# taz.de -- Verfassungsschutz in Sachsen: Rechtsaußen rechtssicher beobachten | |
> Der sächsische Verfassungsschutz sammelte Daten über AfD-Abgeordnete. Das | |
> sei rechtswidrig, hieß es zuerst. Doch so eindeutig ist es offenbar | |
> nicht. | |
Bild: Musste wohl wegen der AfD-Datensammlung gehen: Gordian Meyer-Plath | |
DRESDEN taz | In Sachsen wird weiter über den Umgang damit gestritten, dass | |
der sächsische Verfassungsschutz [1][öffentlich zugängliche Daten über | |
AfD-Landtagsabgeordnete gesammelt hat]. Anfang Juli wurde der Präsident des | |
Landesamtes Gordian Meyer-Plath durch seinen Aufsichtsführer im | |
Innenministerium Dirk-Martin Christian [2][abgelöst]. Es sei rechtswidrig, | |
die Daten zu sammeln, so der Vorwurf. Vorwürfe, die wohl zumindest | |
teilweise zu Unrecht erhoben wurden, wie Hinweise aus der Parlamentarischen | |
Kontrollkommission (PKK) des Landtags jetzt andeuten. | |
„Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Speicherung von Abgeordnetendaten“ s… | |
„ein laufender Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist“, teilt | |
LfV-Sprecherin Patricia Vernhold auf Anfrage mit. Aber auch die | |
AfD-Landtagsfraktion hat ihre mit lautem Getöse angekündigte Klage gegen | |
ihre Observierung nach fast vier Monaten immer noch nicht eingereicht. | |
Fragen nach Gründen für diese Verzögerung beantwortet die sonst nie | |
verlegene AfD nicht. | |
In anderen Fraktionen wird vermutet, dass die AfD die im Klagefall | |
wahrscheinliche öffentliche Nennung auffälliger Personen nicht riskieren | |
will. Die vermeintliche sächsische Beobachtungsaffäre hatte auch wegen der | |
Beobachtung des Rechtsaußen-„Flügels“ der AfD durch das Bundesamt für | |
Verfassungsschutz besondere Bedeutung erlangt. Der inzwischen [3][formal | |
aufgelöste „Flügel“] hat in Sachsen besonders viele AnhängerInnen. | |
Erst Anfang Oktober stufte das Landesamt den Dresdner Richter und | |
Bundestagsabgeordneten Jens Maier als rechtsextrem ein. Hauptgrund für die | |
Verzögerungen dürfte die interpretationsfähige Rechtslage sein. Sie ist nur | |
beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel eindeutig, dem laut sächsischem | |
Verfassungsschutzgesetz der Landtagspräsident zustimmen muss. Ein solche | |
geheimdienstliche Observierung von AfD-Abgeordneten aber ist nicht erfolgt, | |
stellte die PKK im September fest. Gesammelt wurden lediglich öffentliche | |
Äußerungen und Aktivitäten. | |
## Noch weitere AfDler im Visier? | |
Das war aber auch beim heutigen Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow | |
(Linke) der Fall, der in seiner bis 2009 andauernden Zeit als | |
Bundestagsabgeordneter gegen seine langjährige Beobachtung erfolgreich | |
geklagt hatte. Diese habe gegen das hohe Gut der freien Mandatsausübung | |
verstoßen, so das Bundesverfassungsgericht damals. Eine Überwachung sei nur | |
im Einzelfall gerechtfertigt, wenn ein Mandatsträger „aktiv und aggressiv“ | |
die freiheitlich-demokratische Grundordnung bekämpfe. | |
An dieser laufenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichts orientieren sich | |
tendenziell das sächsische Innenministerium und die Behörde des | |
Datenschutzbeauftragten Andreas Schurig. Der einzige konkrete Leitfaden des | |
Bundesverfassungsschutzes zum Umgang mit Abgeordneten ist nur für den | |
Dienstgebrauch vorgesehen und nicht öffentlich zugänglich. | |
Das sächsische Landesamt hat ihn erst mit Amtsantritt des neuen Präsidenten | |
übernommen. Es kommt also entscheidend auf die Begründung an, inwieweit | |
eine solche Datensammlung der Abwehr verfassungsfeindlicher Bestrebungen | |
dient. | |
„Es braucht für eine rechtlich tragfähige Beurteilung deshalb hinreichenden | |
analytischen Sachverstand“, sagt Valentin Lippmann, der für die Grünen in | |
der fünfköpfigen PKK sitzt. Daran habe es gemangelt. Die zur | |
Verschwiegenheit verpflichtete PKK teilte aber auch mit, dass inzwischen | |
für einige AfD-Abgeordnete eine solche rechtssichere Belegführung erbracht | |
werden konnte und für andere nicht – und dass bei der Prüfung weitere | |
Abgeordnete ins Visier gerieten. Möglicherweise ist auch deshalb der AfD | |
die Klagelust vergangen. Im November will sich die PKK abschließend | |
äußern. | |
20 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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