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# taz.de -- Proteste in Frankreich: Das nächste Comeback der Gelbwesten
> Tausende demonstrierten in Paris und andernorts für ihre sozialen und
> politischen Anliegen. Einen Schulterschluss mit Corona-Leugnern gab es
> nicht.
Bild: Sonst herrscht in Frankreich bei Demos Vermummungsverbot – am Samstag b…
PARIS taz | Tausende haben am Samstag in Paris und anderen französischen
Städten erneut in gelben Warnwesten für ihre sozialen und politischen
Anliegen demonstriert. Die Zahl der Teilnehmenden lag zwar unter den
Erwartungen der Medien, doch die Forderungen nach Kaufkraft und
demokratischen Rechten tönen [1][im Kontext der Corona-Krise] so aktuell
wie noch nie.
Weder die polizeiliche Repression noch Corona und entsprechende
Einschränkungen können die „Gilets jaunes“ daran hindern, auf der Straße
für ihre zum Teil [2][sehr unterschiedlichen Forderungen] zu protestieren
und lautstark ihre Wut über die Arroganz der Staatsmacht zum Ausdruck zu
bringen. Das bewiesen die Kundgebungen, die trotz örtlicher
Versammlungsverbote und anderer sowohl ordnungspolitisch wie auch zur
Epidemiebekämpfung begründeter Restriktionen stattfanden. In der Presse und
im Fernsehen wurde dies ein wenig großspurig als „Comeback“ der Gelbwesten
angekündigt.
Entsprechend massiv war das Polizeiaufgebot vor allem in der Hauptstadt, wo
namentlich die Avenue des Champs Elysées, aber auch die Umgebung von
Regierungsgebäuden und der Präsidentenpalast Elysée für Demonstrierende zur
„No-go“-Zone erklärt worden waren. Mit Kontrollen und Festnahmen von
anreisenden Gelbwesten zeigten zudem die Sicherheitskräfte, dass sich
[3][an der repressiven Haltung des Innenministeriums] nichts geändert hat.
Von Beginn an gingen die Beamten gegen Leute vor, die von der offiziell
bewilligten Strecke abweichen wollten. In der Nähe des Triumphbogen kam es
am Nachmittag rasch zu Zusammenstößen.
Gilt normalerweise in Frankreich bei Kundgebungen ein Vermummungsverbot,
trugen dieses Mal die meisten eine Schutzmaske. Normalerweise droht
maskierten Demonstranten eine Strafe, dieses Mal riskierten im Gegenteil
die Unmaskierten eine Geldbuße von 135 Euro. Im Vorfeld der Demonstrationen
war in den Medien spekuliert worden, dass sich im aktuellen Kontext Gegner
der allgemeinen Maskenpflicht in der Öffentlichkeit und der Covid-Politik
insgesamt den Gelbwesten anschließen könnten. Davon war wenig zu sehen.
## Hauptforderung bleibt: Macron muss gehen
Eine „gelbe“ Konvergenz von Wutbürgern mit äußerst diversen Motiven, aber
einem gemeinsamen Hass auf die Staatsmacht und die „Eliten“? [4][Laut einer
Studie der Jean-Jaurès-Stiftung], die der Soziologe Antoine Bristelle auf
dem Sender „Public-Sénat“ vorstellte, waren von den befragten Maskengegnern
höchstens ein Fünftel in der Bewegung der Gelbwesten aktiv, auch wenn 60
Prozent von ihnen Sympathie für diese bekundet hatten.
Die Ansicht, dass die behördliche Vorschrift, Masken zu tragen oder im Fall
von Infektionen oder Kontakten mit Infizierten eine Quarantäne zu
respektieren, eine unerträgliche Freiheitsberaubung darstelle, stößt aber
auch bei manchen „Gilets jaunes“ auf Gehör und Zustimmung. Maxime Nicolle,
einer der früheren Exponenten der Bewegung, hat öffentlich Stellung gegen
die Maskenpflicht bezogen. Umgekehrt könnte man vermuten, dass es Teil
einer Kommunikationsstrategie ist, die Revolte und die Forderungen der
Gelbwesten in den selben Topf mit „Komplottisten“ zu stecken, um sie so zu
diskreditieren.
Hingegen machten die Demonstranten in Paris und in den Provinzstädten
deutlich, dass in der Covid-Krise die finanziellen Probleme der Menschen
mit geringem Einkommen größer sind denn je und der Zugang zu den sozialen
Dienstleistungen noch wichtiger und zugleich schwieriger geworden ist. Auf
Transparenten waren Forderungen nach erschwinglichen Mieten oder die
Ablehnung einer Rentenreform mit einem vor allem für Frauen ungerechten
Punktesystem zu lesen. Wie seit fast zwei Jahren riefen die Gelbwesten aber
auch am Samstag nach einem Abgang von [5][Präsident Emmanuel Macron].
12 Sep 2020
## LINKS
[1] /Programm-gegen-Krise-in-Frankreich/!5706912
[2] /Protest-gegen-Rentenreform-in-Frankreich/!5648447
[3] /Rassismus-in-der-franzoesischen-Polizei/!5694809
[4] https://www.leberry.fr/paris-75000/politique/les-anti-masque-ne-se-cachent-…
[5] /En-Marche-in-Frankreichs-Parlament/!5687058
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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