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# taz.de -- Kinderschutz-Stiftung stellt Arbeit ein: Kein Geld, keine Leitung
> Der Gründer der Hamburger Yagmur-Stiftung Michael Lezius setzt sich für
> Kinderschutz ein. Künftig tut er das nur noch privat.
Bild: Hat keinen Nachfolger gefunden: Michael Lezius, Gründer der Hamburger Ya…
Hamburg taz | Man wird weiter von ihm hören, so viel ist sicher. „Solange
ich telefonieren und schreiben kann, werde ich mich als Privatmann weiter
für Kinderschutz einsetzen“, sagt Michael Lezius am Telefon.
Alles andere wäre erstaunlich bei einem Mann, der all seine Energie,
beträchtliche Hartnäckigkeit und weite Teile seiner Altersvorsorge in die
von ihm gegründete [1][Yagmur-Stiftung] gesteckt hat. Die stellt nun nach
sieben Jahren ihre Arbeit ein. Mangels Geld und mangels eines Nachfolgers
oder einer Nachfolgerin, die wie der Gründer nicht nur ihre Kraft, sondern
auch ihr Geld in eine Stiftung gesteckt hätten, die Zivilcourage im
Kinderschutz fördern will.
Die Stiftung ist benannt nach der [2][dreijährigen Yagmur,] die in Hamburg
an den Misshandlungen ihrer Mutter starb, obwohl sie vom Jugendamt betreut
wurde. Michael Lezius hat ohne Mandat, als Privatmann, sowohl den Prozess
gegen die Eltern als auch den Untersuchungsausschuss besucht, Tag für Tag.
Er hat Hunderte von Aktenseiten gelesen und die Aussagen all derer gehört,
die mit Yagmur befasst waren und im Gewirr von Zuständigkeiten,
Nichtwahrhabenwollen und Nachlässigkeit ihren Tod ermöglicht haben.
Vielleicht hat es für Michael Lezius’ Hartnäckigkeit eine Rolle gespielt,
dass er selbst Pflegevater ist und Yagmur weite Teile ihres Lebens bei
einer Pflegefamilie verbracht hat, bevor ihre Mutter sie zurückforderte.
## Heroischer Pragmatismus
Lezius ist es gelungen, aus dem Grauen des Prozesses etwas zu schaffen, das
in die Zukunft wies: ein Preis, der Menschen und Projekte auszeichnete, die
genau hinsehen, und solche, die versuchen, präventiv zu helfen, etwa, indem
sie Eltern in den Blick nehmen, die selbst nie erfahren haben, was
liebevolle Elternschaft bedeutet.
Die Stiftung hat versucht, in Workshops die vielen Akteure im Jugendschutz
endlich einmal zusammenzubringen. Und sie hat einen jährlichen
Kinderschutzbericht für Hamburg zusammengetragen, wo auch nach Yagmurs Tod
trotz aller Beschlüsse und Konzepte [3][mehrere Kinder, die vom Jugendamt
betreut wurden, starben].
Es gibt Stimmen, die darauf verweisen, dass das unvermeidlich ist und es
gibt Leute wie Lezius – und seine Frau –, die sich mit dem Unvermeidlichen
nicht abfinden wollen. Es liegt etwas Heroisches darin, was Lezius unter
einem Mantel von Pragmatismus verbirgt.
Aber Lezius ist nun 80 Jahre alt und nach einem Fahrradunfall sind seine
Kräfte eingeschränkt. Er sieht durchaus die Verdienste seiner Stiftung, die
Achtung, die sie sich erworben hat – aber genauso sieht er, dass weiterhin
Kinder in Hamburg sterben.
Er hat die steigende Zahl der Inobhutnahmen durch das Jugendamt präzise im
Kopf und er weiß, dass immer weniger Menschen bereit sind, Pflegeeltern zu
werden. „1.000 Euro kostet eine Pflegefamilie pro Monat und 12.000 Euro ein
Platz im Kinderheim“, rechnet der Betriebswirt Lezius vor. Da müsste man
doch etwas tun.
Lezius bringt erst einmal den von der Stiftung in Auftrag gegebenen Film
„Yaya“ über Yagmurs kurzes Leben an die Öffentlichkeit und plant eine
Gedenkstätte für die in Hamburg getöteten Kinder. Es gibt Leute, die sagen,
dass das Geld besser in Schulungen zum Erkennen von Kindesmisshandlung für
Kinderärzt:innen angelegt wäre. Lezius sagt, dass die Ärzteverbände
selbst genug Geld dafür haben. Er findet, dass die Kinder ein Recht auf
Erinnerung haben.
9 Aug 2023
## LINKS
[1] http://yagmur-stiftung.hamburg/
[2] /Urteil-im-Fall-Yagmur/!5027754
[3] /Tod-durch-Schuetteln/!5277030
## AUTOREN
Friederike Gräff
## TAGS
Kinderschutz
Kindesmisshandlung
Jugendamt
Stiftung
Hamburg
Heimkinder
Kinderschutz
Yagmur
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