| # taz.de -- Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen: Parole „Schadensbegrenzung… | |
| > Die Bundesspitze der SPD bemüht sich, dem Desaster für ihre Partei etwas | |
| > Positives abzugewinnen. Grüne und CDU haben es leichter. | |
| Bild: Norbert Walter-Borjans und Olaf Scholz waren auch schon mal besser gelaunt | |
| Berlin taz | Am Tag danach übt sich Norbert Walter-Borjans in | |
| Schadensbegrenzung. Sicher, das Ergebnis für seine Partei würde schon | |
| schmerzen, räumt der SPD-Vorsitzende bei seinem Presseauftritt im | |
| Willy-Brandt-Haus ein. Aber: „Die SPD ist klar zweitstärkste Kraft“, fügt | |
| der frühere NRW-Finanzminister schnell hinzu. „Das haben vor ein paar | |
| Wochen noch wenige für möglich gehalten.“ Im Vergleich zur Europawahl habe | |
| seine Partei sogar zugelegt. „Insofern ist das schon eine erkennbare | |
| Trendwende.“ Eine sportliche Sichtweise. | |
| Fast 8 Prozentpunkte hat die SPD im Vergleich zur NRW-Kommunalwahl 2014 | |
| verloren, [1][weniger als 25 Prozent holte sie im Landesdurchschnitt]. Noch | |
| bei der Landtagswahl 2017 kam sie demgegenüber auf mehr als 31 Prozent – | |
| und das war damals schon eine schwere Niederlage. | |
| Und nun das. Seit der Gründung des Bundeslandes schnitt die SPD noch nie | |
| schlechter bei einer Landtags-, Bundes- oder Kommunalwahl ab. Die | |
| Aussichten der Partei für die kommende Bundestagswahl haben sich dadurch | |
| nicht gerade verbessert, auch wenn Walter-Borjans einen Standardsatz | |
| bemüht, der von Bundespolitiker:innen jeglicher Couleur stets bei | |
| schlechten Kommunalwahlergebnissen zu hören ist: „Kommunalwahlen haben | |
| immer ihre eigenen Gesetze.“ | |
| In Walter-Borjans’ Rücken stehen schweigend seine Co-Vorsitzende Saskia | |
| Esken, ihre Stellvertreterin Serpil Midyatli und Kanzlerkandidat Olaf | |
| Scholz. Selbst als er direkt angesprochen wird, fühlt sich Scholz nicht | |
| motiviert, das Wort zu ergreifen, um das Desaster zu kommentieren. Sein | |
| Gesichtsausdruck wirkt matt. | |
| ## Zufriedene Grüne | |
| Ganz anders sieht es bei Annalena Baerbock aus. Die Grünen-Vorsitzende | |
| strahlt über das gesamte Gesicht, als sie am frühen Montagnachmittag in | |
| Berlin vor die Presse tritt. „Wir haben das historisch beste Ergebnis in | |
| Nordrhein-Westfalen“, schwärmt sie und freut sich [2][angesicht von | |
| landesweit 20 Prozent] für ihre Partei über die „gigantischen Zuwächse“. | |
| Besonders zufrieden zeigt sich Baerbock, dass ihre Partei nicht nur in den | |
| Großstädten, „sondern gerade auch im ländlichen Raum, in vielen | |
| Mittelstädten und auch kleinen Städten, in Landkreisen“ kräftig zugelegt | |
| habe. Der Erfolg in der ehemaligen Herzkammer der Sozialdemokratie sei „nur | |
| der Anfang und eine sehr, sehr gute Startrampe für die nächsten zwölf | |
| Monate“, sagt sie mit Blick auf die Bundestagswahl. | |
| Kaum minder wohlgelaunt präsentiert sich CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak | |
| im Konrad-Adenauer-Haus. „Die CDU ist nicht nur die mit Abstand stärkste | |
| Kraft, sondern sie ist auch die prägende Kraft in Nordrhein-Westfalen“, | |
| sagt er. Äußerungen zur bundespolitischen Bedeutung verkneift sich Ziemiak. | |
| Tatsächlich dürfte das Ergebnis dem NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet | |
| bei seinem Kampf um den CDU-Vorsitz Auftrieb geben. 34,3 Prozent – stolze | |
| 10 Prozentpunkte vor der SPD – das ist schon ein Pfund, mit dem er wuchern | |
| kann. Laschet selbst zeigte sich denn auch am Montag erleichtert und sprach | |
| von einem „Rückenwind für den Kurs der Mitte“ – [3][womit er seinen Kurs | |
| meinte]. | |
| Allerdings hat auch das Abschneiden der CDU seine Wermutstropfen. Denn für | |
| die Christdemokrat:innen ist es ebenfalls das historisch schlechteste | |
| Ergebnis bei Kommunalwahlen in NRW seit 1946 – auch wenn die Verluste nicht | |
| so dramatisch ausgefallen sind wie für die SPD. | |
| Und als Bestätigung der Politik der schwarz-gelben Landesregierung lässt | |
| sich das Ergebnis zudem eher weniger auslegen: CDU und FDP kommen zusammen | |
| gerademal auf knapp 40 Prozent, womit sie eindeutig hinter Rot-Rot-Grün | |
| liegen. Aber immerhin konnte die CDU nicht nur gegenüber der letzten | |
| Europawahl, sondern auch der vergangenen Landtagswahl zulegen. Alles nur | |
| eine Frage der Interpretation. | |
| 14 Sep 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://wahlergebnisse.nrw/kommunalwahlen/2020/aktuell/a000000kw2000.shtml | |
| [2] /Kommunalwahlen-in-Nordrhein-Westfalen/!5713907/ | |
| [3] /Armin-Laschet-im-NRW-Lokalwahlkampf/!5707887 | |
| ## AUTOREN | |
| Pascal Beucker | |
| ## TAGS | |
| Olaf Scholz | |
| Norbert Walter-Borjans | |
| Annalena Baerbock | |
| Paul Ziemiak | |
| Armin Laschet | |
| Kommunalwahlen | |
| NRW-SPD | |
| IG | |
| NRW | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kommunal-Stichwahlen in NRW: Keine echten Verlierer | |
| Bei den OB-Stichwahlen in NRW gab es für SPD und CDU zwar Erfolge, beide | |
| müssen auch Niederlagen einstecken. Mögliche Gewinner sind am ehesten die | |
| Grünen. | |
| Kommunalwahlen in NRW: Den Ernst der Lage nicht begriffen | |
| Die SPD hat ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren. Die | |
| Verantwortung dafür liegt nicht nur vor Ort. | |
| Kommunalwahlen in NRW: Erste Frau nach 256 Männern | |
| Nach den Kommunalwahlen stehen die Chancen gut, dass Aachen die erste grüne | |
| Oberbürgermeisterin Deutschlands bekommt – ausgerechnet Laschets Heimat. | |
| Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen: Das Drei-Parteien-System | |
| In NRW können sich Grüne und CDU als Sieger fühlen. Selbst die gebeutelte | |
| SPD sieht eine „Trendwende“. FDP, Linke und AfD bleiben chancenlos. |