# taz.de -- #MeToo-Vorwurf beim SWR: Versetzt, befristet, vertuscht? | |
> Vor dem Arbeitsgericht in Stuttgart klagen zwei SWR-MitarbeiterInnen | |
> gegen ihren Sender. Ein mutmaßlicher #MeToo-Fall wirft im Prozess Fragen | |
> auf. | |
Bild: Funkhaus des Südwestrundfunks in Stuttgart | |
STUTTGART/BERLIN taz | Am 3. Mai 2019 sitzt Peter Boudgoust im | |
Hörfunkstudio des SWR 1 und zieht Bilanz. Zwölf Jahre lang war er der | |
Intendant des Südwestrundfunks, der zweitgrößten Anstalt der ARD. Im | |
September 2019 wird er das Amt abgeben. Im Studio des SWR beantwortet er | |
nun Fragen des Publikums. Per Mail fragt ein Hörer, ob es im SWR, ähnlich | |
wie im WDR und in anderen Medien, Fälle sexueller Belästigung gegeben habe. | |
[1][Boudgoust antwortet ruhig, aber ohne zu zögern]: „Wir haben, als diese | |
Nachrichten bekannt wurden, eine entsprechende Untersuchung noch mal | |
vorgenommen.“ | |
Die Beauftragte für Chancengleichheit des Senders habe ihm versichert, | |
„dass aus ihrer langjährigen Kenntnis des SWR – zum Glück, muss man sagen… | |
derlei Vorkommnisse nicht bekannt sind“. In solchen Fällen gebe es „hier | |
null Toleranz“. „Es wird nichts verborgen, verdeckt, oder unter der | |
Tischdecke gehalten.“ | |
Ein gutes Jahr nach Boudgousts Auftritt bei SWR 1, am Mittwoch vergangener | |
Woche, sitzt eine Frau vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht, deren Geschichte | |
den ehemaligen Intendanten der Lüge überführen könnte. Sie heißt Sandra D. | |
und arbeitet seit 25 Jahren für den SWR. Jetzt klagt sie gegen den Sender. | |
Seit drei Monaten ist D. ihre Stelle als Redaktionsleiterin los und wieder | |
als einfache Redakteurin beschäftigt – weniger Prestige, weniger Geld, und | |
das nach mehr als acht Jahren in einer Leitungsfunktion. Das ist | |
ungewöhnlich, in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten geht es für | |
MitarbeiterInnen eher bergauf. Und selbst wenn es bergab geht, behalten sie | |
in der Regel ihr Gehalt. Nicht so Sandra D. Warum, dazu argumentiert der | |
Anwalt des SWR vor dem Arbeitsgericht formal: D. habe zwar 2012 einen | |
unbefristeten Vertrag als Redaktionsleiterin unterschrieben, ihr müsse aber | |
klar gewesen sein, dass der später noch befristet werden würde. Wurde er | |
auch. D.s Anwältin bezweifelt, dass das rechtens war. | |
Entscheidender ist aber ein Aspekt, der in diesem Rechtsstreit erwähnt | |
wird: Es geht um den Vorwurf der sexuellen Belästigung. | |
## Beginn einer Karriere | |
Wenn es stimmt, was der Arbeitsgerichtsprozess und Recherchen der taz | |
nahelegen, gab es mindestens einen Fall sexueller Belästigung im SWR, von | |
dem der Intendant und leitende Mitarbeiter des Senders wussten. Die | |
Senderspitze hat offenbar versucht, den Vorwurf mit Versprechungen und | |
Vertragsklauseln unter dem Deckel zu halten. Sandra D. wirft dem Sender | |
vor, ihre Karriere behindert zu haben, nachdem sie die mutmaßliche | |
Belästigung gemeldet hat. | |
Wegen ihres laufenden Verfahrens will sich D. gegenüber der taz nicht | |
äußern. Deshalb steht hier nicht ihr voller Name. Aber mithilfe von | |
Gesprächen mit aktuellen und ehemaligen SWR-Mitarbeitern lässt sich der | |
Umgang des Senders mit dem Vorfall nachzeichnen. | |
Sandra D.s Karriere beim SWR beginnt hoffnungsvoll. Mitte der 1990er Jahre | |
volontiert sie, steigt schnell auf, wird stellvertretende | |
Redaktionsleiterin der Kindersendung „Tigerentenclub“, die der SWR für | |
die ARD und den Kinderkanal produziert. KollegInnen, die mit ihr | |
zusammengearbeitet haben, beschreiben sie als ehrgeizig und klug, als | |
leidenschaftliche Fernsehmacherin. Vor Gericht sagt sie: „Ich habe mich dem | |
SWR immer verbunden gefühlt und mit höchstem Engagement, mit Herz und | |
Sachverstand Programm gestaltet und verantwortet.“ | |
## Mutmaßlich belästigt | |
Doch dann, 2006, passiert etwas, sagt sie im Gericht, das ihr Leben | |
verändert: Ihr damaliger Vorgesetzter habe sie sexuell belästigt. Wie | |
genau, das führt sie vor Gericht nicht aus. Auch den Namen des Vorgesetzten | |
nennt sie nicht. Ein SWR-Mitarbeiter, der den Fall kennt, sagt, der | |
Übergriff soll in der Wohnung des Vorgesetzten passiert sein. | |
D.s Vorgesetzter bekleidet zu dieser Zeit einen hohen Posten im Sender, ist | |
Mitglied der Geschäftsleitung. Nach der mutmaßlichen Belästigung soll er | |
Sandra D. gedroht haben, ihre Karriere zu zerstören, sagt ihre Anwältin im | |
Gericht. Der Beschuldigte arbeitet heute nicht mehr beim SWR. Gegenüber der | |
taz will er sich nicht offiziell äußern. | |
D. zeigt die Tat offenbar nicht an, meldet sie nach der mutmaßlichen | |
Drohung ihres Vorgesetzten auch erst zwei Jahre später dem Sender, | |
berichtet ihre Anwältin vor Gericht. Der aktuelle Prozess in Stuttgart ist | |
ein Arbeitsrechtsstreit. Die Richterin macht klar, dass „diese | |
Vorgeschichte“ im Gerichtssaal keine Rolle spielen könne, dass es hier | |
allein um die Frage gehen soll, ob der SWR Sandra D. weiter auf ihrem | |
Leitungsposten beschäftigen muss. | |
## #MeToo in der Medienbranche | |
Auch in diesem Text geht es nicht darum, ob und wie die Belästigung | |
passiert ist. Es geht darum, wie die Verantwortlichen des Senders mit | |
Sandra D. umgegangen sind, seit sie die Vorwürfe geäußert hat. Wie sie | |
offenbar die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, dass der Intendant | |
öffentlich behaupten kann, #MeToo-Fälle habe es in seiner Amtszeit nicht | |
gegeben, obwohl er von mindestens einem Vorwurf gewusst hat. | |
In den vergangenen Jahren ist viel passiert im Umgang mit sexueller Gewalt | |
in der Film- und Medienbranche. #MeToo wurde vom Hashtag zu einer | |
gesellschaftlichen Debatte. Produzenten, Schauspieler und Regisseure wurden | |
der sexuellen Belästigung bezichtigt. Im WDR, wo im Jahr 2018 mehrere Fälle | |
bekannt wurden, die zum Teil Jahrzehnte zurücklagen, hat der dortige | |
Intendant Tom Buhrow das Thema groß aufgerollt. Er entließ den damaligen | |
Fernsehfilmchef, eine einflussreiche Figur im deutschen Fernsehen, der | |
mehrere Frauen belästigt haben soll. Eine externe Prüferin untersuchte die | |
Vorwürfe, ihre Ergebnisse hat der WDR [2][transparent veröffentlicht]. Die | |
Geschichte von Sandra D. lässt Zweifel aufkommen, dass der SWR ihren | |
Belästigungsvorwurf genauso ernst nahm. | |
Zwei Jahre nach der mutmaßlichen Belästigung wird Sandra D. die | |
stellvertretende Leitung des „Tigerentenclubs“ entzogen. Vor dem | |
Arbeitsgericht behauptet der Anwalt des SWR, sie habe die Position | |
freiwillig abgegeben. Dem widersprechen mehrere SWR-Mitarbeiter, die damals | |
in D.s Redaktion oder ihrem Umfeld gearbeitet haben, gegenüber der taz. | |
## Den Fall verschleppt | |
D. habe sich daraufhin entschlossen, die mutmaßliche sexuelle Belästigung | |
der Beauftragten für Chancengleichheit und der Vorsitzenden des | |
Personalrats zu melden, sagt ihre Anwältin vor Gericht. Die beiden Frauen | |
hätten den Intendanten Peter Boudgoust informiert. Das bestätigt auch der | |
Vorsitzende des Personalrats, Stephan Newerla. Zwei Tage nach dem Termin | |
vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht meldet sich Newerla in der Stuttgarter | |
Zeitung zu Wort: Die Beauftragte für Chancengleichheit und die damalige | |
Vorsitzende des Personalrats hätten „unverzüglich“ reagiert, als Sandra D. | |
die Belästigung gemeldet habe. „Umgehend“ seien Gespräche mit dem | |
Intendanten, dem Justiziar und Verantwortlichen in der Personalabteilung | |
des SWR geführt worden. „Die Notlage der Redakteurin wurde allen | |
verantwortlichen Stellen eindrücklich geschildert“, wird Newerla in der | |
Zeitung zitiert. „Dass sich die Behandlung der Angelegenheit über Jahre | |
hinzog, hat nicht der Personalrat zu verantworten.“ | |
Der SWR weist den Vorwurf, die Aufklärung verschleppt zu haben, von sich. | |
Dem Belästigungsvorwurf von Sandra D. sei der Sender „mit größtem Nachdruck | |
nachgegangen“, sagt eine SWR-Sprecherin auf taz-Anfrage. Sandra D. habe | |
gegenüber dem Sender „weder in der internen Anhörung noch danach konkrete | |
Angaben gemacht, sodass die Möglichkeit zur Klärung […] für den SWR als | |
Arbeitgeber beschränkt blieben“. | |
Ähnlich argumentiert auch der SWR-Anwalt vor dem Arbeitsgericht. Sandra D. | |
widerspricht vor Gericht: Sie habe ihren Fall so konkret geschildert, dass | |
sofort der Intendant informiert wurde. D. und ihre Anwältin zweifeln daran, | |
dass der Sender sich ausreichend bemüht hat, den Vorwurf aufzuklären. Sie | |
wollen mit ihrer jetzigen Klage auch erreichen, dass der SWR ihnen | |
gegenüber offen legen muss, was er getan hat, um den Vorwurf aufzuklären. | |
## Neuer Posten | |
Es sind die Jahre 2008/2009. #MeToo ist noch weit weg, sexuelle Belästigung | |
am Arbeitsplatz kaum Thema. Es gibt zwar eine Beauftragte für | |
Chancengleichheit im SWR, aber noch keine unabhängigen Beschwerdestellen, | |
denen Belästigungsvorwürfe gemeldet werden können. Was es aber gibt, ist | |
die gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers, seine MitarbeiterInnen vor | |
sexueller Belästigung zu schützen. | |
Vor dem Gericht sagt D., der Umgang mit ihr nach der Meldung habe sie in | |
eine tiefe Krise gestürzt. Für sie habe ein „langer, zermürbender Prozess�… | |
begonnen. Nachdem sie den Vorfall gemeldet habe, habe sie noch Jahre weiter | |
unter dem Mann arbeiten müssen, der sie belästigt und bedroht haben soll. | |
Im Jahr 2010 habe sie die Beauftragte für Chancengleichheit und die | |
Personalrätin nochmals gebeten, bei dem Intendanten Peter Boudgoust darauf | |
zu drängen, dass sie eine andere Stelle bekäme – eine, in der sie nicht | |
mehr ihrem mutmaßlichen Belästiger ausgesetzt wäre. Der Intendant habe | |
schließlich angeboten, Sandra D. als neue Geschäftsführerin des Hauses für | |
Dokumentarfilm vorzuschlagen, ein Archiv für Dokumentarfilme, sagt D.s | |
Anwältin vor Gericht. D. habe sich darauf gefreut. | |
## Ungewöhnliche Präambel | |
Doch kurz vor ihrer Berufung sei plötzlich das Besetzungsverfahren geändert | |
worden: Es sollte jetzt niemand mehr vorgeschlagen werden, es sollte eine | |
Bewerbungsrunde geben. Ausgerechnet D.s Vorgesetzter, ihr mutmaßlicher | |
Belästiger, soll für die Auswahl der BewerberInnen verantwortlich gewesen | |
sein, sagt D.s Anwältin. Eine Sprecherin des SWR möchte das gegenüber der | |
taz nicht offiziell kommentieren. | |
Karl Geibel, ehemaliger Journalist und ehemaliger Vorsitzender des | |
Deutschen Journalisten-Verbands, sitzt seit über 20 Jahren im Rundfunkrat | |
des SWR. Der Vorgang habe ihn gewundert, sagt er der taz. Ein | |
Bewerbungsverfahren habe es vorher nicht gegeben. Er habe nachgefragt, | |
warum das Verfahren geändert worden sei. Weil das so demokratischer sei, | |
habe man ihm gesagt. Ein anderer ehemaliger SWR-Mitarbeiter erzählt der | |
taz, es sei damals ziemlich viel darangesetzt worden, Sandra D. auf dem | |
Posten zu verhindern. | |
Sandra D. habe eine Absage erhalten, sagt ihre Anwältin vor Gericht, den | |
Job habe eine andere bekommen. D. habe sich einen Anwalt genommen, kurz | |
danach habe der Sender ihr einen Vertrag vorgelegt: Sie wird | |
Redaktionsleiterin, unbefristet, für Dokumentarische Formate, Fiktion, | |
Hybrid und Sonderformate. Eine privilegierte Position. Ihr Arbeitsvertrag | |
enthält eine Präambel, D.s Anwältin zitiert sie im Stuttgarter | |
Gerichtssaal: Mit dieser Vereinbarung „werden einvernehmlich Differenzen | |
beigelegt, die im Zusammenhang mit einer Bewerbung der Frau D. auf eine | |
Stelle beim Haus des Dokumentarfilms entstanden sind. Der Südwestrundfunk | |
bedauert außerordentlich, dass sich auch von ihm selbst geschürte | |
Erwartungen, Frau D. könne dort als Geschäftsführung tätig sein, letztlich | |
nicht realisieren ließen.“ | |
## Den Vorfall „heilen“ | |
Und, und das ist besonders pikant: „Ferner wird mit dieser | |
Ergänzungsvereinbarung auch ein Vorgang abgeschlossen, der bereits mehrere | |
Jahre zurückliegt und in der Personalvertretung […] zur Sprache kam, ohne | |
je aufgeklärt zu werden. Der Südwestrundfunk bedauert die im | |
Gesamtzusammenhang entstandenen Irritationen.“ | |
Was „der Vorgang“ ist, schreibt der Personalleiter des Senders drei Jahre | |
später in einer Mail: „Sexuelle Belästigung: Dieser Vorgang wurde in | |
beiderseitigem Einvernehmen mit der Vereinbarung vom 23. 11. 2012 ad acta | |
gelegt.“ D.s Anwältin zitiert die Mail im Stuttgarter Gericht. | |
So eine Ausführung ist für einen Arbeitsvertrag ungewöhnlich. Der Vorstand | |
des Personalrats, Stephan Newerla, sagt in der Stuttgarter Zeitung: Die | |
Vereinbarung habe den Vorfall „heilen“ sollen. | |
## Weitere Klage gegen SWR | |
D. tritt den neuen Posten als Redaktionsleiterin im Jahr 2012 offiziell an. | |
Vor Gericht sagt sie aber, dass ihr die „vertragsgemäße Beschäftigung“ | |
verweigert wurde, sie also kaum Filme habe machen dürfen. Sogar der | |
Justiziar des SWR habe in den folgenden Jahren schriftlich D.s Vorgesetzte | |
darauf hingewiesen, dass sie Sandra D. doch bitte vertragsgemäß | |
beschäftigen sollten. Dass das offenbar nicht geschehen ist, legt auch eine | |
Recherche in der Filmdatenbank nahe: In den vergangenen acht Jahren, die | |
der Vertrag gültig war, finden sich kaum Dokumentarfilme, bei denen Sandra | |
D. mitgewirkt hat. | |
Ähnlich geht es D.s Kollege Joachim L. L. ist ein erfolgreicher Regisseur, | |
Professor an einer Filmhochschule, einer, mit dessen Werk sich der SWR | |
schmückt. Und trotzdem sei auch ihm seine Leitungsfunktion „entzogen“ | |
worden, sowie sein Budget, um weiter Filme zu machen, sagt seine Anwältin | |
im August vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht. Auch Joachim L. klagt derzeit | |
gegen den SWR darauf, seinen alten Posten zurückzubekommen. Die Stuttgarter | |
Zeitung [3][berichtet über die Verhandlung]. | |
Joachim L. und Sandra D. seien zeitweise ein Paar gewesen, erzählen | |
SWR-Mitarbeiter, die die beiden kennen. L. könne bezeugen, wie der | |
Vorgesetzte von Sandra D. ihr nach der mutmaßlichen Belästigung gedroht | |
habe. Als Zeuge sei L. vom Sender aber nie angehört worden, heißt es. Die | |
Sprecherin des SWR will das offiziell nicht kommentieren. | |
## Unerwartete Äußerung | |
Vor Gericht sagt Joachim L. laut Stuttgarter Zeitung, er habe D. | |
beigestanden. Gegenüber der taz will er sich wegen des Verfahrens nicht | |
äußern. | |
Im Jahr 2019 verliert Joachim L. seinen Job als Abteilungsleiter, 2020 | |
verliert Sandra D. ihren und einen Teil ihres Gehalts. Der Personalrat | |
Stephan Newerla sagt in der Stuttgarter Zeitung, er habe „der Beendigung | |
der Leitungstätigkeit“ von Sandra D. nicht zugestimmt. „Das Ganze stinkt | |
doch zum Himmel“, sagt Rundfunkrat Karl Geibel der taz. | |
Am ersten Tag der Verhandlung von Sandra D. vergangene Woche in Stuttgart | |
ist nach 25 Minuten eigentlich alles gesagt. Die Anwälte haben ihre | |
Argumente ausgetauscht, als Sandra D. sich zaghaft meldet. Sie wolle eine | |
persönliche Erklärung abgeben, sagt sie. Der Anwalt des SWR lacht. | |
## Schutz vor sexueller Belästigung | |
D. hat ein DIN-A4-Blatt vor sich und liest vor. Mit fester Stimme schildert | |
sie, wie sie ihre gesamte berufliche Laufbahn beim SWR verbracht hat, wie | |
sehr sie für Fernsehen brennt, für „starkes und relevantes | |
öffentlich-rechtliches Programm“. Dass sie wieder Programm machen möchte, | |
für die Zuschauer. Und sie sagt: „Ich habe mich jetzt entschlossen, aus der | |
Opferrolle herauszutreten. Jede Frau sollte sicher vor sexueller | |
Belästigung sein und, wenn sie doch belästigt wird, dies melden dürfen und | |
dann nicht beschädigt, sondern beschützt werden.“ | |
Die Richterin hat dem SWR eine Frist von zwei Wochen gesetzt, um zu | |
entscheiden, ob D. ihre Leitungsfunktion zurückbekommt. Der Anwalt des SWR | |
zeigte sich prinzipiell interessiert an einer Einigung. | |
Die meisten MitarbeiterInnen, die mit dem Fall von Sandra D. befasst waren, | |
arbeiten nicht mehr im SWR. Peter Boudgoust, der Intendant, gab seine | |
Position im vergangenen Jahr auf und ist heute Präsident von Arte. Auf | |
taz-Anfrage äußert er sich nicht persönlich. | |
## Den Sender verlassen | |
Die Frage, wieso er bei seinem Interview zum Abschied von SWR 1 gesagt hat, | |
#MeToo-Fälle im SWR seien „nicht bekannt“, obwohl mehrere Mitarbeiter | |
sagen, der Intendant sei informiert gewesen, lassen Boudgoust und auch die | |
SWR-Sprecherin unbeantwortet. Der mutmaßliche Belästiger von Sandra D. hat | |
einige Jahre nach den Vorwürfen den Sender überraschend verlassen. | |
Der neue Mann an der SWR-Spitze heißt Kai Gniffke. Seit vergangenem Jahr | |
ist er Intendant. Er vermittle den Eindruck, dass er mit dem Thema nichts | |
zu tun haben will, erzählt Karl Geibel, der Rundfunkrat. Gegenüber der taz | |
will sich Gniffke persönlich nicht äußern. | |
Sie haben Hinweise zu diesem oder ähnlichen Fällen in anderen Betrieben? | |
Melden Sie sich, auch anonym und verschlüsselt über unser | |
Informantenpostfach [4][informant.taz.de] | |
8 Oct 2020 | |
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[1] https://www.swr.de/swr1/bw/swr1leute/broadcastcontrib-swr-7504.html | |
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## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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