# taz.de -- Wahlkampf in den USA: Parallele Welten | |
> Die Auftritte der Kandidaten Donald Trump und Joe Biden bei Bürgerforen | |
> bringen wenig Neues. Unterschiede treten jedoch umso deutlicher hervor. | |
Bild: Joe Biden auf dem Weg zur Bürgerfragestunde am Donnerstagabend | |
Washington taz | US-Präsident Donald Trump und sein demokratischer | |
Herausforderer [1][Joe Biden] haben sich am Donnerstagabend in zwei | |
parallel übertragenen TV-Bürgerforen den Fragen von Wähler*innen gestellt. | |
Politisch hatte das Fernduell nur wenig Neues zu bieten, doch das Auftreten | |
und Verhalten der beiden Kontrahenten hätte wohl kaum unterschiedlicher | |
sein können. | |
Trump zeigte sich vor allem zu Beginn der Übertragung aggressiv und giftig. | |
Die Frage von NBC-Moderatorin Savannah Guthrie bezüglich der | |
Verschwörungstheorien von QAnon-Anhängern bezeichnete er herabwertend als | |
„sehr süß“. Eine klare Antwort, wie er zu den absurden Theorien stehe, | |
blieb er seinen Wählern schuldig. | |
Biden versuchte es hingegen mit Mitgefühl, Verständnis und konkreten | |
politischen Plänen. Seine langatmigen Antworten, in denen sich der frühere | |
US-Vizepräsident oftmals selbst um Kopf und Kragen redete, versprühten | |
trotzdem nicht die Zuversicht, die sich viele Wähler*innen von ihm wünschen | |
würden. | |
Eigentlich hätten sich Trump und Biden am Donnerstag in der zweiten | |
Fernsehdebatte gegenüberstehen sollen. Der [2][positive | |
Coronavirus-Testbefund] des Präsidenten vor knapp zwei Wochen sowie dessen | |
Verweigerung an einer virtuellen Debatte teilzunehmen, verhinderten | |
allerdings ein erneutes Aufeinandertreffen der beiden US-Spitzenkandidaten. | |
## Sichtlich genervt | |
Trumps aggressives Verhalten gegenüber Guthrie war der mit weitem Abstand | |
einprägsamste Moment des Bürgerforums in Miami. „Es geht wieder los“, sag… | |
ein sichtlich entnervter Präsident auf die Frage zu seiner Einstellung | |
gegenüber rechtsextremen Gruppierungen. „Immer tust du das. [...] Hörst du | |
zu? Ich verurteile White Supremacy. Was ist die nächste Frage?“ | |
In der ersten Debatte hatte Trump für Schlagzeilen gesorgt, als er sich | |
weigerte, rechtsextremistische Gruppierungen eindeutig zu denunzieren. | |
Damals erklärte er zwar, dass sich die „Proud Boys“ zurückhalten sollten. | |
Im gleichen Atemzug sagte er jedoch, dass sie sich bereithalten sollten. | |
„Stand back and stand by“, lautete Trumps damalige Wortwahl. | |
Wie in vielen rechtsextremen Chatrooms und auf den verschiedenen sozialen | |
Netzwerken im Nachhinein zu lesen war, feierten Mitglieder*innen und | |
Anhänger*innen diverser Gruppierungen die Aussage des Präsidenten als eine | |
Art Bestätigung. | |
Die Fragen der Wähler*innen in beiden Bürgerforen konzentrierten sich vor | |
allem auf die anhaltende Coronakrise. Auch die wirtschaftliche Lage, die | |
Zukunft der Krankenversicherung und das aktuelle Verfahren zur Ernennung | |
eines/R neuen obersten Richter/in am Supreme Court fanden Erwähnung. | |
## „Fantastische Arbeit“ | |
Trump ist trotz seiner jüngsten persönlichen Erfahrungen mit dem Virus | |
weiterhin davon überzeugt, dass er und seine Regierung im Kampf gegen die | |
Pandemie eine „fantastische Arbeit“ geleistet hätten. Er erklärte außerd… | |
dass das Schlimmste bereits hinter den USA liegen würde. Und das, obwohl | |
die Infektionszahlen in vielen US-Bundesstaaten aktuell wieder ansteigen | |
und mehr als 210.000 Menschen in den Vereinigten Staaten bisher am Virus | |
verstorben sind. | |
Biden kritisierte den Präsidenten erneut dafür, dass er bereits im Frühjahr | |
über die tödlichen Gefahren des Virus Bescheid gewusst und trotzdem nichts | |
unternommen habe, um einen großflächigen Ausbruch zu verhindern. | |
„Amerikaner geraten nicht in Panik, aber Trump geriet in Panik“, sagte der | |
demokratische Spitzenkandidat in Anspielung auf Trumps Aussage, dass er die | |
US-Bevölkerung nicht unnötig habe in Panik versetzen wollen. | |
Der 77-jährige Biden, der sich in Philadelphia den Fragen von Wähler*innen | |
stellte, versuchte sich klar von Trump abzugrenzen. Dazu benutzte er auch | |
ein Zitat seines Vaters: „Jeder hat Anspruch darauf, mit Würde behandelt zu | |
werden.“ Er erklärte, dass Gleichberechtigung eines der zentralen Themen | |
seines politischen Lebens sei. | |
„Sollte ich die Wahl zum Präsidenten gewinnen, dann wirst du von mir keine | |
rassistische Hetze hören und nichts, was uns weiter trennt. Du wirst von | |
mir das hören, was uns zusammenbringt“, sagte Biden bei dem von | |
ABC-Moderator George Stephanopoulos geführten Bürgerforum. | |
## Fracking und Green New Deal | |
Wie schon bei der ersten desaströsen Debatte zwischen den beiden Kandidaten | |
am 29. September wiederholte Biden seine kontroversen Positionen in Bezug | |
auf Fracking und zum Green New Deal – ein groß angelegtes Gesetzespaket zur | |
Abkehr von fossilen Brennstoffen. Er gab zu Protokoll, dass er die | |
umstrittene Fracking-Methode zur Erdöl- und Erdgasgewinnung nicht verbieten | |
werde und der Green New Deal ihm zu weit ginge. | |
Der Ex-Vizepräsident gab zudem keine klare Antwort auf die Frage, ob er die | |
Anzahl der Richter am Obersten Gerichtshof erhöhen werde, sollte Amy Coney | |
Barrett als Nachfolgerin der kürzlich verstorbenen Ruth Bader Ginsburg vom | |
Senat bestätigt werden. | |
Mit den Wähler*innen ging Trump zwar weniger aggressiv um, doch blieb er | |
ihnen in vielen Fragen eine echte Antwort schuldig. Der 74-Jährige erklärte | |
allerdings nach langem Zögern, dass er eine Wahlniederlage akzeptierten | |
werde. Zugleich wiederholte er seine Kritik am Briefwahlsystem, welches ihm | |
zufolge zu Wahlmanipulation führen könne. | |
Auf die Frage, warum Wähler, die sich noch immer nicht für einen Kandidaten | |
entschieden hätten, für ihn stimmen sollte, sagte Trump selbstsicher: „Weil | |
ich großartige Arbeit geleistet habe.“ | |
In der kommenden Woche steht das letzte TV-Duell der beiden | |
US-Präsidentschaftskandidaten vor der Wahl an. Austragungsort ist Nashville | |
im US-Bundesstaat Tennessee. | |
16 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Hansjürgen Mai | |
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