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# taz.de -- Fußball-Bundesliga in leeren Stadien: Auf die Knie, Profifußball!
> Die Bundesliga darf ihr Spiel weiterspielen. Die Klubs sollten dankbar
> dafür sein und nicht über die verordnete Geisteratmosphäre jammern.
Bild: Borussia Dortmund – Zenit St. Petersburg: Die Plätze auf der Südtrib�…
Es sind zwei Sätze, wie sie gnadenloser nicht sein könnten. Sie stehen im
Beschluss, den die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Bundesländer
am Mittwoch gefasst haben. Unter Punkt 6 heißt es da: „Veranstaltungen, die
der Unterhaltung dienen, werden untersagt. Profisportveranstaltungen können
nur ohne Zuschauer stattfinden.“ Man könnte glatt meinen, dass es die
zahlreichen, traurigen Vorstellungen im ideenlosen Verschiebefußball der
Bundesliga waren, welche die Regierungschefs dazu gebracht haben,
festzustellen, dass der Profifußball keiner Unterhaltung dient und deshalb
weiterlaufen darf. In Wahrheit ist in diesem Punkt sechs eine Ausnahme von
der Regel formuliert, wegen der man in den von den Fernsehgeldern so
abhängigen Fußballklubs auf die Knie gehen sollte.
Die Videorunde hat dem Milliardenbusiness Profifußball den Roten Teppich
ausgerollt. Während Wirte und Konzertveranstalter sich überlegen, wie sie
ihr Geschäft abwickeln können, ohne dass sie und ihre Angestellten zu
Sozialfällen werden, darf der Profifußball weiter über den ganzen Kontinent
reisen, auf dass die Werbebortschaften der Trikots bei den Leuten zu Hause
ankommen, die einen Bezahlsender oder einen Streamingdienst abonniert
haben.
Die ganz Großen unter ihnen dürfen weiter an ihren Plänen für eine
Superduperliga in Europa arbeiten, für die schon ein Investor bereitstehen
soll, der 5 Milliarden Euro in den Wettbewerb pumpen soll. Derweil
überlegen Klubs wie Werder Bremen wegen der nun ausbleibenden
Zuschauereinnahmen, wie viele Mitarbeiter sie in Kurzarbeit schicken
müssen, damit die Spitzenverdiener dieses mittelständischen Unternehmens
weiter ihre Löhne erhalten können.
Währenddessen schließt der FC Bayern München einen neuen
Superdupersponsorendeal mit einem namhaften Haushaltsgerätehersteller und
bastelt weiter an einer Vertragsverlängerung mit dem Abwehrspieler David
Alaba, dem die angebotenen 11 Millionen Euro Grundgehalt nicht genug sein
sollen. Ja, die Liga sollte dankbar sein, dass [1][ihr Betrieb weitgehend
so weiterlaufen kann wie gehabt], während der Unterbau des deutschen
Fußballs [2][schlicht zugesperrt wird].
## Peinliches Schreiben
Doch statt demütig einfach weiterzuarbeiten, sendet etwa Borussia Dortmund
einen [3][„offenen Brief an die Fans“], in dem der Klub, die Entscheidung,
Zuschauer künftig außen vor zu lassen, heftig kritisiert. Der BVB verweist
auf sein tolles Hygienekonzept und hat gewiss recht, wenn er sagt, dass man
sich da einiges hat einfallen lassen. „Es hat sich an der frischen Luft
niemand angesteckt. Der Profifußball ist nachweislich kein Treiber der
Pandemie. Und ehrlich gesagt sieht das auch niemand anders. Gerade vor
diesem Hintergrund ist es schwierig zu akzeptieren, dass Fakten nicht
zählen“, heißt es in der Jammerarie des BVB, als sei es ausgerechnet der
Profifußball, der unter dem Lockdown am meisten zu leiden hat.
Dabei haben die Klubs und die Liga selbst entschieden, sich bei der Frage
der Zulassung von Zuschauern ins Stadion an den 7-Tage-Inzidenzwerten von
35 beziehungsweise 50 Infizierten pro 100.000 Einwohnern zu orientieren.
Zahlen, die an jedem Bundesligastandort heute weit überschritten sind. Die
Bundesliga hätte sich das Zuschauerverbot eigentlich selbst verordnen
müssen. Den offenen Brief an die Fans kann man vor diesem Hintergrund nur
als peinlich bezeichnen.
Als die erste Welle der Coronapandemie über das Land schwappte und die
Bundesliga den Spielbetrieb kurzzeitig ganz einstellen musste, war von
Ligamanagern [4][viel von Demut zu hören]. Von einer neuen Bescheidenheit
war da bisweilen gar die Rede. Gut möglich, dass dies nur Gerede war.
Schade eigentlich.
30 Oct 2020
## LINKS
[1] /Taskforce-Zukunft-Profifussball/!5721578
[2] /Amateurklubvertreter-ueber-Lockdown/!5721114
[3] https://www.bvb.de/News/Uebersicht/Offener-Brief-an-die-BVB-Fans
[4] /Neustart-der-Fussball-Bundesliga/!5678252
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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