt es Graßhoff vom Kulturbeutel, hatte man sich von der | |
rot-grün-roten Landesregierung eine Verstetigung erhofft: Schließlich steht | |
die Schaffung subkultureller Räume gleich [2][mehrfach im | |
Koalitionsvertrag]; und im vergangenen Herbst, so Graßhoff, habe man sich | |
mit den Ressorts darauf geeinigt, 2020 endlich eine dauerhafte Lösung zu | |
suchen und zu finden. | |
## Das Areal ist auch für die Wirtschaft interessant | |
Doch das Wirtschaftsressort unter Senatorin Kristina Vogt (Linke) hat | |
andere Pläne für das Grundstück. Anfang des Jahres hatte sich ein Investor | |
gefunden, der hier ein Bürogebäude entwickeln wollte. Wegen Corona ist der | |
zwar erst einmal abgesprungen – aber das Sahnestück deshalb komplett den | |
Kulturtreibenden überlassen, das will man im Hause Vogt nicht. | |
Das Areal sei immerhin eines der letzten freien Grundstücke in der | |
begehrten Airport-Stadt, sagt die neue Sprecherin des Wirtschaftsressorts, | |
Kristin Viezens. Und immer sei klar gewesen, dass es bei diesem Gelände nur | |
um eine Zwischennutzung für den Kulturbeutel gehen könne. „Natürlich will | |
die Senatorin, dass der Verein eine Fläche bekommt“, so Viezens. „Aber es | |
ist ganz klar: Diese Fläche ist es nicht.“ | |
Alternativen allerdings sind rar gesät. „Vieles muss stimmen“, erklärt | |
Graßhoff: Wohngebiete fallen raus, schließlich werden im Irgendwo Partys | |
gefeiert, auch mit Bass und Lautstärke. Umgekehrt bieten sich auch nicht | |
alle Gewerbeflächen an – Lesungen und Filmabende finden neben einer | |
Autobahn nicht die nötige Ruhe. Und dann muss noch die Anbindung stimmen, | |
damit überhaupt Besucher*innen kommen. | |
Unterstützung bekommt diese Argumentation ausgerechnet aus der | |
Landesregierung. „Von all den vielen Grundstücken, die wir geprüft haben, | |
hat keines so viele Vorteile, wie das jetzige“, so die Senatorin für | |
Stadtentwicklung, Maike Schaefer (Grüne). Ganz einig scheint man in der | |
Koalition über den Umgang mit dem Irgendwo irgendwie noch nicht. | |
4 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.openpetition.de/petition/online/irgendwo-bleibt-wo-es-ist-2#pet… | |
[2] https://www.spd-land-bremen.de/Binaries/Binary6330/Koalitionsvereinbarung-R… | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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