| # taz.de -- Japan will schneller CO2-neutral werden: Klimasünder schwenkt um | |
| > Die Regierung in Tokio verspricht eine kohlenstoffneutrale Wirtschaft bis | |
| > 2050. Damit hat sie das gleiche Ziel wie Deutschland und Großbritannien. | |
| Bild: Solarfeld bei Tokio | |
| Tokio taz | Fünf Jahre nach dem Pariser Abkommen hört nun auch Japan die | |
| Klimasignale: Der neue Premierminister Yoshihide Suga wird am Montag in | |
| seiner ersten Regierungserklärung das Ziel einer karbonneutralen Wirtschaft | |
| bis 2050 verkünden. Damit übernimmt die drittgrößte Volkswirtschaft der | |
| Welt die gleiche Selbstverpflichtung wie Deutschland und Großbritannien. | |
| Bislang wollte Nippon den Ausstoß von Kohlendioxid bis 2050 lediglich um 80 | |
| Prozent verringern und erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts | |
| klimaneutral werden. Bis 2030 sollten die CO2-Emissionen sogar nur um 26 | |
| Prozent sinken. Als Vergleichsjahr wählte man jeweils 2013, als die | |
| Wirtschaft wegen der Abschaltung aller Atomkraftwerke besonders viel | |
| Kohlendioxid produzierte. [1][Trotz dieser Mogelei kam die Inselnation | |
| ihren Klimazielen kaum näher]: 2018 stammten hohe 77 Prozent des Stroms aus | |
| Kohle, Gas und Öl. Daher stand Japan bei Klimakonferenzen immer wieder am | |
| Pranger, zumal die drei Großbanken auch noch zahlreiche Kohlekraftwerke in | |
| Schwellenländern finanzieren. | |
| Der plötzliche Klimaehrgeiz hat vordergründig politische Motive. [2][China | |
| sei 2060 klimaneutral, versprach Präsident Xi Jinping unerwartet] vor den | |
| Vereinten Nationen im September. Auch die USA werden bei einem Wahlsieg von | |
| Joe Biden auf eine „grüne“ Energiepolitik setzen. China und die USA sind | |
| die weltgrößten Emittenten von Kohlendioxid. Unter diesen Umständen will | |
| Japan nicht als Klimasünder dastehen. | |
| Stärker sind die ökonomischen Motive. Lange Zeit setzte die Regierung auf | |
| hocheffiziente Kohlekraftwerke, die weniger Kohlendioxid ausstoßen, weil | |
| japanische Unternehmen zu den führenden Produzenten gehören. Doch der | |
| weltweite Ausstieg aus der Kohlekraft zwingt die Industriepolitiker zum | |
| Umdenken. | |
| ## Erneuerbare Energien werden Hauptquelle für Strom | |
| Wachstum versprechen nur erneuerbare Energien. Hier sollen Japans | |
| Hersteller auf dem Weltmarkt punkten, was jedoch nur bei einer starken | |
| Nachfrage auf dem Heimatmarkt gelingen kann. Ohnehin braucht die lahme | |
| Wirtschaft dringend einen Antriebsmotor. „Diese grünen Investitionen würden | |
| viele Arbeitsplätze schaffen“, meint die Wirtschaftsprofessorin Sayuri | |
| Shirai von der Keio-Universität in Tokio. | |
| Laut dem offiziellen Energieplan würden 2030 nur maximal 24 Prozent der | |
| Stromproduktion auf grünen Quellen basieren. Doch nun wolle die Regierung | |
| die Erneuerbaren zur „Hauptquelle“ für Strom machen, sagt Taro Kono. Als | |
| Minister für Verwaltungsreform will Kono die bürokratischen Hürden für | |
| Solar- und Windkraftwerke schnell beseitigen. Ein absehbarer Schwerpunkt | |
| wird auf Offshore-Windparks liegen. Zehn Standorte sind schon ins Auge | |
| gefasst, die ersten Konsortien stehen in den Startlöchern. | |
| Auch die deutsche RWE Renewables ist über ein Bündnis mit dem | |
| Stromversorger Kyushu Electric dabei. Ein zweiter Schwerpunkt sind die | |
| [3][Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid sowie die chemische | |
| Weiterverwendung.] Hier gehört Mitsubishi Heavy zu den globalen | |
| Technologieführern. Dagegen will Japan zwei Drittel von 150 Kohlekraftwerke | |
| bis 2030 stillgelegt. | |
| 23 Oct 2020 | |
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| Martin Fritz | |
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