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# taz.de -- Basketball in Zeiten von Corona: Qual, viral
> Vom Virus geschwächt verliert Alba Berlin in der Euroleague gegen
> Barcelona und gibt eine Ahnung davon, wie die Saison verlaufen könnte.
Bild: „Wichtig, dass die Unterhaltung weitergeht“: Niels Giffey setzt sich …
Am Ende standen elf Spieler auf dem Spielberichtsbogen, genug fürs Spiel
gegen den FC Barcelona. Acht Alba-Profis hätten es nach den Vorgaben der
Euroleague zwingend sein müssen. Anfang dieser Woche war noch nicht klar,
ob die Berliner genug Spieler zusammenkriegen für die Partie am
Donnerstagabend in Berlin. Das Coronavirus hatte sich bei gleich sieben
Alba-Spielern eingenistet.
Das zuständige Gesundheitsamt ordnete eine strenge Quarantäne fürs Team an.
17 Tage konnte Alba nicht trainieren. Nur drei Einheiten waren vor der
Begegnung gegen die Katalanen möglich. Der amtierende deutsche Meister traf
quasi rekonvaleszent auf eines der besten Teams der Euroleague – und verlor
erwartungsgemäß hoch mit 67:103. Das Virus hatte Albas Chancen radikal
minimiert.
„Gut, dass wir wieder auf hohem Niveau competen“, sagte Flügelspieler Niels
Giffey in fließendem Denglisch, während ihn Medienchef Justus Strauven von
hinten an der Hüfte packte und auf die vorschriftsmäßigen 1,50 Meter
Abstand zu den Journalisten brachte, die wiederum 20 Zentimeter als
ausreichend erachteten. „Nur so können wir wieder in den hohen Rhythmus
reinkommen“, ergänzte Giffey, also mit Spielen gegen Topteams.
Er hatte zwei Stunden vor seinem Mixed-Zone-Interview eine fast leere Halle
betreten. Die Zuschauerränge waren aus Gründen der Seuchenprävention
verwaist. Die Musik plärrte trotzdem so laut wie in alten Zeiten, als
müsste der DJ zehntausend Menschen unterhalten – und nicht nur eine Schar
handverlesener Medienleute, die brav in ihre Masken atmeten.
„Es ist wichtig, dass die Unterhaltung weitergeht, wir sind ja schließlich
im Unterhaltungsbusiness“, sagte Giffey, der trotz des „ekligen“
Spielausgangs, wie er einräumte, ein bisschen Spaß auf dem Parkett hatte.
Pures Entertainment war das freilich nicht: Das aufgeregte Quietschen der
Gummisohlen auf dem Belag und das nimmermüde Lamentieren von Gästetrainer
Šarūnas Jasikevičius, der auch bei hoher Führung stets etwas am Spiel der
Seinen auszusetzen hatte, dienten als akustische Untermalung einer alles in
allem deprimierenden Inszenierung – einer Simulation von Sport, wie er
einmal war.
## Fernsehen kann kaschieren
Das Fernsehen kann die trostlose Szenerie noch ganz gut kaschieren
(vielleicht hat man sich auch daran gewöhnt?), wenn man sich allerdings
mittendrin befindet im Coronasport der pandemischen Neuzeit, dann hüllt
einen die trostlose Atmosphäre ein wie eine nasse, kratzige Wolldecke.
Giffey ist offenbar ein pragmatischer Typ. Den Wettkampf hatte er
kurzerhand umgewidmet in eine Übung: „Uns hilft gerade jede
Trainingseinheit.“ Stück für Stück könne es in dieser schwierigen Situati…
nur vorangehen, ergänzte Alba-Coach Aíto Reneses, der mit seinem Team am
Sonntag gegen Frankfurt in die Bundesliga-Saison startet und sich bis dahin
auf die Suche nach „Vitaminen“ begeben will, damit seine Mannschaft wieder
zu Kräften kommt.
Der Trainingsrückstand war offensichtlich. Barcelona zockte den
überforderten Gegner mit einer sagenhaften Dreierquote von 52,2 Prozent ab.
Vor allem die ehemaligen NBA-Spieler Alex Abrines (Oklahoma City Thunder)
und Nikola Mirutić (Chicago Bulls) zeigten, was sie draufhaben.
Auf den anderen Seite musste Trainer Reneses auf Stammkräfte wie Maodo Lô
und Peyton Siva verzichten. Letzterer bekannte in einem [1][Podcast], dass
er im Gegensatz zu seinen positiv getesteten Teamkollegen mit einigen
Covid-19-Symptomen zu kämpfen hatte: „Mein Körper fühlte sich komisch an.
Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, ich habe aufrecht im Bett gesessen“, so
schilderte er den Krankheitsverlauf. „Das war definitiv keine Erkältung,
die geht nach ein, zwei Tagen weg. Es hat mir Angst gemacht, auch weil ich
nicht wusste, was noch kommt. Aber nach einigen Tagen wurde es besser.“
Siva rät dringend zum Tragen von Masken. Auf dem Spielfeld müssen sie
jedoch noch nicht übergestreift werden, wenngleich die Mitarbeiter der
Berliner Gesundheitsämter diese Maßnahme vielleicht begrüßen würden, denn
sie urteilen über das virale Geschehen im Basketball mit unerbittlicher
Strenge. Während im Bereich des erstklassigen Profifußballs Coronapositive
oft nur aussortiert werden und der Normalbetrieb für die restlichen,
negativ getesteten Spieler weiterläuft, müssen Basketballspieler offenbar
zwingend in Quarantäne.
Die Deutsche Fußball-Liga hat hierfür die [2][Kategorie 2] („geringes
Infektionsrisiko“) erfunden. Das heißt: Weil das Hygienekonzept der
Fußballer so genial ist, müssen Kicker, die mit infizierten Spielern oder
Klubpersonal in Kontakt waren, nicht in Hausarrest. Viele Gesundheitsämter
spielen da mit. Niels Giffey wunderte sich wie manch anderer über die
unterschiedlichen Ansätze in verschiedenen Sportarten und Ländern: „Da wird
es schwierig, über die gesamte Saison eine ausgeglichene Competition zu
haben“, sagte er.
Es ist also damit zu rechnen, dass sich die Basketballliga in der
Coronakrise mühsam von Spieltag zu Spieltag quält, froh darüber, irgendwie
wirtschaftlich zu überleben und von existenzgefährdenden Positivtests
verschont zu werden.
6 Nov 2020
## LINKS
[1] https://anchor.fm/tony-peyton
[2] https://media.dfl.de/sites/2/2020/05/2020-05-12-Task-Force-Sportmedizin_Son…
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Basketball
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Henning Harnisch
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