# taz.de -- Bildung in der Coronakrise: Schule schon wieder rum | |
> Im Berchtesgadener Land sind Schulschließungen bereits Realität. Die | |
> Kultusministerien wollen das großflächig jedoch verhindern. Klappt das? | |
Bild: Lüften hilft! Unterricht in der Freiherr-vom-Stein-Schule in Bonn | |
BERLIN taz | In einem bayerischen Landkreis ist es schon wieder soweit. Die | |
[1][Schulen im Berchtesgadener Land sind geschlossen], die Schüler:innen | |
werden digital zu Hause unterrichtet, denn das [2][Coronavirus] grassiert | |
im Landkreis derzeit so stark wie fast nirgendwo sonst in Deutschland. | |
Eltern protestieren hier seit Tagen mit Mund-Nase-Bedeckung und Abstand | |
gegen diese Entscheidung. Zudem haben sie eine Petition gegen die Maßnahmen | |
gestartet: 3579 Unterstützer:innen haben bereits unterschrieben. Bundesweit | |
fragen sich Eltern seitdem: Ist Homeschooling bald wieder im ganzen Land | |
Alltag? | |
Die Antwort der zuständigen Kultusministerien in den Ländern ist klar: | |
Schulschließungen sollen umgangen werden und zwar so lange wie möglich. Das | |
betont die Kultusministerkonferenz (KMK) vehement. Es wird darauf | |
hingewiesen, dass Schulen vergleichsweise selten zu den Infektionsherden | |
gehörten. Deshalb erarbeitete die KMK einen länderǘbergreifenden Beschluss, | |
welche Präventionsmaßnahmen wann sinnvoll sind. Welche Maßnahmen konkret | |
ergriffen werden, entscheiden dann vor allem die lokalen Gesundheitsämter | |
mit Blick auf das Infektionsgeschehen. | |
So richtig sicher, dass es gelingen wird, die Schulen flächendeckend | |
offenzuhalten, scheinen die Kultusministerien auf Nachfrage nicht: „Wir tun | |
alles, um die Schließungen zu vermeiden – aber zum jetzigen Zeitpunkt kann | |
das nicht ganz ausgeschlossen werden“, sagt etwa Martin Klesmann, | |
Pressesprecher der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und | |
Familie. | |
Stattdessen soll versucht werden, den Stufenplan – Maßnahmen, die sich an | |
den veränderten Infektionswerten orientieren – solange wie möglich | |
einzuhalten. Statt sofort Schulen zu schließen sollen zuerst weniger | |
drastische Schritte eingeleitet werden und die Regeln bei Bedarf Schritt | |
für Schritt verschärft werden. | |
## Von der ersten Welle gelernt? | |
Die aktuellen Zahlen seien ein Warnschuss, sagt Birgit Hilmer. Sie ist Teil | |
von „Familien in der Krise“, einem bundesweiten Zusammenschluss von Eltern. | |
„Seit Monaten ist klar, dass Herbst und Winter in Coronazeiten für Kinder | |
und Jugendliche schwierig werden. Die Kultusministerkonferenz hat sich zu | |
wenig damit auseinandergesetzt, sinnvolle Maßnahmen für Schulen zu | |
entwickeln“, sagt sie. Probleme sieht Hilmer etwa beim digitalen Lernen: | |
„Die Schüler:innen müssen in den Schulen den Umgang mit Tablets lernen, | |
sonst ist der Betreuungsaufwand zu Hause zu hoch“. | |
Klesmann von der Berliner Senatsverwaltung weist solche Kritik zurück. Er | |
betont, dass die Schulen deutlich besser vorbereitet seien, Unterricht zu | |
Hause zu gestalten. „Wir haben viel aus den ersten Schulschließungen | |
gelernt“, sagt er. In Berlin seien 9500 Tablets für Schüler:innen aus | |
bedürftigen Familien gekauft worden, damit der Unterricht im Falle einer | |
Schulschließung weiterlaufen könne. Zudem seien zusätzliche IT-Kräfte | |
angestellt worden, die sich um die reibungslose Betreuung der digitalen | |
Schule kümmern sollen. „Insgesamt sehen wir die Krise als Chance, denn alle | |
haben ihr möglichstes gegeben, um daraus zu lernen“, ist sich Klesmann | |
sicher. | |
Neben den Maßnahmen wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes während der | |
gesamten Unterrichtszeit oder dem permanenten Lüften hebt Günther Schuster, | |
Pressesprecher des bayerischen Kultusministeriums, besonders die Stärken | |
des Wechselunterrichts mit halbierten Klassenstärken hervor. Dabei handelt | |
es sich um eine Maßnahme, mit der Gesundheitsämter und Schulen auf | |
steigende Infektionszahlen reagieren können, ohne gleich alle Schüler:innen | |
nach Hause schicken zu müssen. Stattdessen ist meist im wöchentlichen | |
Wechsel die Hälfte einer Klasse in der Schule präsent, während die anderen | |
Schüler:innen parallel digital zu Hause unterrichtet werden. | |
Das Konzept des Wechselunterrichts in seiner derzeitigen Form findet Hilmer | |
von „Familien in der Krise“ dagegen verbesserungswürdig: „Eltern werden | |
alle zwei Wochen vor ein Betreuungsproblem gestellt, wenn die Kinder dann | |
zu Hause unterrichtet werden.“ Eine Alternative dazu? „Man könnte zum | |
Beispiel die eine Hälfte der Klasse vormittags und die andere nachmittags | |
beschulen.“ Hilmer räumt aber ein: „Dann müssten allerdings die Lehrkräf… | |
noch deutlicher entlastet werden.“ Sie kritisiert, dass über Maßnahmen zur | |
Stärkung der Wirtschaft politisch mehr verhandelt werde, als über | |
Möglichkeiten, wie Schüler:innen für den Unterricht angemessen ausgestattet | |
werden können. | |
27 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christina Gutsmiedl | |
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