| # taz.de -- Neue Coronamaßnahmen in Deutschland: Kauf dich glücklich | |
| > Diesmal treffen die Coronabeschränkungen die Kulturschaffenden am | |
| > härtesten. Sie müssen jetzt umfänglich entschädigt werden. | |
| Bild: Shoppen geht noch, sonst geht nicht mehr so viel ab Montag | |
| Der Mensch ist ein geselliges Tier, liebt bisweilen den Exzess, auf jeden | |
| Fall das schöne Beisammensein, die Künste, das Spiel. Tja, und alle, die | |
| damit ihren Lebensunterhalt bestreiten, haben jetzt die Arschkarte: Die | |
| Bundesregierung hat ihr Tun für am entbehrlichsten erklärt. Kultur und | |
| Freizeit sollen dichtmachen, um die sogenannte zweite Welle der Pandemie zu | |
| brechen und den Rest des Landes am Laufen zu halten. Macht ja auch Sinn: | |
| Geschlossene Schulen und offene Kneipen? Wäre schwer vermittelbar. | |
| Die [1][Beschlüsse von Kanzlerin Merkel] und der MinisterpräsidentInnen der | |
| Länder sind nachvollziehbar: Wo sich zwei oder drei versammeln, ist Corona | |
| zwar selten unter ihnen, bei zwei- bis dreihundert ist die | |
| Wahrscheinlichkeit aber sehr hoch, dass eine infizierte Person darunter | |
| ist. Besonders oft übertragen wird, wo man sich entspannt, die Maske fallen | |
| lässt oder dicht beisammen in geschlossenen Räumen ist. Dass Shoppingmalls | |
| offen bleiben sollen: ungerecht, doch da lässt sich eine Maskenpflicht eher | |
| kontrollieren als im diffusen Nachtleben. | |
| Für [2][die Kulturschaffenden] ist das hart: Ihr Opfer soll die zweite | |
| Welle brechen; das ist zwar epidemiologisch vernünftig, hat aber einen | |
| bitteren Beigeschmack: Der Chef eines Opernhauses macht weniger Rabatz als | |
| der BDI, der Mittelstand oder der Einzelhandelsverband. Aber, daran sei | |
| erinnert: Beim ersten sogenannten Lockdown im März gab es nie eine Pflicht | |
| der Wirtschaft, die Fabriktore zu schließen. Das geschah, weil die | |
| Nachfrage einbrach und Zulieferer aus aller Welt fehlten. | |
| Die Konsequenz für die Kulturschaffenden muss jetzt sein: Wenn schon die | |
| runterfahren müssen, die am wenigsten Widerstand leisten, dann helfe man | |
| ihnen auch bedingungslos. Ob nun durch einen befristeten staatlichen | |
| Unternehmerlohn in Höhe von 1.200 Euro für Soloselbstständige oder durch | |
| Ausweitung von Hilfen und Hilfskrediten auf Kleinstbetriebe. Ist alles im | |
| Gespräch. Gut so. | |
| Und dann reicht es aber auch mit den Krokodilstränen über Fitnessstudios | |
| oder Kinos. Die Freizeitwirtschaft bringt bei Weitem nicht die einzigen | |
| Opfer. Es sind alle. Denn ja, es ist ein brutaler Eingriff in die | |
| Grundrechte, wenn eine Regierung schreibt: „Der Aufenthalt in der | |
| Öffentlichkeit ist ab sofort nur mit den Angehörigen des eigenen und eines | |
| weiteren Hausstandes gestattet.“ Aber die meisten Menschen in Deutschland | |
| begreifen zum Glück den simplen Umstand, dass Covid-19 ohne solche | |
| temporären Einschränkungen zu viele Opfer fordern würde. | |
| Reichen die jetzigen Maßnahmen? Das wird wahrscheinlicher, je mehr sich | |
| daran halten. Ansonsten können wir uns bald wieder darüber ärgern, wie | |
| schlecht die Schulen für [3][Homeschooling] ausgestattet sind. | |
| 28 Oct 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ingo Arzt | |
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