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# taz.de -- Sexualisierte Gewalt im Sport: Was nun folgen muss
> Ein Hearing vermittelte eine Ahnung, wie sehr Missbrauch, Gewalt und
> Diskriminierung im Jugendsport verbreitet sind. Nun braucht es Taten.
Bild: Kaum erkennbar, aber unübersehbar: Sexualisierte Gewalt ist ein Struktur…
Der Aufschrei war groß und das völlig zu Recht. Dank eines [1][Hearing in
bei dem Betroffene eindringlich die sexualisierte Gewalt schilderten], die
ihnen im alltäglichen Trainingsbetriebs des Jugendsports angetan wurde,
weiß die Öffentlichkeit etwas mehr über das, was dort, zumindest partiell,
Normalität ist.
Für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) war dessen Vizepräsidentin
Petra Tzschoppe anwesend. Sie relativierte oder bagatellisierte nichts,
sondern bat im Namen ihres Verbandes um Entschuldigung und kündigte an,
dass sich der DOSB an einem Fonds beteiligen will, der den Opfern zugute
kommen soll.
Als erste Reaktion ist das zu begrüßen. Und auch in der Sache mögliches
Nachkarten, dass doch vieles, eigentlich alles, vorher bekannt war und dass
der DOSB dies alles hätte wissen müssen, wäre aktuell nicht angebracht. Was
hätte Frau Tzschoppe auch sonst sagen können?
Wichtiges kommt von der Interessenvertretung „Athleten Deutschland“. Deren
Sprecher Maximilian Klein [2][betonte] auch und gerade aus diesem Anlass,
wie wichtig eine Selbstorganisation der Sportler und Sportlerinnen ist:
„Dass sich betroffene Kaderathletinnen und -athleten in einer geschützten
Atmosphäre austauschen können, besser vernetzen. Dass wir ihnen zuhören,
von ihnen lernen und dann auch ihrer Stimme Gehör verschaffen.“
## Von den Aktiven werden nur Erfolge erwartet
Der Umstand, dass ein so offensichtlich übergriffiges Regime an
sexualisierter Gewalt so verbreitet ist, so intensiv ausgelebt wird und
derart lange und derart selbstverständlich geschützt oder kleingeredet
wurde, hat ja nicht nur etwas mit individuellem Versagen überforderter
Vereinsfunktionäre zu tun. Es verweist ja vielmehr ganz eindeutig auf
Machtstrukturen im Sport: Oben sind Trainer, Funktionäre und ihre
politischen Stützen. Unten sind Athleten und Athletinnen, und je weniger
deren Sportart medial präsent stark ist, desto weniger können sie sich
Gehör verschaffen, wenn sie von den Gewaltverhältnissen in ihrem Sport
berichten wollen.
Was die Öffentlichkeit von Judoka, von Schwimmerinnen oder
Eiskunstläuferinnen wissen will, ist vor allem ihre Medaillenbilanz alle
vier Jahre, wenn Olympia ansteht. Was die Politik von ihn will, ist
bedingungsloser Einsatz für eine guten Platz in der Nationenwertung. Und
was die Sportpresse von ihnen will, sind konstruktive Beiträge zur besseren
medialen Verwertung ihres Sports: Lächelnd, schön, jung, erfolgreich – sich
so zu präsentieren, ist die Bedingung, um mal eine Homestory, ein
TV-Porträt oder ein paar von Sponsoren finanzierte Werbeauftritte zu
bekommen. Wer da kritisch über seinen Trainingsalltag spricht, fällt durch
– zumal er oder sie vermutlich gar nicht nach oben käme: Auch das größte
Talent wird ausgesiebt, wenn es im Verein als Troublemaker gilt.
Schon ist man wieder bei der Bedeutung einer starken Interessenvertretung,
einer Art Sportlergewerkschaft. „Athleten Deutschland“ fordert nun „die
proaktive Schaffung einer unabhängigen Institution für Safe Sport“. Dass
dies die Lösung der massiven Probleme ist, von deren Größe wir in der
zurückliegenden Woche so eindrücklich gehört haben, mag man infragestellen.
Aber dass es aktuell eine sinnvolle Forderung ist, die, das ist noch
wichtiger, von einer von den Verbänden unabhängigen Interessenvertretung
formuliert wurde, dürfte unstrittig sein.
16 Oct 2020
## LINKS
[1] /Sexualisierte-Gewalt-gegen-Kinder-im-Sport/!5717515/
[2] https://athleten-deutschland.org/news/nach-hearing-zu-sexuellem-kindesmissb…
## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Kolumne Frühsport
sexueller Missbrauch
Jugendsport
Sexualisierte Gewalt
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Sexualisierte Gewalt
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