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# taz.de -- Gesetz gegen sexuelle Gewalt an Kindern: Endlich mehr Zeit für die…
> Das neue Gesetz gegen sexuelle Gewalt an Kindern ist wichtig. In der
> Pflicht ist aber weiterhin die Gesellschaft, die aufhören muss,
> wegzusehen.
Bild: Christine Lambrecht gibt ein Statement zum Beschluss des Gesetzentwurfs a…
Jetzt ist es also da, [1][das Gesetz, das sexuelle Gewalt an Kindern
stärker bekämpfen soll]. Und dass die beiden SPD-Ministerinnen – Christine
Lambrecht, Justiz, und Franziska Giffey, Frauen und Familie – das am
Mittwoch vom Kabinett beschlossene Gesetz begrüßen, liegt in der Logik der
Sache. Aber es ist [2][tatsächlich ein wichtiges Instrument im Kampf gegen
Gewalt an Kindern], die in der Regel im Verborgenen stattfindet und viele
Kinder in ein lebenslanges Trauma schickt.
Das Gesetz wird sexuelle Gewalt an Kindern, [3][die in allen sozialen
Schichten und seriösen Institutionen vorkommt,] nicht verhindern – kein
Gesetz sorgt dafür, dass Straftaten auf null gefahren werden. Aber es setzt
deutliche Signale. Das beginnt bei der Sprache und endet bei höheren
Strafen.
So soll sexuelle Gewalt an Kindern fortan auch genauso und nicht mehr als
„sexueller Kindesmissbrauch“ bezeichnet werden. Der Begriff „Missbrauch“
insinuiert, dass es auch einen „Gebrauch von Kindern“ geben könne. Der
klare Verstand sagt natürlich sofort, dass das eine unzulässige Zuspitzung
ist, kein Kind darf für etwas „gebraucht“ werden.
Warum dann trotzdem die sprachliche Änderung? Einerseits werden Taten jetzt
deutlicher als das beschrieben, was sie sind: Gewalt. Da wird nichts
verharmlost, nichts euphemisiert. Andererseits ist es ein Signal an die
Betroffenen: Wir nehmen euch ernst. Wir gehen sensibel mit Worten um. Denn
Sprache verändert das Bewusstsein: Wo Gewalt draufsteht, ist Gewalt drin.
Auch wenn es nach wie vor Menschen geben wird, die von Missbrauch sprechen,
weil es ein in den Sprachgebrauch eingegangener Begriff ist.
## Klares Zeichen
Als klares Zeichen an Täter*innen und an die Justiz sind ebenso die
aktuellen Strafverschärfungen zu verstehen: Aus 10 Jahren Gefängnis als
Höchststrafe für sexuelle Gewalt an Kindern wurden 15 Jahre. Der Besitz und
das Beschaffen von sogenannter Kinderpornografie werden nun als Verbrechen
betrachtet wie auch das Verbreiten. Letzteres kann mit bis zu 10 Jahren
Haftstrafe geahndet werden.
Auch bei den umstrittenen Verjährungsstrafen wurde nachgebessert: Die
beginnt jetzt erst, wenn das Opfer 30 Jahre alt geworden ist. Das ist nicht
gering zu schätzen, denn viele Betroffene können erst, wenn sie älter sind,
offen mit den Erlebnissen in ihrer Kindheit und Jugend umgehen. Den Satz
„Das ist verjährt, da können wir leider nichts mehr machen“ haben viele
Betroffene zu oft von Gerichten, Polizei und anderen Behörden gehört, wenn
sie endlich die Kraft gefunden haben, die Täter*innen anzuzeigen.
Unter Jurist*innen ist die Strafverschärfung durchaus umstritten. Viele
Anwält*innen und Richter*innen lehnen sie ab mit dem Argument, die im
Gesetzbuch formulierten Strafen reichten schon jetzt aus, der Strafrahmen
müsse nur ausgeschöpft werden. In der Realität haben es viele Opfer
allerdings anders erlebt: Da wurden geringe Strafen auferlegt, Täter*innen
wurden freigesprochen oder sind mit einer Bewährungsstrafe davongekommen.
Einschränkend muss gesagt werden, dass sexuelle Gewalt nach Jahrzehnten nur
sehr schwer zu beweisen ist und mutmaßliche Täter*innen daher rechtmäßig
auf freiem Fuß bleiben. Und doch mag es Jurist*innen geben, denen das Thema
nicht gut genug vertraut ist und die daher milder urteilen. Auch hier legt
das Gesetz nach: Familien- und Jugendrichter*innen,
Jugendstaatsanwält*innen, Verfahrensbeistände müssen für ihre Jobs nun
speziell qualifiziert sein.
All das ist wichtig und richtig. Doch es gibt der Gesellschaft keinen
Freibrief, nicht selbst so aufmerksam wie möglich zu sein und Kinder darin
zu befähigen, Nein sagen zu können.
21 Oct 2020
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/inland/strafen-sexualisiertegewalt-101.html
[2] /Strafmass-bei-sexuellem-Missbrauch/!5688033
[3] https://beauftragter-missbrauch.de/betroffenenrat/aktuelles/detail/stellung…
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Sexualisierte Gewalt
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Gesetz
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Katholische Kirche
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