# taz.de -- Debatte um Jugendhilfe in Hamburg: Studie zu Kinderschutz gefordert | |
> Hamburg soll untersuchen, warum mehr Kinder in Obhut kommen und welche | |
> Alternativen es gibt, beantragt die Linke. SPD und Grüne sind dagegen. | |
Bild: Inobhutnahme bedeutet auch Trennung von Eltern und Geschwistern. Das kann… | |
HAMBURG taz | In Hamburg werden seit einiger Zeit [1][mehr Kinder in Obhut | |
genommen] als früher. Es gibt mehr „Kinderschutzhäuser“ und die Kinder | |
verbleiben recht lange an diesen Orten, die nur als Übergang gedacht sind. | |
Die [2][Linke beantragt nun eine Studie], um Rechte dieser Kinder „vor, | |
während und nach Inobhutnahme“ zu stärken. „Es ist dringend nötig, das | |
wissenschaftlich aufzuarbeiten“, sagt die Kinderpolitikerin Insa Tietjen. | |
Anfragen aus 2019 hatten ergeben, dass vor allem Kinder unter drei am | |
längsten in den Schutzhäusern bleiben, bevor sie in eine Pflegefamilie | |
kommen oder zu ihren Eltern zurück. Im Schnitt waren es 100 Tage. „Das ist | |
alarmierend und kann das Bindungsverhalten der Kinder gravierend | |
beeinträchtigen“, sagt Tietjen. Denn sie verlieren so den Kontakt zu ihrer | |
Bezugsperson und haben noch keine neue. Besser geeignet wären | |
Bereitschaftspflegeeltern, aber deren Zahl ging zurück. Auch | |
Eltern-Kind-Plätze fehlen nach den Analysen der Linken. | |
Die Studie soll 17 Fragen nachgehen. Etwa, welche Gründe es für die | |
steigenden Inobhutnahmen gibt, ob die seit 2005 eingeführten | |
„Kinderschutzkonzepte“ selber dies bewirkten, und wie oft umstrittene | |
Modediagnosen wie eine „symbiotischen Mutter-Kind-Beziehung“ als Grund | |
herhalten. Auch soll die [3][Personalstruktur in den Schutzhäusern] | |
untersucht werden, die sich sogar [4][genötigt sahen, Security | |
einzusetzen]. | |
Unterstützung gibt es von der CDU. Eine Hamburger Studie zu Inobhutnahmen | |
befürworte ihre Fraktion „ausdrücklich“, sagt CDU-Frau Silke Seif. Sie | |
schreibt aber einen eigenen Antrag, weil der Linken-Antrag impliziere, dass | |
Jugendamtskontrollen hinderlich seien. Das sieht die CDU nicht so. Doch | |
nötig sei Forschung. Das habe auch die Enquete-Kommission „Kinderrechte | |
weiter stärken“ aus der letzten Legislatur empfohlen. | |
## Fachanhörung als Alternative | |
Auch SPD und Grüne verweisen auf die Enquete, dort habe man schon viel | |
besprochen. Die Grüne Britta Herman sagt, nötig sei qualitative Forschung, | |
man müsse „Kinder und Jugendliche befragen“. Und eine solche | |
„Beteiligungswerkstatt“ hätten Forscher für die Enquete erstellt und | |
„einige Erkenntnisse geliefert“. | |
SPD-Familienpolitiker Uwe Lohmann sagt, die Inobhutnahme sei ein „sensibles | |
und immens wichtiges Thema“ der Kinder- und Jugendhilfe. Deshalb hätten | |
sich der Familienausschuss der Bürgerschaft und auch die Enquete-Kommission | |
dessen bereits angenommen. Auch bräuchte man, um die Fragen der Linken | |
seriös zu beantworten, gleich mehrere Studien. | |
Insa Tietjen hatte gehofft, dass ihr Antrag in den Familienausschuss | |
überwiesen wird. Aus ihrer Sicht sind die Fragen offen genug formuliert. | |
„Die Kinderperspektive ist wichtig. Für ein Gesamtbild brauchen wir aber | |
auch die Perspektive der Eltern und Fachkräfte.“ Doch Montag Abend | |
entschieden SPD und Grüne, den Antrag am Mittwoch abzulehnen. | |
Das Thema ist damit aber noch nicht ganz vom Tisch. Die Idee zur Studie | |
kommt von der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Kinder und Jugend der Linken. | |
LAG-Mitglied Ronald Priess sagt: „Wir überlegen, dann dazu eine | |
Fachanhörung zu machen.“ | |
27 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Debatte-um-Kinderschutz/!5433359/ | |
[2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/72964/auftrag_fuer_eine_st… | |
[3] /Wachdienst-in-der-Hamburger-Jugendhilfe/!5568854/ | |
[4] /Sicherheitsdienst-in-Hamburger-Heimen/!5608183/ | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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