# taz.de -- Streiks in Frankreich: Überrumpelter Macron | |
> Wie aus heiterem Himmel scheint Frankreichs Präsident von den Streiks | |
> erwischt worden zu sein. Die Solidarität mit den Gewerkschaften ist groß. | |
Bild: Demo in Paris gegen hohe Lebenshaltungskosten, mit dabei Literaturnobelpr… | |
Auch wenn die Inflation in Frankreich weniger zunimmt als in den meisten | |
Nachbarländern, musste man damit rechnen, dass die Arbeitnehmer*innen | |
den Kaufkraftverlust nicht ohne Murren hinnehmen würden. Schon zu Beginn | |
des Sommers zeichnete sich ein „heißer Herbst“ mit sozialen Protesten ab. | |
Trotzdem wirkt die Staatsführung in der gegenwärtigen Krise, die ausgehend | |
von Streiks in den Erdölraffinerien zu einem Generalstreik und in eine | |
politische Krise zu eskalieren droht, komplett überrumpelt. | |
[1][Präsident Emmanuel Macron] glaubte, mit der Verbilligung des | |
KfZ-Treibstoffs um 30 Cent und einer finanziellen Unterstützung für die mit | |
gestiegenen Heizkosten kämpfenden Familien könne er den erwartbaren | |
Ausbruch der Wut vermeiden. Auch dachte er wohl, dass die Gewerkschaften | |
viel zu schwach seien, um ihm ernsthaft Schwierigkeiten zu bereiten. | |
Die Versorgung mit [2][Benzin und Diesel] aber bleibt für ein | |
durchmotorisiertes Land wie Frankreich eine Achillesferse. Das haben ihm | |
die Total- und Esso-Exxon-Arbeiter mit ihren Streiks und Blockaden | |
vorgeführt. Mit dem noch anhaltenden Treibstoffmangel kommt der Alltag | |
vieler Bürger*innen durcheinander. | |
Franzosen und Französinnen lasten das weniger den Streikenden an, deren | |
Forderungen sie angesichts der „Superprofite“ von Total und anderen für | |
legitim halten. Vielmehr richtet sich die Kritik gegen die Staatsführung, | |
die ganz offensichtlich überrascht wurde und nichts mehr im Griff hat. | |
Nichts aber ärgert hier die Bürger*innen mehr als eine Staatsmacht, die | |
ihnen in der Krise sagt „Débrouillez-vous!“ („Schaut selber, wie ihr jet… | |
aus dem Schlamassel kommt!“). | |
All das bedeutet allerdings nicht automatisch, dass die Gewerkschaften oder | |
die politische Linke gestärkt aus diesem Konflikt hervorgehen. Fest steht, | |
dass sie den Kampf für den Teuerungsausgleich und einen fairen Anteil an | |
Unternehmensgewinnen nicht der Demagogie der [3][extremen Rechten] | |
überlassen können, die sich aktuell ebenfalls zum Sprachrohr der | |
„Zukurzgekommenen“ machen will. | |
16 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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